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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Horáková
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Fakten, möchte alles überprüfen. Selbst dem Glück gedenkt sie auf die Spur zu kommen: »Glück muss ich messen können!«
    Gleichzeitig ist sie unverbesserlich abergläubisch: »Ich habe in meinem Leben derartig viele Fügungen erlebt, dass ich gelernt habe, mich dem zu fügen.« Elisabeth Noelle ist felsenfest überzeugt, dass die 19 ihre Glückszahl ist, lässt wichtige Briefe von Grafologen analysieren, hat »ein Ufo gesichtet« und »25 komplett irrationale Erlebnisse in meinem Leben gehabt«, glaubt an Horoskope (»wie rund 30 Prozent aller Männer und 60 Prozent der Frauen«) und an die Wiedergeburt: »Ich werde noch ganz oft leben.«

Es war einmal ... ein Mädchen voller Sommersprossen, das »so furchtbar stark war, dass es auf der ganzen Welt keinen Polizisten gab, der so stark war wie sie«. Ihr Name war Pippi. Pippi Langstrumpf. Und obwohl sie nie groß wurde, wird das Mädchen zum Vorbild sehr vieler Frauen. Auf der ganzen Welt, aber vor allem in Deutschland, wo Pippis Weltkarriere begann: bereits 1948, also lange bevor die Geschichte der schwedischen Autorin Astrid Lindgren in nahezu alle Sprachen der Erde übersetzt, verfilmt und berühmt wurde. Dass sie Deutschland verzauberte, war Heidi Oetinger zu verdanken, der Mitbegründerin, dann Chefin des einst kleinen Oetinger-Verlags. Sie wusste: Wie der erste Kuss ist das erste Buch – unvergesslich.
    Als Heidi auf die Welt kommt, gibt es mehr Pferdekutschen als Autos, eine anständige Frau trägt Korsett und hält den Mund. Sie ist zehn, als der letzte deutsche Kaiser abdankt, nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg, in dem ihr Vater fällt. Heidi wächst vaterlos auf – wie Pippi.
    In der Weimarer Republik gelten für Mädchen die gleichen Benimmregeln wie im Kaiserreich, und die Backfisch-Romane romantisieren sie: Der Trotzkopf (erschienen 1885) oder Das Nesthäkchen (1913) rebellieren zwar gegen die tradierten Geschlechterrollen, werden aber gezähmt und ihre Wandlung in perfekte Hausfrauen wird mit einem Ehemann belohnt. Aus dem Hochzeitskleid wird die Schürze, die Daseinsberechtigung schrumpft auf Kinder, Küche, Kirche.
    Heidis Mutter wird Hausdame in den Villen wohlhabender Hamburger, einer ihrer Arbeitgeber lässt die wissbegierige Kleine in seiner Bibliothek stöbern. Aber für ein Studium fehlt das Geld. Seitdem sie 14 ist, ist Heidi auf sich gestellt, wird Sekretärin und Büroleiterin eines Schifffahrtsanwalts.
    Vier Tage nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges heiratet sie den Holzkaufmann Alfred von Hacht, 1941 wird Tochter Silke geboren, 1943 fällt von Hacht, im gleichen Jahr wird das Haus, in dem die alleinerziehende Witwe wohnt, in Schutt und Asche gebombt, samt der herrlichen Schleiflackmöbel, die sie vom Ersparten gekauft hatte (»mein ganzer Stolz«). Was bleibt, passt auf eine Kinderkarre, mit der sie zunächst nach Innsbruck, dann nach Mecklenburg flieht.Das Wertvollste – den Ehering, eine Uhr – versteckt sie im Holzwattebauch einer Puppe. Einmal mehr muss Heidi ihr Leben allein meistern.
    Hamburg, 1946. Der Buchhändler Friedrich Oetinger erhält von der britischen Besatzungsmacht die Lizenz für einen Verlag und will sich auf wissenschaftliche Bücher spezialisieren. Dass damit im Nachkriegsdeutschland nichts zu verdienen ist, stört den Schöngeist nicht. Er steht kurz vor der Scheidung, sucht eine Sekretärin. Heidi überzeugt ihn durch ihre Selbstständigkeit; schon bald prägt sie das Verlagsprogramm, 1948 mit einem erfolgreichen Kinderknigge , und dann bekommt sie ein Kinderbuch einer Schwedin auf den Tisch. Sie liest es, wohl wissend, dass es bereits fünf deutsche Verlage abgelehnt hatten: »Es war anders als alle Bücher, die ich bis dahin kannte.« Das Besondere: Pippi richtet sich an alle Kinder, an Mädchen, weil sie stark ist, und an Jungs, weil sie ihnen die Angst vor starken Mädchen nimmt.
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    »Wer liest, der hat immer mehrere Leben, nämlich in Büchern«
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    Die Kriegswitwe verzichtet auf ihr Gehalt, damit der Druck bezahlt werden kann. Sie muss sich in Pippi, in diesem frühen Girlie, das quirlig, cool und finanziell unabhängig ist, das kocht und putzt, wiedergefunden haben. Der Oetinger-Verlag präsentiert das spätere »Kinderbuch des Jahrhunderts« 1949 auf der ersten Buchmesse der Nachkriegszeit. Und Pippi polarisiert. Die ehrwürdigen Pädagogen lehnen die »Rotzgöre« als antiautoritäre Anarchistin ab. Ein Kind, das sich gegen Erwachsene durchsetzt, das nicht zur Schule geht? Das gab es

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