Star Trek - Titan 05 - Stürmische See
ist Teil des Liedes, auf einer tieferen Ebene als auf unserer – ihrer. Sie ist irgendwie … realer. Ich schätze, das liegt daran, dass das Lied für sie die Realität schafft.«
»Am Anfang war das Wort«, zitierte Riker. »Und das Wort wurde Fleisch.«
»Sir?«
»Das war aus der Bibel der Erde. Das Johannes-Evangelium. Der Begriff, den er tatsächlich benutzte, war
Lógos
– ein ziemlich bemerkenswertes altgriechisches Wort. Es bedeutet nicht nur Wort, sondern das zugrundeliegende Konzept, den Akt des logischen Denkens selbst … vielleicht noch ein paar andere Dinge. Am Anfang war
Lógos
und
Lógos
war der Schöpfer und der Akt der Schöpfung aller Dinge.«
Lavena lächelte. Sie war schon immer von Rikers umfassender Allgemeinbildung, dem Produkt seiner unstillbaren Neugier, beeindruckt gewesen. »Der Glaube der Kalwale ist recht ähnlich«, stimmte sie ihm zu. »Aber es gibt noch mehr, das ich jedoch nicht ganz verstehe. Die Kalwale … sie glauben nicht, dass sie das Lied erschaffen, sondern, dass sie daran teilhaben. Es entspringt sowohl aus ihnen wie auch aus ihrer Umgebung. Etwas sehr Ursprüngliches, aber auch Gestaltetes. Insgesamt sehr vielschichtig.«
Die Erinnerung ließ sie lächeln. »Selbst die Art, wie die Matrone es mir vorgesungen hat, war geschichtet. Sie brachte mich hinab in den
Ri’Hoyalina
, den SOFAR-Kanal. Das Meer hat sich seit dem Einschlag genug stabilisiert, sodass der Kanal wieder funktioniert. Sie ließ mich dem globalen Dialog lauschen und harmonisierte ihr Lied mit seinen sich verändernden Melodien und Echos. Ich glaube, sie benutzte die Atmosphäre des Kanals als Analogie für das Lied. Für die größere Melodie, der sie alle angehören.«
Bei ihrer Erwähnung des Langstreckenakustiktunnels hatte Riker aufgeblickt. »Haben Sie Rufe der
Titan
gehört, während Sie dort waren?« Sie waren übereingekommen, dass die Mannschaft wahrscheinlich Hydrophone im SOFAR benutzen würde, um nach Lavenas Rufen zu suchen. Auf dieser Welt mit all ihren Sensorstörungen und riesigen Bereichen leeren Ozeans war das die beste Möglichkeit, um große Strecken abzusuchen.
Sie nickte. »Sie ließen mich sogar nach ihnen rufen. Aber ich glaube, das lag daran, dass sie bereits wussten, dass ich keine Antwort bekommen würde. Als ob die
Titan
…« Sie konnte den Gedanken nicht beenden.
»Was wollten Sie sagen?«, sprang Riker ein. »Über das Lied und warum die Kalwale beunruhigt sind?«
»Nun, Sir, sie haben mir gesagt, dass der Asteroideneinschlag … irgendwie ihr Lied gestört hat. Nicht nur ihren Kommunikationskanal, sondern das tiefere Lied, das von der Welt Darunter ertönt. Seine … Klangfarbe hat sich verändert. Ein Missklang wurde hinzugefügt. Und das wirft die Welt aus der Bahn.«
Riker runzelte die Stirn. »Sie glauben, dass die Lebewesen auf Droplet deswegen so durcheinander sind? Dass da eine Art störender Klang ist, der sie beunruhigt?«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Zumindest glaube ich das nicht, Sir. Es ist eher so als ob die Kalwale von sich selbst und die anderen Spezies als Teil des Klangs sehen … als lebende Noten, die falsch gespielt werden.«
Er war einen Augenblick lang still und überdachte ihre Worte. »Aber wie könnte der Asteroideneinschlag das beeinflusst haben? Asteroiden schlagen die ganze Zeit ein.« Er verlagerte sein Gewicht. »Vielleicht sind sie nur deswegen nervös, weil wir hier sind. Etwas Fremdartiges kommt auf ihre Welt und dann schlägt ein Asteroid ein … Sie könnten Angst davor haben, was als Nächstes passiert. Und darum stellen sie sich vor, dass das Lied verstimmt ist.«
»Aber das erklärt nicht, warum die anderen Tiere auf die gleiche Art reagieren.«
»Tun sie das wirklich? Oder erscheint es den Kalwalen, die bereits alarmiert sind, nur so?«
»Aber die Angriffe …«
»Aili, Sie wurden in Ihrer ersten Woche hier zwei Mal angegriffen.«
Sie überdachte sein Argument mit schief gelegtem Kopf. »Hmm … ich schätze, dass der Asteroidenstaub im Wasser den Salzgehalt verändert, damit den Kreislauf beeinflusst … und somit den Nährstoffkreislauf verlagert. Selbst der SOFAR-Kanal hat einige Bereiche, die noch nicht wieder funktionieren, sozusagen. Daher sind die normalen Kreisläufe des Ozeans auf vielerlei Arten aus der Bahn geworfen. Das könnte die Tiere verwirren und sie aggressiv machen.« Sie lehnte sich zurück und streckte sich, und Riker spürte das Bedürfnis, einen Augenblick lang aufs Meer hinaus
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