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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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sich wie zum Gebet gefaltet hatte, waren die Hände eines Arbeiters, mit rauer Haut und schwarz umrandeten Nägeln. Blutspritzer bedeckten sie und die nackten Unterarme bis zu den Ellbogen. Das T-Shirt, das der Mann trug, hing schwer und blutig an seinem Körper. Unter dem Stuhl hatte sich eine kleine Lache gebildet. Es roch nach Fäkalien.
    Die beiden Polizisten rechts und links neben dem Stuhl nahmen Haltung an. Der Jüngere war wohl noch keine Zwanzig, der Ältere deutlich unter Dreißig. Beide wirkten unbeholfen und irgendwie verloren in ihren schlecht sitzenden Uniformen.
    „Major!", sagte Boris.
    Marinin nickte ihm zu. „Stehen Sie bequem", sagte er. „Ist das der Verdächtige?"
    „Ja, Major, sein Name ist Wassily Sudakov." Boris trat mit dem Stiefel gegen das Stuhlbein. „Los, steh auf!"
    Der Mann erhob sich mit immer noch gesenktem Kopf. Er zitterte.
    „Ist die Spurensicherung informiert?"
    „Nein, Major, wir wollten Ihnen nicht vorgreifen. Aber die Tatsind unverändert."Boris sah Sudakov angewidert an. „Das Schwein hat seine ganze Familie umgebracht."
    „Wie viele?"
    Der jüngere Polizist meldete sich zu Wort. „Eine Frauenleiche im Wohnzimmer, zwei Kinderleichen oben im Flur."
    „Zwei?", hakte Marinin nach. Die beiden nickten.
    „Ja, Major", antworteten sie fast gleichzeitig.
    „Hat sie mit der Schaufel erschlagen und anschließend ins Bett gelegt und zugedeckt", fügte Boris hinzu. Er nahm den Blick nicht von Sudakov. „Abartiges Schwein!"
    Marinin ignorierte ihn, wandte sich stattdessen an den stumm zwischen den Polizisten stehenden Sudakov.
    „Sieh mich an, Wassily", sagte er. Der Bauer reagierte nicht. Nur seine Hände schlössen und öffneten sich in einem ständig gleichen Rhythmus.
    „Sieh mich an", wiederholte Marinin.
    „Ich kann dafür sorgen, dass er Sie ansieht, Major." Boris trat näher an Sudakov heran.
    „Sorgen Sie lieber dafür, dass die Spurensicherung kommt und sichern Sie den Eingang."
    „Ja, Major."Boris salutierte und verließ den Raum. Der jüngere Polizist wollte ihm folgen, aber Marinin hielt ihn zurück.
    „Du bleibst hier. Wie ist dein Name?"
    „FedorVolosheninov, Major."
    „Gut, Fedor."Marinin ging zum Küchenschrank, zog ein Taschentuch aus der Jacke und öffnete damit den Schrank. Wie erstanden mehrere Glasflaschen mit selbst beschrifteten Etiketten darin und einige Wassergläser.
    „Ich werde dir jetzt einen Ratschlag geben", fuhr Marinin fort, während er eine Wodkaflasche und ein Glas herausnahm. „Achte stets darauf, was Boris tut und wie er seine Arbeit erledigt, und wenn du in eine vergleichbare Situation kommst, machst du exakt das Gegenteil. Verstanden?"
    Volosheninov runzelte einen Moment lang die Stirn, dann grinste er. „Ja, Major."
    Marinin setzte sich an den Küchentisch. Er schüttete Wodka in ein Glas und schob es Sudakov hin. „Setz dich", sagte er. „Trink etwas."
    Der Bauer setzte sich. Seine Finger schlössen sich um das Glas. Er wollte es anheben, aber seine Hand zitterte so stark, dass er es wieder absetzen musste. Schließlich hielt er es mit beiden Händen fest und nahm einen tiefen Schluck. Das Licht der Deckenlampe erhellte sein Gesicht. Es war ledrig braun, wie das eines Mannes, der fast sein ganzes Leben draußen verbracht hatte. Seine Oberlippe war aufgeplatzt, ein Auge fast zugeschwollen. Boris hatte seinem Unmut offenbar bereits Luft gemacht.
    Sudakov setzte das Glas erst ab, als es leer war.
    „Noch einen?", fragte Marinin, aber Sudakov schüttelte den Kopf.
    „Ich möchte dich etwas fragen, Wassily."
    Sudakov sah ihn an. Er hatte klare blaue Augen, nicht blutunterlaufen und wässrig wie die Säufer, die manchmal in einem Wutanfall ihre Frauen und Kinder erschlugen.
    Marinin beugte sich vor, nagelte Sudakov mit seinem Blick fest.
    „Wo sind die anderen?", fragte er dann leise.
    „Die anderen?"Volosheninovs Frage klang wie ein Echo. „Welche anderen?"
    „Die drei Kinder, die ihr noch nicht gefunden habt." Marinin nahm den Blick nicht von Sudakov. „Ich habe die Schuhe unter der Garderobe gezählt. Fünf Paar Turnschuhe in fünf verschiedenen Größen. Wo sind die Kinder, Wassily?"
    „Weg."Die Antwort klang emotionslos wie die eines Roboters. „Sie sind weg."
    „Was heißt das? Hast du dafür gesorgt, dass sie weg sind?"
    „Nein."Sudakov schüttelte heftig den Kopf, die erste Gefühlsregung, die er seit Marinins Ankunft zeigte. „Nein, das hätte ich nie gemacht. Ich hab doch versucht, sie zu

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