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SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

Titel: SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
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der alte Geier nebenan in riesigen Eichenholzfässern lagerte. Ich schauderte.
    Als Fiddlebury das Schwein auf die dicke Samtdecke führte erkannte ich in Charles’ Blick meine eigenen Gewissensbisse und die gleichen Zweifel. Dabei wäre das Schwein heute oder morgen ohnehin beim Schlachter gelandet. Unser schlechtes Gewissen schien völlig irrational zu sein.
    Der Hausherr kannte diese Zweifel nicht. Voller Enthusiasmus kettete er das Schwein an dem Gitter fest. Unseren Delinquenten störte das wenig. Das Rüsseltier interessierte sich vielmehr für die Äpfel, die Rachel als Henkersmahlzeit zurechtgelegt hatte. Selbst als Mortimer und Charles die schützende Samtdecke hochzogen kam das herzhafte Knurpsgeräusch nicht ins Stocken. Die beiden Männer hängten den schweren Samt in dafür vorgesehene Haken in der Kellerdecke ein. Dann gingen wir in den Nebenraum. Außer Fiddlebury, der sich voller Vorfreude die Hände rieb, waren wir alle gedrückter Stimmung. Kein fühlendes Wesen kann sich auf eine Hinrichtung freuen. Was dann aber geschah sollte mich noch Jahre lang in meine Träume verfolgen.
    Der entsetzliche Schrei drang mühelos durch das Mauerwerk und schien wie ein eisiger Hauch über unsere Knochen zu streichen. Das Erlebnis ist kaum anders zu beschreiben. Es war nicht der Todesschrei eines Tieres; es klang überhaupt nicht, als würde jemand sein Leben verlieren. Nein, es klang, als würde jemandem die Seele in Stücke gerissen . Der Schrei dauerte nicht einmal besonders lange an. Das Gefühl war jedoch so überwältigend, dass ich für Minuten kaum Atmen konnte. Charles und Rachel mussten sich beinahe übergeben und sogar Fiddlebury war die Farbe aus dem Gesicht gewichen. Lange sagte niemand ein Wort. 
    „Und das habt ihr Dutzenden von Ratten angetan?“, fragte ich flüsternd. Ich erwartete nicht wirklich eine Antwort zu bekommen, doch offenbar war auch Fiddlebury so durcheinander, dass er auf meine Worte reagierte.
    „Hunderten“, erklärte er tonlos. „Die Ratten waren betäubt und lagen in Bleibehältern. Bei ihnen war nichts zu hören.“ Es klang wie eine Entschuldigung.
    „ Das werden wir nie wieder tun“, brachte sich jetzt auch Rachel ein. Es war das erste Mal, dass ich sie so bestimmt reden hörte. Charles nickte nur. Er war es, der schließlich als Erster nach Nebenan ging, um nach dem Schwein und unserer Ausbeute zu sehen. Beides schien wenig spektakulär zu sein.
    Wie erwartet war das Silber angelaufen und unser Opfer sah bei oberflächlicher Betrachtung vollkommen unversehrt aus. Es schien einfach alle viere von sich gestreckt und das Leben eingestellt zu haben. Nur in die Augen konnte man dem Tier nicht schauen. Der Blick war nicht einfach gebrochen wie bei einer toten Kreatur. Er war ausgelöscht . Ich wünschte, ich könnte es genauer beschreiben. Vielleicht bilde ich mir diesen besonderen Ausdruck auch nur ein – Charles und Rachel bemerkten ihn nicht. 
    Jedenfalls wurde seit diesem Tag nie wieder darüber gesprochen, mit Hilfe des Essenzannihilators an reine Essenz zu kommen. Aus Furcht, sie durch diese Form der „Ernte“ irgendwie verändert zu haben wagten wir nicht einmal, die  gewonnene Essenz für Experimente zu nutzen. Auch der alte Geier hielt Charles’ Vorschlag mit den Hundekörbchen plötzlich für eine großartige Idee.

    „Mister Eagleton! Was für eine Freude!“, wurde Charles überschwänglich empfangen. Blackwell wirkte mit dem gestickten goldenen „B“ auf der Brust und den Reitstiefeln wie ein Adliger, der ein paar Tage auf dem Land genießt. Seine rundliche Gestalt wirkte energiegeladen und voller Tatendrang. Er schüttelte Charles so begeistert die Hand, das meinem Freund beinahe der Zylinder – und damit ich – vom Kopf gerutscht wäre.
    „Ich danke Ihnen“, sagte Charles, als er seine Hand endlich wieder sicher unter Kontrolle hatte. „Als Sie von Ihrem Landhaus sprachen …“ Weiter kam er nicht, weil unser Gastgeber bereits damit beschäftigt war, zwei Dienstmädchen und einen Butler anzuweisen, die Hundekörbchen und das Gepäck aus unserer Kutsche zu holen. Ich wusste jedoch genau, was mein Freund meinte. Blackwell Manor , wie das Gemäuer hieß, war eine Mischung aus Burg, Landhaus und Palast. Keine acht Stunden von den Toren Londons entfernt, lag es inmitten eines großen Anwesens mit eigenem Wald und See. So etwas aus den Früchten der Lenden einiger Hunde aufzubauen, schien mir völlig absurd zu sein.
    Jedenfalls nutzte Charles den

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