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STASIRATTE

STASIRATTE

Titel: STASIRATTE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Döhring
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Zeit, Laufereien und eine ordentliche Dosis Vitamin B gekostet, wie Paul einräumte. Was das genau für Vitamine waren, damit wollte Paul aber nicht herausrücken. Aber wichtiger als die Erkenntnis, ob Beziehungen oder Bestechung bei der Beschaffung geholfen hat-ten, war es für mich herauszufinden, welche Rolle ich hier spielen würde.
    Am späten Nachmittag hatte ich alles gesehen, was zu Pauls neuem Reich gehörte. Jedoch war mir neben derländlichen Romantik nicht verborgen geblieben, was für ein Haufen Arbeit hier wartete. Aber im Moment war mein Enthusiasmus noch groß und ich sah mich im Geiste an allen Ecken anpacken, um aus dem Wildwuchs ein schönes Heim zu machen. Paul würde die Baumaterialien organisieren und die Arbeiter. Vieles könnte er selbst machen. Ich konnte Hilfsarbeiten verrichten, kochen, putzen, mich um Kleinigkeiten kümmern. In meinen Träumen suchte ich schon die Farben für Anstriche heraus und richtete die Räume ein.
    In den ersten Monaten ging es auch ganz gut voran. Paul hatte sein Organisations- und Kontakttalent auf einer großen Abrissbaustelle in Berlin eingesetzt und durch geschickten Tauschhandel diverse Baustoffe und Baumaschinen organisiert.
    Das Transportproblem löste er durch die Anschaffung eines Kleinlasters, den es offiziell nur für Personen gab, die damit ein Gewerbe ausübten. In erster Linie waren dies Handwerker, in seinem Fall war es eine Band, die ihre Instrumente und Technik darin herumfuhren. Da sich die Band aus Erfolglosigkeit getrennt hatte, suchten sie nun nach einer Möglichkeit, wenigstens den Laster zu Geld zu machen. Paul kam mit ihnen ins Geschäft und vergrößerte so seinen Fuhrpark um ein Nutzfahrzeug, das laut den Papieren aber weiterhin der Band gehörte.
    Ausnahmsweise durfte ich mal dabei sein, als Paul die Bauarbeiter nach deren Feierabend in einer Eckkneipe abpasste und ziemlich unverfroren anfragte, was denn in Sachen Baumaterial zu machen sei. Die Maurer und Zimmerleute saßen beim Bier und waren zunächst verwundert über sein Ansinnen. Doch nachdem er weitere Biere spendierte, ergab sich allmählich ein konstruktives Gespräch. Pauls Frage nach Abrissmaterial konnten die Arbeiter jedoch nur mit einem Schulterzucken beantworten. Der Brigadier, auch nach Feierabend eine Autorität, musste gefragt werden. Dieser schien sofort seineMöglichkeiten zu erkennen. Der muskulöse Vorarbeiter übersah die Lage ziemlich schnell und bat uns diskret zur Seite. Jetzt war Paul in seinem Element. Langsam tasteten sich die beiden vor, indem Paul mal so anmerkte, was für Material er für seinen Bau benötigte und was er bereit wäre, springen zu lassen. Der Brigadier nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Er schob abwägend die Unterlippe vor und zog die Stirn kraus, als würde er angestrengt kalkulieren. Schließlich entschied er sich zunächst einmal für eine Flasche guten Scotch Whiskys, womit sein guter Wille gefördert werden konnte. Nach Erhalt dieser Eröffnungsprämie wollte er dann mal sehen, wie sich die Geschäftsbeziehung weiter entwickeln könne.
    Ich besorgte den Whisky in den nächsten Tagen im Inter-shop.
    Der Sommer kam und mit ihm viel Zeit für uns auf dem Lande. Ich entwickelte eine schwärmerische Leidenschaft für das Projekt. Der Standard war gering, was mich aber nicht störte. Das Wasser kam aus einem Brunnen auf dem Hof und wurde mit einer Handpumpe mit langem Schwengel nach oben befördert. Im verwilderten Garten stand ein altes Plumpsklo, das seit Jahren nicht mehr genutzt worden war. Wir übernachteten in einem alten Bauwagen, den Paul aufgetrieben hatte.
    Die Ruine des Bauernhauses verschwand allmählich und Paul errichtete neue Grundmauern für das neue Haus. Für knifflige Sachen holte er sich Fachleute aus den umliegenden Dörfern, die er durch Besuche der Dorfkneipen nach und nach kennen- und schätzen lernte. Überhaupt war das Kennenlernen eines seiner Talente. Seine Umtriebigkeit beschränkte sich nicht nur auf das Auffinden von Handwerkern. Alles, was nützlich erschien und gut zu gebrauchen war, wurde besorgt. Paul war dadurch viel unterwegs. Autofahren, Organisieren und Sammeln gehörte zu seinen Leidenschaften.So kannte er die Dörfer und Städtchen des Oderbruchs bald recht gut. Eine Menge Verbindungen und Beziehungen hatte er auf diese Weise in kurzer Zeit aufgebaut.
    An meinen freien Tagen war ich dort draußen und kümmerte mich vor allem um Essen und Trinken und schonte Paul nicht mit ungeduldiger und

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