Starfire - Rebellion: Starfire1 (German Edition)
hatte, aber die Soldaten hatten nicht die geringste Chance, als sich der brüllende, um sich schlagende, wütende Mob auf sie stürzte. Hier und dort peitschte ein Schuss, knarrte ein Laser. Die Marines starben keinen leichten Tod, sie starben auch nicht allein – aber sie starben.
Fedor sah nicht zu. Er rannte, den Nadler in der Hand, über die freie Fläche auf die Wachen zu, die ihre Waffen bereits auf die hilflosen Gefangenen richteten, kam zum Stehen, stützte den Nadler mit beiden Händen, als ein Laserstrahl an ihm vorbei peitschte und sein Haar versengte. Ein Soldat sah ihn, drehte sich um, seine Gesichtszüge entgleisten, aber es war zu spät. Ein Strom von Nadeln peitschte aus der Waffe, und die Wachen gingen wie der Herbstweizen unter Fedors Sense zu Boden.
Überall herrschte Geschrei und Gebrüll, Schüsse peitschten, Männer und Frauen schlugen auf Marines ein, trampelten sie zu Tode. Die Soldaten stoben auseinander – nur die Unteroffiziere und Offiziere waren bewaffnet, und sie waren hundert zu eins in der Minderzahl. Sie kämpften verzweifelt, versuchten ihre Waffen einzusetzen, aber sie hatten nicht gewusst, was Waldeck beabsichtigt hatte, und waren ebenso schockiert wie die Zivilisten. Sie brauchten Zeit, klar zu denken, sich mit dem Geschehen auseinanderzusetzen, aber die Zeit ließ ihnen die Menge nicht.
Fedor rannte zu den gefesselten Gefangenen.
»Alles in Ordnung bei dir?«, brüllte er, als Magda Petrowna sich vom Boden hochstemmte. Einen Augenblick lang starrte sie ihn mit brennenden Augen an, dann nickte sie ruckartig und packte mit den noch von Ketten gebundenen Händen den Laser eines toten Marine. Ihre Stimme hallte so laut, dass sie den Tumult übertönte.
»Die Schiffe!«, schrie sie. »Nehmt die Schiffe!«
Ein Teil der Menge hörte es. Sie griffen sich die Waffen ihrer gefallenen Feinde und schlossen sich Magda an. Ihre Schreie verbanden sich zu zwei kurzen Worten, hallten über das Chaos.
»Die Schiffe!«, brüllten sie, und dann schäumte eine unaufhaltsame menschliche Welle hinter einem meuternden ehemaligen Captain und einem Farmer, die doch beide nur Gerechtigkeit gewollt hatten, auf die Schiffe zu.
Ironie der Macht
Oskar Dieter blinzelte müde und drückte auf schnellen Vorlauf. Die Klänge eines Neu-Züricher Walzers füllten sein Büro, aber die dezente Musik mit ihren weichen Klängen stand in krassem Gegensatz zu dem, was sein Bildschirm ihm verriet. Er seufzte und lehnte sich zurück, kniff sich mit beiden Fingern in den Nasenrücken und versuchte sich aus seiner trüben Stimmung zu reißen.
Es war schwer. Seit Monaten war mit monotoner Regelmäßigkeit eine Katastrophe der anderen gefolgt, und in seinen Albträumen jagten endlose mit neuen Hiobsbotschaften voll gepackte Drohnenschwärme auf Sol zu.
Was dort draußen auf den Grenzwelten und um sie herum geschah, war schon schlimm genug, aber auf Old Terra standen die Dinge nur wenig besser. Taliaferros Selbstmord hatte die Versammlung erschüttert, nicht aber Dieter. Seine Mitbürger auf Galloway’s World mochten das seiner Verzweiflung über die Vernichtung des Jamieson-Archipels zuschreiben – ohne Frage eine Tragödie von gewaltigen Ausmaßen –, aber Dieter wusste es besser. Taliaferros Hand hatte die schreckliche Erkenntnis geleitet, dass aus dem »Spiel« Wirklichkeit geworden war. Beinahe tat er Dieter leid … aber nur beinahe. Seine Züge strafften sich, als er sich erneut die Frage stellte, wie viele Menschen wohl noch sterben würden, ehe dieser Wahnsinn ein Ende hatte.
Und doch machte Taliaferros Tod den Zustand der Föderation nur noch schlimmer. Mehr als drei Jahrzehnte lang war er die treibende Kraft hinter dem Block der Konzernwelten gewesen, und jetzt konnte man zusehen, wie diese so perfekt aufgebaute Maschine ins Stottern geriet, der Zerstörung entgegenwankte … und dabei drohte, die ganze Föderation mit ins Unheil zu reißen. Die verzweifelten Überlebenden einte eine Schuld, die sie sich nicht einmal selbst eingestehen konnten, und deren Konsequenzen sie entsetzten. Die Schlachten, die jetzt im Weltraum tobten, waren die erbittertsten, die Dieter je erlebt hatte, und dennoch würde der Sieger am Ende nur eine Leiche erben.
Nicht mehr lange, dann würde die Welle der öffentlichen Empörung über den Politikern zusammenschlagen. Schon schlugen die ersten Brecher durch den Saal der Welten; noch ein paar Katastrophen, und die Herrschenden würden sich nicht länger an die Macht klammern
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