S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse
Moment stehen, um Khans Hunden den Vortritt zu lassen. Der angetrunkene Stalker war gerade im Aufbruch begriffen.
Seine Pitbulls beachteten David nicht weiter, sondern sahen zu Boden, während sie der Treppe zustrebten. Bei dem grau gesprenkelten Juri war deutlich die aufgescheuerte Haut unter dem Würgehalsband zu sehen. Khan schwankte bei den ersten Schritten, hielt sich aber angesichts seines glasigen Blicks erstaunlich gut aufrecht.
„Jetzt geht's nach Jantar!", verkündete er im Vorübergehen. „Wenn wir uns das nächste Mal sehen, bin ich so reich, dass ich eine Lokalrunde nach der anderen schmeiße!"
David nickte dem Mann schweigend zu und ließ ihn unbehelligt ziehen. Die Hunde taten ihm zwar leid, doch im Moment gab es nur ein Schicksal, das ihn wirklich interessierte ― das von Kim. Für sie war er bereit, sein Leben zu riskieren. Und wie es im Moment aussah, stand ihm genau das bevor.
„Was hat es jetzt mit der Arena auf sich?", fragte er, als er wieder am Tisch saß.
Und während er den Löffel in die heiße Kohlsuppe tauchte, begann Igel zu erklären: „Das Ganze läuft genauso ab wie bei den Gladiatoren im alten Rom. Es wird auf Leben und Tod gekämpft, allerdings nicht mit Schwertern oder dem Dreizack, sondern mit modernen Waffen."
David pustete mehrmals, verbrannte sich aber trotzdem den Mund. „Und die Wächter dulden diese Spiele auf ihrem Gelände?", fragte er, bevor er sich dem nächsten Bissen zuwandte. „Ich dachte, diese Gruppierung wird von edlen Motiven getrieben."
„Was heißt hier dulden?" Igel lachte. „Die veranstalten die ganze Show und verdienen dabei mehr als alle darauf wettenden Stalker zusammen. Das ist wie in Las Vegas, wo vor allem die Casinos absahnen. Was glaubst du wohl, wie die Wächter ein Gelände wie dieses mitten in der Zone finanzieren können? An den Artefakten, die sie finden, verdienen sie ja nichts, die geben sie kostenfrei an Wissenschaftler aller Länder weiter."
Das stimmte natürlich, daran hatte David gar nicht gedacht. Trotzdem kam es ihm zynisch vor, solche Kämpfe zu veranstalten. Ganz allgemein, aber erst recht unter dem Deckmantel von Recht und Ordnung, Begriffe, die von den Wächtern wie ein Banner vor sich hergetragen wurden.
„Genau genommen schlagen sie damit zwei Fliegen mit einer Klappe", mischte sich Alexander Marinin ein. „Der normale Stalker, der Einzelgänger, der seine Artefakte an den Meistbietenden verschachert ― egal, ob an einen Rüstungskonzern oder eine zwielichtige Regierung ― ist diesen Leuten natürlich ein Dorn im Auge. Indem sie die gewissenlosesten und unmoralischsten Elemente gegeneinander antreten lassen, minimieren sie auch die Ausplünderung der Zone."
David ließ den Löffel sinken, denn ihm war der Appetit vergangen. Er wusste, dass er trotzdem weiteressen musste, denn er würde die Energie später brauchen. Aber er musste warten, bis der wühlende Ekel in ihm abgeklungen war.
Igel schienen solche Gefühle völlig fremd zu sein. Sonst hätte er nicht das listige Grinsen aufsetzen können, mit dem er Major Marinin betrachtete, als er sagte: „Es gibt Leute, die glauben, das Militär würde das Gelände der Wächter nur deshalb unbehelligt lassen, weil in der Arena mehr Stalker ums Leben kommen, als ihre Patrouillen jemals aufgreifen könnten."
„Solche Taktiken gehörten nicht zu meinem Bereich", stellte der Major klar, gestand jedoch ein: „Mit dieser Einschätzung könnten die von dir zitierten Leute allerdings richtigliegen."
Igel lehnte sich zufrieden zurück und nippte an seinem Kosakenwodka.
Dabei übersah er völlig, wie der Major David einen bedeutsamen Blick zuwarf und dann in Igels Richtung schielte.
David verstand den Wink. Geistesabwesend nahm er das Besteck wieder auf. „Und du weißt wirklich, wo wir neue Anzüge herbekommen können?", fragte er, den Löffelstil unablässig zwischen den Fingern drehend.
Statt weiter zu essen, konzentrierte er sich mit all seinen Sinnen auf Igels Antwort. Als dieser bejahte, war nicht einmal der Hauch einer Lüge zu spüren, aber irgendwie stellte das David nicht richtig zufrieden. Zuerst wusste er selbst nicht, warum, aber dann dämmerte ihm, was ihn so irritierte. Er nahm nämlich auch nichts Gegenteiliges wahr. Nicht die kleinste Schwingung, die auf so etwas wie Unsicherheit, ehrliche Anteilnahme oder Freundschaft schließen ließ.
Genau genommen spürte David überhaupt nichts.
Nur eine tiefe, namenlose Leere.
So ähnlich musste es Kim
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