Starters
Gebäude zu.
»Ihr dürft da nicht mehr hinein«, erklärte der Anzugträger. »Ich hafte dafür, dass euch nichts passiert.«
»Sie können uns doch nicht unsere Habe vorenthalten«, beschwerte sich Michael.
»Das Besetzen von Häusern ist gesetzeswidrig«, sagte der Ender. »Ich warne euch. Noch dreißig Sekunden.«
Mir wurde schlecht. »Alles, was wir noch besitzen, ist da drin. Bitte – wenn wir das Gebäude schon nicht betreten dürfen, dann lassen Sie wenigstens unsere Sachen nach draußen bringen.«
Er schüttelte den Kopf. »Dazu ist keine Zeit. Verschwindet lieber. Die Marshals sind bereits unterwegs.«
Das reichte, um die Mitbewohner in die Flucht zu schlagen. Ich legte einen Arm um Tylers Schultern und wandte mich ebenfalls zum Gehen, aber dann wagte ich einen letzten Versuch. Der Mann im Anzug hatte uns bereits den Rücken zugekehrt, doch der Bauarbeiter sah uns und nickte ihm zu. Er drehte sich um.
»Bitte. Unsere Eltern sind tot.« Ich kämpfte mit den Tränen. »Die letzten Aufnahmen, die wir von ihnen haben, sind in diesem Haus. Im zweiten Stock, am Ende des Korridors. Könnte jemand den Bilderrahmen retten und uns herunterwerfen?«
Er schien einen Moment lang zu überlegen. Dann murmelte er ein knappes »Tut mir leid« und wandte sich ab, ohne mich auch nur anzusehen.
Ich hatte mich noch nie so leer gefühlt. Es war sinnlos, mit ihm zu diskutieren. Über achtzig Jahre trennten uns; er würde nie verstehen, was wir durchgemacht hatten.
»Callie, es ist okay.« Tyler zerrte an meiner Hand. »Wir können auch ohne die Bilder an sie denken, nicht wahr? Wir vergessen sie ganz bestimmt nicht.«
Eine Sirene heulte auf. »Die Marshals«, sagte Michael. »Los jetzt!«
Wir hatten keine Wahl, also drehten wir uns um und flohen ins Halbdunkel des frühen Morgens.
Zurück ließen wir die letzten Erinnerungsstücke an unsere Familie. An das Leben, das seit einem Jahr nicht mehr existierte.
kapitel 2
kapitel 2 Wir hasteten die Straße entlang, weg vom Geheul der Polizeisirene. Ich wagte einen kurzen Blick über die Schulter. Silberhaarige Männer in stahlgrauen Uniformen sprangen aus ihrem Fahrzeug. Michael hob Tyler hoch, und wir rannten so schnell wir konnten. Wir stürmten in einen engen Durchgang zwischen unserem Unterschlupf und einem anderen verlassenen Bürogebäude.
Zwar war zu hören, dass uns die Marshals folgten, aber wir hatten den Durchgang hinter uns gelassen, bevor sie ihn erreichten. So konnten sie nicht sehen, in welche Richtung wir uns wandten. Sie besaßen Waffen und hundert plus Jahre Erfahrung, aber wir hatten junge Beine.
Wir liefen hinter eine lange Sträucherhecke im Hof zwischen den Gebäuden. Die Büsche waren halb verdorrt und kratzig, aber im Morgengrauen reichte das Gestrüpp als Sichtschutz aus. Jetzt erwies es sich als nützlich, dass wir bei unserem Einzug ein paar Verstecke angelegt hatten. Ich bog die Äste zur Seite, Michael setzte Tyler ab, und wir drängten uns aneinander.
Die Marshals kamen heran. Ich spähte durch eine Lücke im Astwerk und beobachtete jede ihrer Bewegungen. Einer wandte sich nach links, der andere kam direkt auf uns zu.
Tyler atmete keuchend, wie immer vor einem Hustenanfall. Ich spürte, wie sich die Härchen an meinen Armen aufrichteten. Michael schob eine Hand über Tylers Mund.
Der Marshal kam näher. Hatte er uns gesehen? Er bückte sich und zog seine Waffe. Mein Herzschlag war so laut, dass er in meinen Ohren widerhallte. Ich packte Michaels Hemd und presste meine Wange an seine Schulter.
Die Hand des Marshals griff in das Laub vor meinem Gesicht. Er war so nahe, dass ich den Ölgeruch seiner Handschuhe vernehmen konnte. Ich hielt den Atem an.
»Er ist hier!«, hörten wir den anderen Marshal rufen.
Dann zerfetzte dieses Geräusch, dieses elektronische Lichtbogenknistern, das uns ein Kribbeln über den Rücken jagte, die kalte Nacht.
Zip-Taser.
Qualvolle Schreie folgten dem Knistern. Sie durchdrangen uns, bis unsere Zähne und Seelen schmerzten. Das Laub zitterte, als unser Marshal zum Ort des Geschehens rannte.
Ich presste mein Gesicht gegen das Astwerk, um besser sehen zu können. Ein Junge lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Seine Schreie gingen allmählich in ein Stöhnen über.
Einer der Marshals legte ihm Handschellen an und drehte ihn um. Ich erkannte, dass es ein Bewohner unseres Gebäudes war, ein Typ, den ich nur flüchtig wahrgenommen hatte. Der Zip-Taser hatte eine Seite seines Nackens so versengt,
Weitere Kostenlose Bücher