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STASIRATTE

STASIRATTE

Titel: STASIRATTE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Döhring
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in die vierte Etage, stieg aus und orientierte mich anhand der Zimmernummern. 4060, da war ich. Ich klopfte an die Tür, mein Herz klopfte in meiner Brust. „Bitte“, klang es von innen. Ich trat entschlossen ein. Was ich vorfand, hatte ich inzwischen schon geahnt. Es war wieder so ein Hotelzimmer, das sich in ein Büro verwandelt hatte.
    Mein Gegenüber war dieses Mal ein freundlicher, unauffälliger Mittdreißiger im schlecht sitzenden hellen Anzug. Was er war, konnte ich mir nun vorstellen, aber was machte ich hier? Mein Pulsschlag gewann an Geschwindigkeit. Jetzt saß ich also allein einem von denen gegenüber. Von denen, über die im Verborgenen getuschelt und gelästert wurde, über die man lieber lachte, um keine Angst haben zu müssen.
    Er bat mich, Platz zu nehmen, setzte sich mir gegenüber an seinen Schreibtisch und zeigte mir seinen Dienstausweis. Es war eine kleine braune Karte aus harter Pappe, die sich aufklappen ließ. „Ministerium für Staatssicherheit der DDR, Hauptmann Gerber“, las ich und gefror kurzzeitig vom Scheitel bis zur Sohle. Nun war ein Irrtum amtlich ausgeschlossen.
    „Sie können sich sicher vorstellen, warum wir Sie hergebeten haben?“ Wir , dachte ich, was heißt denn wir? Er muss also gleich klarstellen, dass er nur ein Rädchen in der allmächtigen Organisation ist. Hier sitzt also nicht einfach er; hier sitzensie! Und wollen mich sprechen. Ich lächelte, so freundlich wie ein stocksteifer Eiszapfen es konnte, und antwortete mit mir unbekannter Stimme: „Nein, eigentlich nicht.“
    Der dunkelblonde Hauptmann mit den eigentlich angenehmen, aber auch unauffälligen Gesichtszügen lächelte und nahm eine aufgeräumte Haltung an. „Wissen Sie, es ist so ...“, begann er und sorgte in den nächsten zehn Minuten, während denen er Ausführungen mit warmer, eindringlicher Stimme machte, dafür, dass ich mir vorstellen konnte, Inoffizielle Mitarbeiterin der Staatssicherheit werden zu können. Ich erinnere mich an die Anspannung, die ich spürte, während ich aufmerksam zuhörte. Er erklärte mir, weshalb es gerade so wichtig war, mit mir zusammenzuarbeiten. Es war alles ganz schlüssig. Man hatte erfahren, dass an der Kristallbar Drogengeschäfte laufen sollten, und wollte dies zum Wohle des Volkes natürlich verhindern, besser noch vorbeugen. Hauptmann Gerber machte an dieser Stelle allerdings keine genaueren Ausführungen darüber, was man schon wusste, wie weit die Ermittlungen waren, ob es konkrete Verdachtsmomente gäbe, nein, alles blieb im Allgemeinen, im Nebel des Gefährlichen und Bekämpfenswerten.
    Als würde er mich bereits kennen und wissen, wie ich funktioniere, dachte ich später. Denn sofort, nachdem das Stichwort „Drogen“ gefallen war, fing meine rege Fantasie an, Bilder zu malen. Ich sah mich im Geiste wachsam, aber unauffällig die Tische überblicken und jenen, die an dieser Schweinerei verdienen wollten, durch meinen verborgenen Einsatz den Garaus machen. Ich wäre die Retterin jener wankelmütigen Menschen, die durch Drogenkonsum dem wahren Leben entfliehen wollten und die Konsequenzen noch gar nicht ahnten. Dank meines Einsatzes mussten sie dies auch nicht erst. Etwas von dem Leid und Elend dieser Menschen würde ich also in meiner geheimen Mission abwenden.
    Meinem ersten Reflex waren Zweifel oder Ängste fremd. Außerdem fühlte ich mich geschmeichelt. Ich war wichtig. Ich wurde gebraucht und für geeignet empfunden. Hatte man meine Kolleginnen und Kollegen auch schon gefragt oder war ich hier die Auserwählte? Das Letztere wollte ich tatsächlich gern annehmen. Es war schön, sich besonders zu fühlen.
    Hinzu kam die spontane Abenteuerlust. Das war doch mal was, ein bisschen Detektiv zu spielen, wie James Bond oder all die coolen Typen, die man aus Filmen und Büchern kannte.
    Natürlich wusste ich, dass die Stasi ganz normale Mitmenschen ausspionierte, um herauszufinden, wie linientreu und politisch einwandfrei sie waren. Wir waren der Tatsache ständig gewahr, dass unter denen, die wir nicht kannten, und auch unter denen, die wir kannten, ein Stasispitzel sein konnte. Andererseits aber war es nicht so, dass dieses Wissen unser Leben unerträglich gemacht hätte, denn wir waren ja daran gewöhnt.
    Die erste Begegnung mit Unbekannten unterlag allerdings einer Regel der Vorsicht: Behutsam wurde in einem ersten Abtasten die politische Einstellung des Gegenübers erspürt. Dann versuchte man je nach Temperament und Sympathie für den anderen früher

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