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S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno

S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 02 - Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Stück vorwärts. Er visierte das Trio durch das Zielfernrohr an, wagte aber nicht zu schießen, weil alle drei direkt vor der Frau standen. Zu identifizieren waren sie nicht. Unter ihren Kapuzen trugen sie Gesichtsmasken, ein weiteres Merkmal, das sie deutlich von den tätowierten Agenten unterschied.
    Durch die vergrößernde Optik ließ sich die Frau zum ersten Mal richtig einschätzen. Schlank, kurze Dreadlocks, jung - sehr jung sogar, vielleicht Anfang Zwanzig, auf jeden Fall jünger als David, der sich selbst schon steinalt fühlte -, das waren ihre auffälligsten Attribute.
    Vielleicht stufte er deshalb die Einschätzung Frau auf Mädchen zurück. Mochte der Teufel wissen, was die Gefangene hierher in die Zone, in diesen Schlamassel verschlagen hatte. Was es auch war, David konnte sich nicht mehr auf die Rolle des Beobachters beschränken, sondern musste eingreifen.
    Bloß wie? Das war die Frage. Die beiden toten Agenten vor der Lüftungsanlage dokumentierten deutlich, dass dort unten knallharte Profis am Werk waren. Und es nutzte der Gefangenen herzlich wenig, wenn sie bei einem Rettungsversuch von Kugeln durchsiebt wurde.
    Das Auge weiter fest gegen das Okular gedrückt, zermarterte sich David den Kopf, wie er am besten vorgehen sollte. Ihm fiel beim besten Willen keine sichere Vorgehensweise ein.
    Unten zerrte einer der Mantelträger etwas aus der durchsuchten Kleidung hervor und reckte die Hand mit dem Fund triumphierend in die Höhe. Die anderen zollten ihm Beifall, obwohl es sich nur um ein simples, mit einem Stein besetztes Lederband handelte. Ein derart brutaler Überfall - und das nur wegen einem selbst gebastelten Schmuckstück? Das durfte doch nicht wahr sein!
    Die Maskierten sahen das anders. Ganz anders.
    Während einer von ihnen, offensichtlich der Anführer, das Lederband an sich nahm, wandten sich die beiden anderen der Gefangenen zu. Der Kerl, der sie schon kurz zuvor misshandelt hatte, zog nun ein Messer und trat ganz dicht an sie heran. Die geschwungene Jagdklinge in seiner Hand funkelte wie poliertes Silber. Einige Sonnenstrahlen reflektierten auf der doppelseitig geschliffenen Schneide, bevor er sie zwischen ihre Brüste führte und in einer spielerisch anmutenden Bewegung abwärts gleiten ließ.
    Er deutete den Schnitt nur an, doch die Gefangene wand sich entsetzt unter der obszönen Machtdemonstration. Wann immer sie dabei gegen die Klinge stieß, blieben auf der hellen Haut rote Linien zurück, die langsam auseinanderliefen.
    Sie hätte sicher aufgeschrien, doch das Stoffknäuel, das man ihr in den Mund gestopft hatte, hinderte sie daran, auch nur einen Ton hervorzubringen.
    David litt mit ihr, als würde er selbst an dem Strick hängen. Seine Ankunft auf der Spetsnaz-Basis und die angedrohte Elektrofolter waren ihm noch gut in Erinnerung. Er musste eingreifen, und zwar sofort. Aber durfte er die Männer deshalb aus dem Hinterhalt niederschießen? Und wenn ja, war er dazu überhaupt in der Lage, ohne alles noch schlimmer zu machen?
    Sein Herzschlag beschleunigte zu einem schmerzhaften Hämmern, das den ganzen Brustkasten ausfüllte. David war daran gewöhnt, körperliche Reaktionen zu unterdrücken, doch zum ersten Mal seit langer Zeit gelang es ihm nicht, die aufwallenden Gefühle zu bezähmen. Seine Aufregung brach sich Bahn. Er zeigte Nerven.
    Schweiß quoll aus vielen kleinen Poren hervor. Auf seinem Gesicht bildete sich ein feiner Perlenteppich, der zu zahlreichen feinen Rinnsalen zerfloss, die über sein Kinn zu Boden tropften. Zwei der Ströme bogen jedoch auf Höhe der Schläfen ab. Schmerzhaft biss ihr salzhaltiger Inhalt in seine Augen. Davids Bindehäute röteten sich. Hastig zwinkerte er, um den Blick zu klären.
    Der Anführer des Staubmanteltrios hatte inzwischen ein kleines Funkgerät hervorgeholt und versuchte eine Gegenstelle zu erreichen. Seiner Körperhaltung nach zu urteilen misslang das. Irgendwelche Interferenzen unterbanden die Verbindung. Ärgerlich entfernte er sich von seinen Gefährten. Er humpelte dabei, als würde er an einer nicht richtig ausgeheilten Verletzung laborieren.
    Der Kerl mit dem Messer rief ihm etwas nach. Scheinbar eine Frage, die negativ beantwortet wurde. Statt sich umzudrehen, streckte der Anführer nur den Arm aus und drehte seine Hand mit dem hochgereckten Daumen nach unten. Mitleidlos, wie ein gelangweilter Imperator in einem römischen Kolosseum.
    David stockte der Atem, als er Zeuge des beiläufig im Gehen ausgesprochenen Todesurteils

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