Stahlhart
ich weiß das zu schätzen. Das Schlimme an der Sache ist nur, es bleibt immer etwas hängen. Die Menschen vergessen alles, nur nicht die Sensation. Ein Journalist als vermeintlicher Täter ist aber schon sensationell. Wollen wir hoffen, dass alles gut ausgeht.«
Die Schlagzeile eines großen, täglich erscheinenden Boulevardblattes am nächsten Tag lautete: ›Skandal in Bremen. Polizei schützt das Bankenungeheuer.‹ In dem Artikel wurde auf die enge Zusammenarbeit eines Journalisten mit der Polizei hingewiesen und darauf, dass gerade gegen diesen Journalisten Ermittlungen des LKA liefen.
12
Uta Hansen bekam einen Anruf aus der Zentrale des Bundeskriminalamtes BKA in Wiesbaden, das sie zum Rapport bat. Ihr dortiger Gesprächspartner, ein Ressortchef, sprach eindringlich auf sie ein: »Frau Hansen, Sie haben sicher die Schlagzeile des überregionalen Blattes gelesen. Woher haben die ihr Wissen?«
»Das wundert mich auch, von uns ist nichts rausgegangen, Informationssperre«, erklärte die Kommissarin.
»Wissen Sie, was jetzt passiert? Andere Blätter werden sich auf das Thema stürzen wie ein verhungernder Löwe auf seine Beute. Das wird richtig hochkochen. Wir brauchen also dringend erste Erfolge. Das war auch ein Grund, gerade Sie auf diesen Fall anzusetzen. Der Druck wird immens, die Bevölkerung, wild gemacht durch die Medien, fängt an zu murren. Immerhin gab es schon Tote.«
»Wir arbeiten mit Hochdruck an dem Fall und sind uns der Bedeutung wohl bewusst. Aber wie Sie meinen Berichten entnehmen konnten, ist die Spurenlage mehr als dünn. Der oder die Täter scheinen ausgebuffte Profis zu sein. Erstellte Täterprofile zeigen eine ähnliche Annahme.«
»Was uns als BKA besonders interessiert, ist die Frage nach dem organisierten Verbrechen. Ist da was dran?«
»Ich kann das noch nicht abschließend beantworten, aber rein gefühlsmäßig möchte ich das Thema mit Vorsicht behandelt wissen. Ich glaube nicht so recht daran.«
»Was ist mit diesem Journalisten aus Bremen?«
»Es spricht einiges gegen ihn: Kein überzeugendes Alibi, fehlender Kugelschreiber, die Täterbeschreibung könnte auf ihn zutreffen. Aber wirklich handfest ist es nicht. Ein Verteidiger könnte uns die dünne Beweislage um die Ohren hauen, und die Staatsanwaltschaft wäre sicher auch nicht glücklich. Ob das für eine Verurteilung reichen würde, ist zumindest offen.«
»Und wenn Sie den Mann unter Druck setzen? Vielleicht knickt er ein.«
»Ich hatte auch schon daran gedacht, halte es aber nicht für sinnvoll. Er kennt das Geschäft aus Berufserfahrung. Er ist als Journalist zu clever, als dass er sich einschüchtern ließe. Und ich gehe davon aus, dass die Presse erst recht über uns herfallen wird, wenn wir einen ihrer Kollegen mit dieser Beweislage in die Mangel nehmen. Es wird für noch mehr Negativschlagzeilen sorgen.«
»Aber wir brauchen irgendetwas, was wir den Medien hinschmeißen können. Was ist mit unseren ›alten Bekannten‹ aus den Akten?«
»Wir sind gerade dran, aber das dauert natürlich etwas. Bisher gab es nichts Konkretes, was wir zuordnen konnten.«
»Dann sehen Sie zu, dass schnell vorzeigbare Erkenntnisse vorliegen.«
Damit war das Gespräch beendet.
Zwei Tage zogen ins Land, bis die Medien in großer Aufmachung die Frage stellten: ›Bankenungeheuer gefasst?‹ Ein vermeintlich infrage kommender Täter war verhaftet worden und saß in Untersuchungshaft. Er war früher schon durch spektakuläre Banküberfälle aufgefallen und hatte mehrere Jahre Haft abgesessen. Seine damalige Arbeitsweise war der des aktuellen Falles ähnlich. Der Täter war in das Haus einer Bankangestellten eingedrungen, hatte sie als Geisel genommen und die Filialleitung so unter Druck gesetzt. Dann war er mit der Geisel schnell rein in die Bank, hatte das erreichbare Geld auf die Schnelle zusammengerafft und war wieder verschwunden, bevor die per Alarmknopf gerufenen Polizisten überhaupt in ihren Streifenwagen saßen. Seine Statur entsprach in etwa der des aktuellen Täters, und der Mann hatte für die aktuellen Fälle kein brauchbares Alibi. Hinzu kam, dass er sich jeweils im ungefähren Umkreis der Tatorte befunden hatte. Der nun Festgenommene arbeitete im Außendienst seiner eigenen kleinen Firma für Sicherheitstechnik, die allerdings in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, bevor eine Finanzspritze sie rettete. Der Mann gab an, sich Geld im Milieu geliehen zu haben, um seine Firma zu sanieren, wollte aber
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