Starters
seinem Pferd saß, und lächelte. Eine Hälfte seines Gesichts war in das Rot des Sonnenuntergangs getaucht, und ich spürte, dass eine unsichtbare Wärme von ihm ausstrahlte. Bei einem dieser kitschigen Airscreen-Spiele hätten uns jetzt Herzchen-Icons umschwirrt.
Mit einem Schlag erfasste mich die Ernüchterung. Schuldbewusst dachte ich an Michael, obwohl wir gar nicht richtig zusammen waren. Aber die Gewissensbisse waren da. Und es gab noch mehr Gründe, vernünftig zu bleiben. Wohin sollte das führen? Nirgendwohin. Nirgendwohin. Nirgendwohin.
Dann holte ich tief Luft. Versetzte mir eine mentale Ohrfeige und verbot mir, meine Situation zu analysieren. Ich wollte die kurze Zeit, die mir mit Blake noch blieb, bis die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, in vollen Zügen genießen.
Im Auto überlegte ich, wie ich es anstellen sollte, ihn um diesen besonderen Gefallen zu bitten. Aber ich musste meinen Plan aufschieben, da er noch kurz bei der Mutter seines Großvaters vorbeischauen wollte. Sie brauchte seine Hilfe, weil sie Probleme mit ihrem Airscreen hatte.
Die alte Dame lebte in einer Hochhausanlage mit Eigentumswohnungen in Westwood. Im Aufzug erklärte mir Blake, dass seine Urgroßmutter eigentlich Marion hieß, für ihn jedoch immer nur Nani war. Sie weigerte sich, ihr Alter preiszugeben, aber er schätzte sie auf etwa 200.
Als sie die Tür öffnete, sah sie ganz anders aus, als ich erwartet hatte. Ihr Haar war weder silbern noch strahlend weiß gefärbt, sondern von einem sanften, natürlichen Grauweiß. Sie wirkte winzig in ihrem grauen Kaschmirhausanzug. Aber die größte Überraschung war, dass sie ihre Runzeln stolz zur Schau trug, ohne Lifting oder sonstige Schönheitsbehandlungen.
Ein schwacher Lavendelduft umgab sie, als sie mir die Hand reichte und mich zu einem Sessel führte.
»Blakey, der Airscreen lässt sich nicht einschalten.« Sie nahm auf einem Zweiersofa Platz. »Er hat mir angekündigt, dass er vielleicht eine Freundin mitbringt. Ich freue mich so, Sie kennenzulernen.«
Blake setzte sich neben Marion und hantierte mit ihrem Mini-Airscreen.
Sie tätschelte seine Hand. »Er ist so ein guter Junge. Ich glaube einfach nicht an all das negative Zeug, das man über die Jugend von heute verbreitet. Ihr wisst schon, es geht um diese Kids, die es nicht so gut haben wie ihr beide. Alle behaupten, sie prügeln sich, stehlen und zerstören alles. Das ist sicher nur ein Teil der Wahrheit. Ich finde es nicht richtig, sie in Heime zu stecken. Wie sollen sie denn jemals Teil der verantwortungsbewussten Gesellschaft werden, wenn wir sie nicht integrieren?«
Ich konnte nur nicken. Wenn sie nur eine Ahnung hätte, wer hier vor ihr stand.
Marion wandte sich Blake zu und deutete auf das Display, das in der Luft erschien. »Wie hast du das nur so schnell hingekriegt?«
»Der Akku saß falsch drin«, sagte er.
»Haben Sie meinen Sohn kennengelernt? Blakes Großvater?« Marion deutete auf ein Gemälde an der Wand.
Ich schüttelte den Kopf.
»Senator Clifford C. Harrison«, fuhr sie fort.
»Tatsächlich?« Ich betrachtete das Porträt eines gestrengen Enders. »Du siehst ihm ähnlich«, sagte ich zu Blake.
»Genau, das finde ich auch«, pflichtete mir Marion bei.
»Nani …« Blakes Stimme klang abwehrend.
»Warum sollte ich nicht auf meinen eigenen Sohn stolz sein? Und auf meinen Urenkel?« Sie zwickte ihn in die Wange. »Er ist so lieb. Ruft mich ständig an. Und kommt, wann immer ich ihn brauche. Wie viele Kindeskinder tun das schon?«
Er errötete. Süß.
Im Lift auf dem Weg nach unten betrachtete ich Blake noch neidvoller als zuvor.
»Du hast mir gar nicht erzählt, dass dein Großvater Senator ist.«
Er vergrub die Hände in den Taschen und zuckte mit den Schultern. »Jetzt weißt du es.«
Ich fand es gut, dass er alles vermied, was nach Angeberei klang.
»Sie ist einfach klasse«, sagte ich und deutete mit dem Kinn nach oben, wo seine Urgroßmutter wohnte.
»Nani ist ein Juwel. Schade, dass meine Großmutter so gar nichts von ihr hat.«
Der Aufzug stoppte, und wir gingen nach draußen, wo Blake dem Mann vom Parkservice seine Nummer überreichte.
»Sie sieht die Dinge anders als Marion?«
Er schüttelte den Kopf. »So lange sie bei Tiffany einkaufen kann, ist ihre Welt in Ordnung. Und deine Großmutter? Wie würdest du sie beschreiben?«
Ich betrachtete meine Fußspitzen, während wir auf den Wagen warteten. »Etwa so wie deine.«
»Pech für uns beide, was?«
Ich fragte
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