Staubige Hölle
kann.« Er legte das Fernglas auf die Motorhaube und steckte die Hände in seine Taschen. »Wenn Leute ihm in den Weg kommen, besticht er sie. Falls das nicht funktioniert â¦Â«
»Pfeift er nach seinem Hund«, sagte Dell.
»Ja. Allerdings nicht mehr besonders lange.« Dell sah ihn an. »Inja hat AIDS . Und er bekommt keine antiretrovirale Therapie. Er glaubt an andere Methoden.«
Dell lieà das sacken. »Willst du damit sagen, dass er und dieses Mädchen ⦠Gehtâs hier etwa um eins dieser Heilverfahren, bei denen eine Jungfrau die wesentliche Rolle spielt?«
Zondi nickte. »Ich muss sie von ihm wegschaffen, bevor er diese Sache heute Nacht durchzieht.«
»Mein Gott.«
»So wird es hier unten gemacht.«
»Hast du denn keinen Einfluss bei den Behörden?«
Zondi lachte. »Welche Behörden? Inja ist in diesem Tal das Gesetz. Die nächsten Polizisten sind fünfzig Meilen weit entfernt und haben viel zu viel Schiss, auch nur einen Fuà hierher zu setzen. Und was sollte ich denen auch schon groà sagen?«
»Dass er ein Mädchen gegen ihren ausdrücklichen Willen zur Ehe zwingt.«
»Er hat sie gekauft, Dell. Für zwei Riesen und ein paar magere Kühe. Es spielt überhaupt keine Rolle, was sie will. Man nennt es Tradition.«
Dell nickte. »Okay. Wie sieht der Plan aus?«
»Wir warten, bis es dunkel ist und alle betrunken sind. Dann gehen wir da runter und holen sie.«
»Wie?«
»Improvisieren.« Sah Dells Gesicht. »Hast du eine bessere Idee?«
»Nein.«
»Na dann.« Schweigen. »Dell, ich weiÃ, dass du Inja umlegen willst. Von mir aus gern. Aber das Mädchen hat für mich absoluten Vorrang. Verstanden?«
Dell nickte und entfernte sich. Blickte auf den kraal hinab und staunte darüber, wie gottverdammt beschissen alles geworden war.
Kapitel 68
Der Hochzeitsmond, fett und gelb wie Butter, quoll über die Berge hoch. Inja saà auf den Stufen seines Hauses, allein in der Dunkelheit und zündete sich einen Spliff an. Er zog den heiÃen Rauch ein und beobachtete das Zechgelage weiter unten.
Männer und Jungs kämpften gegeneinander mit Stöcken, warfen im Licht des Feuers flackernde Schatten. Die Stammesältesten taten sich an seinem Fleisch gütlich und tranken sein Bier. Die Feierlichkeiten würden noch bis in weit in den kommenden Tag andauern. Das Ganze hatte ihn eine Menge Geld gekostet. Aber es war gut so. Die Ahnen würden zufrieden sein.
Injas einzige Enttäuschung bestand darin, dass sein Chef, der Justizminister, sich nicht hatte blicken lassen. Er war in der Gegend, auf Heimatbesuch im Tal. Sprach morgen Abend auf einer Kundgebung in Bhambathaâs Rock. Inja wusste, dass das Fernbleiben seines Chefs ein Zeichen der Verärgerung über die Art und Weise war, wie schlecht er die Angelegenheit in Kapstadt erledigt hatte. Inja seufzte und stieà Rauch aus. Schadensbegrenzung war angesagt. Eine Ehrerbietung war fällig. Aber nicht heute Nacht. Diese Nacht gehörte ganz allein Inja.
Er blickte auf das Mädchen, das neben seiner Schwester saÃ. Die fette Frau trank. Lieà das Mädchen, das unter dem Schleier fast unsichtbar war und deren schmale Schultern ein Leopardenfell lag, zwergenhaft erscheinen. Inja nahm einen letzten Zug von dem Spliff, schnipste den glühenden Stummel weg und ging dann zu ihr hinüber.
Es war Zeit.
***
Sunday sah den alten Hund durch den Rauch auf sie zu kommen. Sie war inzwischen viel zu erschöpft, um noch Angst verspüren zu können. Auntie Mavis gackerte neben ihr, sagte irgendetwas Obszönes über die Rituale der Hochzeitsnacht, in den Händen ein groÃer Batzen Fleisch, in den sie ihre Zähne vergrub. Bratensaft lief ihr über ihr mehrfach vorhandenes Kinn. Auf ihrem Teller türmte sich das Essen, das Besteck lag unbenutzt daneben.
Das war der Moment, als Sunday im Nacken den Luftzug spürte, der die Perlenstränge bewegte, die in ihrem Haar hingen. Sie spürte die Gegenwart ihrer Mutter. Hörte ihre Stimme. Sie lenkte Sundays Blick auf das kleine Messer, das auf dem Blechteller lag, die schartige Klinge glühte im Schein des Feuers orange.
Sunday nahm das Messer und lieà es in den Falten ihres Rockes verschwinden. Als ihr Mann sie erreichte, stand sie auf. Spürte seine Hand an ihrem Arm, als er sie zu seinem Haus führte. Die hohen Stimmen der
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