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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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hin und her gingen, abends und dann am nächsten Vormittag wieder. Einmal hat sie geglaubt, die Frau weinen zu hören. Sie hat sich das überhaupt nur gemerkt, weil die beiden von oben sonst so ein Herz und eine Seele sind. Man hat jedenfalls immer den Eindruck, die lieben sich, wenn man sie zusammen sieht. Es war das erste Mal, dass von oben Streit zu hören war. Das sind auch wirklich ganz nette Leute.»
    Es musste sich wohl um das «Pärchen» handeln, das nach Frau Rölsch skandalöserweise siebzig Quadratmeter zu zweit bewohnte.
    «Kennen Sie diese Mieter denn näher?», fragte er.
    «Wir sind hier in Deutschland. Da kennt man seine Nachbarn nicht näher», sagte der Imam. Winter verkniff sich, ihm zu sagen, dass das kein Naturgesetz sei und auch von einem persönlich abhänge. Der junge Mann redete schon weiter.
    «Aber man trifft sich eben im Treppenhaus oder sieht sich am Main oder beim Einkaufen. Die beiden grüßen immer so nett. Und als meine Frau neu hier war und ich nicht da und mein Sohn krank, da hat meine Frau oben geklingelt. Die Frau war ganz reizend, hat sofort den Notarzt gerufen und hat ihr noch Medikamente aus ihrer Hausapotheke gegeben und ist bei ihr geblieben, bis der Arzt kam. Wir wollen die beiden wirklich nicht in Schwierigkeiten bringen. Es ist erlaubt, sich mal zu streiten.»
    «Wann genau war das? Der Streit.»
    Nach einigem Hin und Her ließ sich der Termin des mysteriösen Streits auf Mittwoch/Donnerstag festlegen. Das Mainmädchen war zwar wahrscheinlich erst am Freitag getötet worden, aber ein Zusammenhang war dennoch möglich.
    Winter bedankte sich erst einmal und verließ das verdächtig gemütliche orientalische Nest der El-Hallawis.
    Im Treppenhaus kam ihm von oben die Aksoy entgegen. Ihr Gesichtsausdruck war aufgewühlt.
    «Herr Winter», zischelte sie, «ich glaube, wir haben sie!»

    Lena lehnte ihren Rücken zitternd an die Badewanne. Ihr Magen bäumte sich noch immer auf, aber es war gar nichts mehr drin.
    Es konnte doch nicht wahr sein. Es konnte einfach nicht wahr sein.
    Sie konnte nicht mehr. Nach zwei Wochen Horror besaß sie nicht mehr ein Fünkchen Kraft, um diese ungeahnte Fortsetzung des Schreckens zu ertragen.

    Aksoy bedeutete ihm flüsternd und gestikulierend, alles Weitere nicht im hellhörigen Treppenhaus, sondern im Auto zu besprechen. Beim Rausgehen checkte sie ohne Aufforderung den Keller auf einen etwaigen Hinterausgang: Es gab keinen. Den Vordereingang hatten sie vom Wagen aus glücklicherweise frontal im Blick.
    «Es ist die Wohnung ganz oben rechts», verkündete Aksoy aufgeregt, sobald sie im Auto saßen. Es handelte sich also tatsächlich um die Wohnung, in der laut den El-Hallawis der Streit stattgefunden hatte. Winter brachte Aksoy diesbezüglich auf den neuesten Stand. «In den anderen Wohnungen war bei Ihnen nichts Erwähnenswertes?», hängte er der Vollständigkeit halber als Frage hintendran.
    Sie schüttelte den Kopf. «Alles unauffällig, keine verwertbaren Informationen. Oben links war ich übrigens noch gar nicht. Sie hatten ja gesagt, ich soll mich sofort bei Ihnen melden, wenn ich einen Verdächtigen …»
    «Ja, ja. Also, was war nun oben rechts?»
    «Die hatten wie die meisten im Haus kein Schild an der Tür. Aber ich wusste ja, laut Klingel am Hauseingang muss das die griechisch-italienische Wohngemeinschaft sein. Eine Frau hat mir aufgemacht. Die Griechin, stellte sich raus. Ich hab sofort gewusst, dass was nicht stimmt. Kann es nicht richtig festmachen. Vielleicht weil sie sehr schlecht aussah, dicke Ringe unter den Augen, irgendwie … irgendwie wirkte sie … ich weiß nicht, als sei sie gerade in einer ganz anderen Welt. Unter Drogen vielleicht. Ansonsten gepflegt, hübsch, Alter schwer zu schätzen, nicht mehr ganz jung jedenfalls. Ich hab ihr gesagt, wir machen hier eine Befragung im Haus wegen der Identifikation einer Wasserleiche, und ob sie noch Mitbewohner hat, ob ich die auch sprechen könnte? Ihr Mann wohnt mit ihr zusammen, hat sie gesagt, der sei aber bei der Arbeit. Das ist dieser Benedetti. Die sind wohl verheiratet, aber haben bei der Heirat jeder ihren Namen behalten. Dann habe ich gefragt, ob sie hier in letzter Zeit ein Mädchen um die siebzehn im Haus gesehen habe, so und so groß et cetera. Ich kann Ihnen sagen, da wurden bei der aber die Augen groß und der Mund ging auf. Erst sagt sie eine halbe Minute gar nichts, dann sagt sie, nein, so jemand ist ihr nicht aufgefallen. Ich habe dann das Foto gezeigt. Und

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