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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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kleiner Mund, eben – aber nicht im übertragenen Sinne. Wenn sie nicht gerade mit Stummheit geschlagen ist, besitzt sie ein Schandmaul – das kann ich euch flüstern. Tja, was gibt es sonst noch zu sagen? Eigentlich nichts. Ach so: Sie ernährt sich ausschließlich vegetarisch und trinkt Kamillentee …«
    Wieder sieht er auf den Bildschirm. »Ja, Laura, das bedeutet, sie isst kein Fleisch … So, zur Auflockerung etwas Musik ...« Kaum ist der Regler nach unten geschoben und der Titel läuft, schaut er sie spöttisch an; Lisa schaut giftig zurück – inzwischen davon überzeugt, damit nur seine niederträchtigen Erwartungen zu erfüllen.
    Kein Wort fällt während der Pause.
    Nichts.
    Keine Frage, keine Bemerkung, nicht einmal irgendeine Belehrung über die hiesige Landessprache – nicht, dass sie irgendetwas davon interessiert hätte.
    Mit jeder Minute, die schweigend ins Land geht, steigt die Verblüffung des Amis, auch wenn er versucht, dies zu verbergen. Der Kerl wartet händeringend darauf, dass sie zu ihm in den Boxring steigt, doch diesen Gefallen wird sie ihm nicht tun, nicht mehr!
    Dann sind die Mikrofone wieder offen und der boshafte Blick zurück. »Inzwischen ist mir eingefallen, weshalb Lisa heute so still ist.« Er richtete sich auf; das Grinsen wirkt wie ein Frontalangriff. Lisa ahnt, was kommt, und bevor sie ihn aufhalten kann – selbst, wenn sie gewusst hätte, wie –, grinst er ins Mikro: »Ladys and Gentlemen, ich hatte ganz vergessen, euch mitzuteilen, dass Lisa vor wenigen Tagen geheiratet hat. Baby, du befindest dich auf der Hochzeitsreise! Warum hast du mir nicht erzählt, dass ihr in die freie Welt reisen wollt? Ehrlich, ihr hättet doch bei mir übernachten können; zwei Isomatten habe ich für solche Zwecke immer vorrätig.«
    Auf mehr als ein kaltes Lächeln bringt sie es nicht und erst jetzt läuft Chris tatsächlich zu Höchstformen auf.
    »Allerdings handelt es sich bei den Exemplaren um synthetisches Material; du hättest deinen edlen Körper wohl ohnehin nicht darauf gebettet. Und wenn ich es mir recht überlege, möglicherweise wäre das für die Hochzeitsnacht nicht angemessen. Wo ist der edle Gatte überhaupt? Bei einer Aktivistenveranstaltung, um dich zu vertreten, und du wolltest nur mal schnell ›Hey!‹ sagen?«
    Von Heiterkeit kann keine Rede sein; angestrengt überlegt Lisa, ob sie ihn darauf hinweisen soll, dass er soeben seine Sendung verhunzt, verzichtet dann aber darauf. Sie hat ganz andere Probleme.
    Gemein – ja, das ist er unter Garantie. Aber in seinem grenzenlosen Zorn auch zunehmend kindisch – überhaupt nicht Chris. Interessant, sie hätte nie geglaubt, dass der mal derart die Kontrolle verlieren würde. Seine Darbietung an Silvester war grenzwertig, aber noch vertretbar. Diese hier ist es nicht, denn sie überschreitet soeben jene unsichtbare Grenze, die von der Professionalität unweigerlich in Dilettantismus wechselt. Lisa ist zu lange selbst Moderatorin, um das nicht zu erkennen. Mehr noch …
    Gerade versaut er sich tatsächlich die Sendung – zumindest werden sich die Mails häufen, in denen die Hörer sich vergewissern, dass es ihm wirklich gut geht.
    Ob sie mit ihrer Vermutung richtig liegt, wird sie wohl demnächst nicht erfahren, denn Mails sind Chris mittlerweile scheißegal. Kaum hält es ihn noch am Mikro, weil er ständig den Wunsch zu verspüren scheint, sich wütend zu ihr hinüberzulehnen. Einschließlich blitzender Augen und der gesamten miesen Macho-Show.
    Vorsichtshalber öffnet sie ihren Geist noch einmal für den Mist, den er unentwegt von sich faselt.
    »... verwunderlich, muss ich wirklich sagen. Nein, Leute, den Gatten kann ich euch nicht beschreiben, weil ich ihn nie kennengelernt habe. Erstaunt? Na, und ich erst! Da arbeite ich mit einer Person über Monate zusammen, auf recht begrenztem Raum, wie ich hinzufügen will, und sie vergisst doch tatsächlich, mich über diese elementare Veränderung vorab zu informieren. Wohl zu sehr mit Stricken, Demos und der Pflege ihres Männerhasses beschäftigt. Kann schon mal vorkommen.«
    Vom vielen Sprechen klingt er rau; Lisa kennt das Phänomen. Trinken würde helfen, doch sein Kaffee steht vergessen auf dem Tisch.
    »Ahnungslos war ich ja nicht wirklich … die obligatorische Einladung landete bereits Wochen zuvor auf meinem Schreibtisch. Aber versteht ihr, dass ich es gern von ihr gehört hätte? Eine Information unter Kollegen? Welche auch kam, so viel muss man ihr lassen. Und zwar

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