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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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Ausführung eines Befehls oder der Einnahme einer Höhe interessiert sie nichts.«
    Er lächelt leicht mit dem Ausdruck eines Menschen, der nicht eine Minute daran zweifelt, daß man sich mit ihm nicht einverstanden erklären könnte.
    Der Teufel weiß es … Vielleicht hat er auch recht. Aber mich interessiert es im Augenblick nicht. Er reizt mich überhaupt, sein Backenbart und »George« und die rosa Nägel, die er ständig mit dem Federmesser reinigt.
    Über dem Abhang erscheint eine Kette von Junkers-Flugzeugen mit gelben Flügeln. Astafjew schielt nach ihnen und macht eine graziöse Bewegung mit der Hand.
    »Nun, ich gehe … Die Formulare fressen einen auf. Zwanzig Stück am Tage. Die müssen völlig verblödet sein im Divisionsstab. Kommen Sie rein zu mir, George.« Und er verschwindet in seinem Unterstand.
    Die Junkers richten sich in einer Linie aus und machen einen Sturzangriff auf den »Roten Oktober«.
    Die Zunge zwischen den Zähnen, setzt Garkuscha sorgfältig mit einer Pinzette ein Rädchen in meine Uhr.
    In der Offiziersküche hämmern die Hackmesser. Zu Mittag gibt es wohl Koteletts.
    17
    Am Ende des dritten Tages werde ich in den Stab gerufen. Das Pioniermaterial ist eingetroffen. Ich bekomme tausend Minen: fünfhundert Panzerminen, gewaltige, sechs Kilo schwere Kästen aus ungehobelten Brettern, und genauso viele kleine Schrapnellminen mit zweihundert Gramm schweren Sprengkörpern. Vierzig Rollen amerikanischen Draht mit bunten Etiketten »Made in USA«, zweihundert Spaten, dreißig Picken. Einiges ist Ramsch, vor allem die Spaten. Sie sind aus Eisen, biegen sich und haben ungehobelte Griffe.
    Dieser ganze Reichtum wird auf dem Ufer, gegenüber dem Eingang zu unserem Tunnel, ausgebreitet. Ringsum halten die Pioniere Wache. Auf die Ehrlichkeit der Nachbarn ist kein Verlaß.
    Am Morgen fehlen zwanzig Spaten und zehn Picken. Der Wachhabende, Tugijew, ein stämmiger Bursche mit rundem Gesicht, zwinkert erstaunt mit den Augen. Seine Finger, die an der Hosennaht liegen, zittern vor Erregung.
    »Ich bin nur austreten gegangen, Genosse Leutnant. Ehrenwort. Sonst nirgendwohin. Und austreten bin ich gewesen hinter den Steinen – von da aus war alles zu sehen.«
    »Austreten oder nicht austreten, das geht uns nichts an«, sagt Lissagor, und seine Stimme und sein Blick sind so schrecklich, daß Tugijews Finger noch mehr zittern. »Daß zum Abend alles da ist.«
    Am Abend während der Kontrolle stellen wir zweihundertzehn Spaten und fünfunddreißig Picken fest. Tugijew strahlt.
    »Das ist Erziehung!« sagt Lissagor fröhlich, und nachdem er am Ufer die Soldaten versammelt hat, liest er ihnen lange die Leviten darüber, daß der Spaten dem Gewehr gleichzustellen sei, und wenn nur jemand, Gott behüte, einen Spaten oder eine Picke verliere oder sogar bloß die Drahtschere, er sofort vor das Kriegsgericht komme. Die Soldaten hören alle gespannt zu und schneiden in die Stiele ihre Namen ein. Wenn sie schlafen gehen, legen sie den Spaten unter den Kopf …
    Ich beschäftige mich mit den Skizzen. Ich fertige eine große Karte unserer Verteidigungsstellung auf Pausleinwand an, male sie mit Buntstiften aus und gehe damit zum Divisionsingenieur.
    Er haust etwa drei- bis vierhundert Meter von uns entfernt, auch am Ufer, beim Pionierbataillon. Sein Name ist Ustinow. Hauptmann. Nicht mehr jung, an die Fünfzig, Brillenträger, höflich. An allem erkennt man, daß er das erstemal an der Front ist. Während er spricht, dreht er einen großartig gespitzten gelben Bleistift zwischen den Fingern. Jeden formulierten Gedanken bringt er zu Papier in mikroskopisch kleiner, abgerundeter Handschrift: Erstens, zweitens, drittens …
    Auf dem Tisch im Unterstand ein Haufen Bücher – Uschakows »Befestigungskunst«, »Befestigung des Geländes« von Gerbanowskij, Anleitungen, Nachschlagebücher, Reglements.
    Ustinows Pläne über die Befestigung der vordersten Stellung sind phänomenal in ihren Maßstäben, der Mannigfaltigkeit der angewandten Mittel und der ausführlichen Durcharbeitung dieser Mannigfaltigkeit.
    Er nimmt eine Karte heraus, die mit verschiedenfarbigen Klammern, Bögen, Kreuzen, Rhomben und Zickzacken besät ist. Das ist keine Karte mehr, sondern ein Teppich. Er breitet sie sorgfältig auf dem Tisch aus.
    »Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, wie wichtig das alles ist. Ich denke, das verstehen Sie selbst. Aus der Kriegsgeschichte wissen wir beide ganz genau, daß unter den Bedingungen des Stellungskrieges – und

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