Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stahlhart

Titel: Stahlhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volkmar Joswig , Henning von Melle
Vom Netzwerk:
überleben?«
    »Das können wir im Augenblick nicht mit Sicherheit sagen. Er lebt. Die Operation verlief so weit erfolgreich. Die Kugel hat die Schädeldecke durchschlagen. Allerdings hatte der Patient unglaubliches Glück. Sie trat schräg seitlich ein und wurde durch die hintere Schädeldecke aufgehalten. Soviel ich weiß, hat sich ihr Bruder vor dem Schuss zur Seite geworfen. Das hat ihn wahrscheinlich gerettet. Wir können noch nicht sagen, welche Auswirkungen die Verletzung haben wird. Zurzeit liegt der Patient auf der Intensivstation.«
    »Aber er wird leben?«
    »Wie gesagt– diesbezüglich können wir keine sichere Prognose geben. Die Kugel konnte entfernt werden, aber durch das schwere Trauma befindet sich Ihr Bruder im Koma. Wir müssen erst abwarten, wie der Patient reagieren wird, ob er die Folgen der schweren Operation übersteht. Prognosen zum jetzigen Zeitpunkt sind verfrüht.«
    »Darf ich zu ihm?«, bat Britta. Sie hatte sich während der Ausführungen des Arztes wieder gesetzt und blickte ihn nun aus tränennassen Augen an.
    »Davon kann ich nur abraten. Wir wissen nicht, ob und was der Patient im Unterbewusstsein mitbekommt. Aber jede Emotion kann zu viel für ihn sein. Sie können einen Blick durch die Glasscheibe werfen. Kommen Sie mit.«
    Britta erhob sich erneut.
    »Du kannst ruhig hier bleiben«, erklärte sie an Rainer gewandt. »Ich schaue nur kurz, dann komme ich zurück.«
    »Lass dir nur Zeit, Schatz. Ich gehe inzwischen nach draußen und telefoniere. Wir treffen uns wieder hier.«
    »Ist gut«, nickte Britta und folgte dem Oberarzt zur Intensivstation, während Rainer das Gebäude verließ. Er wollte Roland Ernst anrufen.
    »Können wir uns treffen?«, platzte er ohne Begrüßung heraus, als der den Kommissar an der Strippe hatte.
    »Ich darf nicht, das weißt du. Aber ich stehe auf deiner Seite, dessen kannst du dir sicher sein. Also gut. Es muss an einem Ort sein, an dem wir ungestört sind und nicht beobachtet werden.«
    »Wie wäre es in Hasenbüren, im Fährhaus Wessels? Wochentags sind höchstens ein paar Rentner da, wenn überhaupt. Und da das Wetter nicht so schön ist, werden nur wenige Ausflügler da hinfahren.«
    »Das können wir machen. Sagen wir in zwei Stunden.«
    Rainer ging zurück in die Wartezone der Neurochirurgie. Es dauerte nicht lange, bis Britta zu ihm kam. Sie hatte geweint, wie kaum zu übersehen war. Sie ging direkt auf Rainer zu und drückte sich an ihn.
    »Nimm mich bitte in den Arm«, flüsterte sie kraftlos.
    Rainer hielt sie, seine rechte Hand umfasste ihren Kopf an seiner Schulter und strich dabei sanft über ihr Haar.
    »Es wird bestimmt gut. Er ist hier in sehr guten Händen.«
    Rainer wartete, bis Britta sich einigermaßen beruhigt hatte und schob sie dann vorsichtig zu den Stühlen. Er setzte sich und zog Britta behutsam auf seinen Schoß.
    »Hast du ihn gesehen?«, fragte er vorsichtig.
    »Ja«, gab Britta schniefend zurück.
    »Wie sieht er aus?«
    »Wie eine Mumie. Sein Kopf ist vollständig mit Verband bedeckt, und überall führen blutige Schläuche aus seinem Kopf. Da er künstlich beatmet wird, hat er Intubationsschläuche im Mund. Wieder andere stecken in seiner Nase. Ich habe noch nie so etwas Schreckliches gesehen.«
    »Du siehst aber, es wird alles Erdenkliche für ihn getan. Er wird es schaffen!«
    »Ich bin mir nicht so sicher. Du hättest ihn sehen sollen, wie er da so lag…« Britta schluchzte auf.
    Rainer fühlte sich hilflos, weil er nicht wusste, wie er seiner geliebten Britta Beistand und Trost geben konnte. Ein falsches Wort hätte zum jetzigen Moment vieles zerstört.
    »Lass uns nach Hause fahren«, schlug er vor.
    »Rainer, das kann ich nicht. Ich muss hier bleiben. Fahr du nur. Du kannst mir hier nicht helfen. Aber ich muss in Ulfs Nähe sein.«
    »Kann ich dich wirklich allein lassen?« Rainer gefiel der Gedanke gar nicht. »Ich habe mich mit Roland Ernst verabredet. Vielleicht kann er mir Informationen geben.«
    »Bitte fahr, mach dir keine Sorgen. Es geht schon wieder.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich!«
    Britta lächelte Rainer tapfer an, erhob sich von seinem Schoß und schob ihn sanft zum Ausgang.
     
    Rainer West war zur verabredeten Zeit unterwegs in Richtung Bremen-Seehausen, vorbei am Container-Bahnhof und den Sickerfeldern, folgte dort der schmalen, kurvenreichen Hasenbürener Landstraße entlang des Weserdeiches, die sich schier endlos hinzog, bis zu der kleinen Ortschaft Hasenbüren am Rande von Bremen und bog auf

Weitere Kostenlose Bücher