Starke Frauen
brauche sie, um mich selbst lebendig zu fühlen.« Hildegard Knef ist abgeschrieben.
Und dann, plötzlich, die Wiederentdeckung – als Ikone des Unangepassten, als Visionärin der weiblichen Selbstbestimmung, Poplegende. Die Band Extrabreit verrockt 1992 »Rote Rosen«, die Fantastischen Vier bauen 1999 ihren Song »Im 80. Stockwerk« zu dem Hit »Die Stadt, die es nicht gibt« aus, und der Jazztrompeter Till Brönner spielt mit ihr das Erfolgsalbum 17 Millimeter ein.
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»Ich habe es genossen, berühmt zu sein«
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Es regnet Preise und Ehrungen, aber Hildegard Knef ist müde und krank. »Ich habe gar keine Lust, zu kämpfen, dauernd zu kämpfen. Ist das nicht schrecklich?« Vorbei ist das Leben auf der Überholspur. Im Sommer 2001 liegt sie drei Wochen im Koma in einer Berliner Lungenklinik.
War sie zu emanzipiert für ihre Zeit? Gegen diesen Begriff hegt sie heftige Aversion und von der Gleichberechtigung hält sie auch nicht viel: »Bei uns ist der Mann der Boss. Privat bin ich das Unemanzipierteste, was man sich vorstellen kann.« Die Knef, oft schroff und unbequem, führte ein öffentliches Leben.
Immer bereit, sich einmal mehr aufzurappeln, wenn es knüppeldick kam.
Ihre Rückschläge trug sie mit Würde. Sie litt an Deutschland, aber ist mit Deutschland auch gewachsen: »Man darf nicht stehen bleiben, man muss sich einfach entwickeln.« Oft scheint es, als hätte sie bewusst Emotionen entfesselt, um ihre eigenen Gefühle zu erforschen.
Im Dezember 1988 stellt sie in einem Berliner Hotel ihre Gemälde aus: 40 Werke, Stückpreis 15 000 bis 37 000 Mark. Das Medienecho ist groß, verkauft wird wenig. Sie trägt es mit Fassung: »Dass es gut war, wie es war, das weiß man hinterher, dass es schlecht ist, wie es ist, das weiß man gleich.« Irgendwie tröstlich, dass sogar ihre Begabung Grenzen hatte.
Freitag ist Papa-Tag. Da wartet die Kleine vor dem Breslauer Rathaus, bis ihr Vater erscheint, ein Beamter mit Rentenanspruch, und sie ihn bei seinen kleinen Einkäufen in der Mittagspause begleiten darf. Öfter sieht sie Herrn Robert Rogaske nicht: Er ist verheiratet, hat zwei Söhne mit seiner amtlich Angetrauten, und Katharina ist »nur« das Kind seiner Geliebten. Scheidung? Ausgeschlossen. Das würde seine Karriere ruinieren.
Also setzt Käthes Mutter Christiane Simon »bei aller großen Liebe zu meinem Vater ihren Stolz darein, sich und mich aus eigener Kraft durchs Leben zu bringen«, berichtet Käthe Kruse später. In ihrem Weltbild wird die Frau stets selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen, obwohl der Mann ihr Dasein bestimmt, auch wenn er es nicht teilt.
Mutter Christiane ist Hausnäherin, sie arbeitet bis in die Nacht. Es ist eine einsame Kindheit für das Mädchen. Freundinnen hat sie nicht.
Ein Nachbar schenkt ihr ein Katzenbaby. Endlich lebendige Wärme! Und dann kommt der Vater zu Besuch, nimmt das Kätzchen mit und informiert sie beim nächsten Treffen: »Ich hab ihm einen Stein um den Hals gebunden und es in die Oder geschmissen.« Katharina ist bestürzt. Die Mutter aber meint streng: »Schäm dich doch, Mädel, wegen einer dummen Katze zu heulen!« Das ist eine Lektion fürs Leben: Das Kind sieht, dass ihre Mutter bereit ist, alles zu schlucken, um ja nicht ihren Teilzeit-Mann zu verlieren. In dieser Zeit schneidet sie ihrer Tochter die Haare ab. Und das Mädchen mit dem Jungenschnitt muss den Spott der Kinder ertragen. Vom Vater verbannt, von der Mutter verraten: »Nein, ich wurde meiner Jugend nicht froh.« Überdies gelingt es den Eltern, Katharina einzutrichtern, dass sie an ihrer Misere selbst schuld ist; dass sie sich, um geliebt zu werden, ändern muss.
Käthe beschließt, anders als ihre Mutter zu werden. Und dem Vater zu beweisen, dass sie seiner Liebe wert ist.
Der Grundschullehrer ermutigt sie, Schauspielerin zu werden.
Schauspielerin? Als Beruf sozial verachtet, aber für ein uneheliches Mädchen auch eine Hintertreppe in die feine Gesellschaft. Falls man Erfolg hat. Die kaum 17-jährige Katharina geht nach Berlin, ändert ihren Namen und wird Schauspielerin.
»Hedda«, wie sie nun heißt, widmet sich ihrem Beruf mit jenem unermüdlichenFleiß, mit dem ihre Mutter nähte. Und sobald sie ein festes Engagement erhält, lässt sie ihre Mutter nach Berlin kommen. Zwei Jahre später lernt »Hedda« auf einem Ball den »schönsten Mann von Berlin« kennen: Max Kruse, Bildhauer, verheiratet, vierfacher Vater und 29 Jahre älter. Ein Mann aus einer anderen Zeit und
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