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Staubige Hölle

Staubige Hölle

Titel: Staubige Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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Den Bullen die ganze Schweinerei melden. Dir ein Auto mieten und so schnell wie möglich nach Jo’burg zurückkehren. Du kämpfst besser in deiner eigenen Gewichtsklasse. Sagte sich das, noch während seine Hände das Lenkrad drehten, der Ford die Hauptstraße verließ und über die zerfurchte Erde an den Ort fuhr, an dem seine Mutter begraben lag. Direkt über den Berg, wo in der vergangenen Nacht das Blutvergießen stattgefunden hatte. Versuchte, die aufblitzenden Bilder des ausgeweideten alten Mannes, des brennenden Pick-ups und des Mädchens in dem Konvoi, der in die Nacht hinein verschwand, zu verdrängen.
    Zondi hielt den Ford am Fuß eines kleinen Hügels an. Viele Füße hatten den Weg zu dem Friedhof getrampelt. Zondi blieb eine Weile im Truck sitzen, verscheuchte Fliegen. Als warte er auf etwas, das ihm endlich sagte, was zum Teufel er hier draußen eigentlich machte. Ungeduldig mit sich selbst drückte er die Tür auf und ging den Hügel hinauf, um mit seiner toten Mutter zu reden.
    Zondi erreichte das Ende des Fußwegs und blieb verloren in dem riesigen Myzel weißer Holzkreuze stehen, die aus dem Staub wuchsen. Beleg für die Seuche, die über dieses Tal gekommen war. Er wanderte zwischen den behelfsmäßigen Kennzeichnungen und den frisch aufgeschütteten roten Hügeln, bis er einen alleinstehenden Grabstein fand. Der seiner Mutter. Ein kleiner, schlecht behauener Granitbrocken, der zwischen all diesen Armengräbern protzig wirkte. Jahre nach ihrem Tod, immer noch von Schuldgefühlen geplagt, hatte er Steinmetze in Dundee beauftragt, einen Grabstein herzustellen und aufzustellen. Er hatte Geld aus Johannesburg geschickt und sich vorgenommen, das Grab zu besuchen. Er hatte es nie getan. Zondi schämte sich, als er sah, dass der Name seiner Mutter falsch geschrieben war.
    Er ging in die Hocke. Ungelenk. Verscheuchte eine Fliege. Blickte auf das Meer geneigter Kreuze hinaus. Er hatte das früher gemacht, als kleiner Junge. Mit seinen Ahnen gesprochen. Aber jetzt war er ein Mann, ein Mann in Diesel Jeans und mit italienischer Designer-Sonnenbrille. Mit den Ahnen zu reden war gang und gäbe in der afrikanischen Kultur. Überhaupt keine große Sache. Und nicht nur hier draußen in der Provinz. In Jo’burg fuhren knallharte Managertypen in Seidenanzügen – Leute, die dank der Förderprogramme für Schwarze zu Reichtum gekommen waren – mit ihrem BMW oder Mercedes nach Soweto, auf den weitläufigen Avalon Friedhof, schalteten ihre Mobiltelefone aus und hockten sich neben Gräber, um mit den Toten zu quatschen.
    Da kauerte er also. Wusste nicht, wo er anfangen oder was er sagen sollte. Wusste aber, dass er etwas brauchte. Ein bisschen Hilfe. Sieh’s als eine Meditation , sagte er sich. Wie die Buddhisten in ihren Gebeinhäusern. Sich dem Prinzip der Nicht-Bindung öffnen. Du biegst es dir schon zurecht, Mann. Du bist ein Zulu durch und durch. Tu’s einfach.
    Er schloss die Augen, spürte eine Brise im Nacken. Öffnete die Augen. Spürte weiter den kühlenden Luftzug auf der Haut, doch nichts hatte den Staub bewegt. Ein Lufthauch dieser Art war ein Zeichen, dass die Geister bei einem waren, zumindest besagte das der Aberglaube. Er lachte. Nicht überzeugend.
    Schloss erneut die Augen. Hörte etwas, es klang wie ein Schritt. Behielt die Augen geschlossen. Ließ es sich entwickeln. Eine Waffe, die entsichert wurde. Öffnete ein Auge. Blickte in die dunkle Mündung einer Pistole und erkannte Robert Dell. Ein irrer Ausdruck in den Augen. Schmutzig. Mit geronnenem Blut bedeckt.

Kapitel 66
    Der schwarze Typ blieb cool.
    Â»Nimm die Kanone runter.«
    Dell hielt die Pistole auf ihn gerichtet.
    Â»Wer bist du?«
    Â»Der Name ist Disaster Zondi.«
    Â»Du verarschst mich.«
    Â»Würde ich bei so was lügen?«
    Das musste Dell einräumen. Der Typ kam definitiv aus der Stadt. Er sah schwer nach Jo’burg aus. Hatte dieses leicht amerikanisierte gedehnte Sprechen drauf, für das eine Menge schwarze Hipster eine Vorliebe hatten.
    Â»Nimm das Ding weg, du machst mich nervös«, sagte Zondi.
    Dell ließ den Arm sinken, riss ihn dann aber sofort wieder hoch, als wäre er an einer Feder befestigt. »Gib mir deine Kanone.«
    Â»Ich bin unbewaffnet.«
    Â»Jeder in dieser verschissenen Gegend ist bewaffnet. Her damit.«
    Zondi griff nach seiner Waffe und

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