Stahlhart
gegen den Schauspieler. Was alle annahmen, trat ein. Der Mime wurde zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Rainer gab das Ergebnis der Redaktion durch. Gleichzeitig bat er den Chefredakteur, vorerst in Berlin bleiben zu können, um den Fall noch einmal nachzubearbeiten. Rainer dachte an eine Story über mehrere Tage. Immerhin war der Schauspieler prominent. Der Chefredakteur stimmte zu. Er vertraute Rainers Nase. Rainer sollte seine Artikel mailen.
Die Berichterstattung über den eigentlichen Prozess war ein Erfolg geworden. Die Auflage der Zeitung hatte sich erhöht. Eine große Story wurde angekündigt und von den Lesern erwartet.
Rainer rief nicht bei Britta an. Dafür stürzte er sich in die Arbeit. Er besuchte alle Orte, an denen der Schauspieler gesehen worden war, sprach mit Bekannten des Mannes und allen, deren Adresse er im Zusammenhang mit ihm bekam. Er recherchierte bei den örtlichen Zeitungen, fotokopierte Artikel, die er nicht kannte.
Eine penibel recherchierte, großartige Story bahnte sich an. Die Tage zogen vorüber, ohne dass Rainer es merkte. Er war überall und ständig unterwegs. So hatte er wenigstens keine Gelegenheit, seinen Gedanken nachzuhängen.
Als Rainer eines Abends ins Hotel kam, saß Britta im Foyer.
»Rainer, sag mir sofort, was los ist«, ging sie gleich auf ihn los. »Du rufst mich nicht an, ich kann dich nicht erreichen und habe den Eindruck, du lässt dich am Telefon verleugnen. Ich will sofort wissen, was hier gespielt wird. Bist du mich leid?«
»Ich dich leid? Ich habe dir vor meiner Abreise noch gesagt, dass ich dich liebe. Was machst du überhaupt hier? Musst du nicht arbeiten?«
»Ich kann nicht! Nachdem ich nichts mehr von dir hörte, habe ich mir Sorgen gemacht und musste sofort herkommen. Rainer, bitte, sei offen zu mir.« Ihre Stimme klang schon fast hysterisch. Vorwurfsvoll erzählte Rainer ihr von der Fahrt nach Bremen, was er gewollt und was er stattdessen gesehen hatte.
»Du Idiot!«, entfuhr es Britta, als er geendet hatte.
»Warum fragst du mich nicht, wer das in dem Restaurant war? Warum besprichst du dich nicht mit mir? Hast du kein Vertrauen zu mir? Du bist wirklich ein Idiot! Der Mann, mit dem du mich gesehen hast, war mein Bruder.« Britta ließ es sich nicht nehmen, an Rainers Brust zu stürmen. Tränen liefen über ihre Wangen.
So ganz überzeugt war Rainer trotzdem noch nicht.
»Dein Bruder? Von dem höre ich zum ersten Mal. Du hast mir nie etwas von ihm erzählt. Und ich habe versucht, mit dir zu reden, aber entweder war stundenlang besetzt oder es nahm keiner ab.«
Britta schmiegte sich enger an Rainer, während der noch zurückhaltend und abwartend blieb.
»Ich hatte nichts erzählt, weil es mir etwas unangenehm war. Er ist das schwarze Schaf der Familie, und ich wollte nicht, dass du da etwas falsch verstehst. Er hat im Moment einige Probleme und bat mich um Hilfe, da er sonst keinen Menschen hat. Ich bin jetzt seine einzige Bezugsperson, nachdem er zu Hause rausgeflogen ist. Wir haben jeden Abend miteinander telefoniert und uns schließlich getroffen. Er ist mein kleiner Bruder, und ich muss ihn unterstützen. Aber das Wichtigste ist: Ich liebe dich.«
Langsam begann auch Rainer, sich aus seiner starren Haltung zu lösen. Einerseits betörte ihn der vertraute Duft ihres Haares, die Wärme ihres Körpers an seinem, andererseits vor allem die einleuchtenden Erklärungen Brittas. Es schien, als sei er tatsächlich ein Idiot gewesen. Beinahe hätte er alles aufs Spiel gesetzt, wegen ein paar dummer, voreiliger Schlussfolgerungen, mit denen er zu Unrecht jemanden verdächtigt hatte. Auch gut, dass er nicht auf Roland Ernst gehört hatte, obwohl der es ja nur gut gemeint hatte.
»Komm, Schatz, lass uns nach oben gehen. Es müssen ja nicht alle mitbekommen, was los ist. Wir reden auf dem Zimmer weiter.«
Den Portier fragte Rainer, ob es möglich sei, ein Doppelzimmer zu bekommen. Der wollte alles in die Wege leiten. Auf dem Zimmer fielen sich beide in die Arme. Sie weinten, wussten aber nicht, warum. War es Glück, war es Liebe, war es Erleichterung? War es alles zusammen? Sie liebten sich wild und leidenschaftlich.
Der nächste Tag brachte ein zärtliches Frühstück im Hotel wie nach der ersten Nacht.
»Wie heißt denn eigentlich dein Bruder?«
»Ulf«
»Weiß er von mir?«
»Natürlich. Ich habe ihm alles über dich erzählt.«
»Was heißt alles? Ob ich gut im Bett bin?«
»Blödmann!«, kicherte sie. »Na, alles halt, wer du
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