Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
lange Ihr als blinder, impotenter Bettler in den Straßen von Port Royal überlebt.« Sein Blick fiel auf die beiden Grenadiere, die ihre Waffen noch nicht abgelegt hatten. »Ihr da! Ich sagte, Waffen fallen lassen. Ich gebe euch noch eine Chance. Ich zähle bis fünf. Eins …«
Steel zweifelte nicht an Trouins Entschlusskraft. Er hatte die beiden Schiffe im Hafen gesehen, als Slaughter und er im Schutz der Dunkelheit zur Schleuse gerudert worden waren. Eins der Schiffe schien eine Sloop zu sein. Was die neue Drohung anbelangte, so hatte Steel am eigenen Leibe erfahren, wozu Trouin fähig war. Er spürte, wie sehr er in dem schweren roten Uniformrock schwitzte. Doch er durfte sich nichts anmerken lassen, schon gar keine Angst. Daher antwortete er betont ruhig. »Ihr seid ein Narr, Trouin, wenn Ihr glaubt, damit durchzukommen.«
Aber Trouin erwiderte darauf nichts, sondern zählte gelassen weiter. »Zwei …«
Die Piraten legten an. Erneut suchte Steel Slaughters Blick. Denn bereits während Trouins letztem Monolog hatte Steel mit der rechten Hand nach der kleinen Tasche getastet, die unmittelbar unterhalb der beiden Rockschöße verborgen lag. Inzwischen hatte er die Tasche gefunden und schob geduldig seinen Zeigefinger hinein, bis er einen kalten Gegenstand spürte – das kleine Springmesser, das er stets bei sich trug. Langsam zog er die Waffe zwischen Daumen und Zeigefinger heraus und verbarg sie zunächst in der hohlen Hand. Mit einem Fingernagel löste er die Arretierung, sodass die Klinge aufsprang.
Im nächsten Moment hatte das Messer Steels Hand verlassen, flog durch die Luft und traf den Piraten, der genau auf Steel zielte. Die Klinge bohrte sich in die Stirn des Mannes; der Pirat sank auf die Knie und sackte tot zu Boden. Für einen Augenblick schien die Zeit in dem Schutzraum stillzustehen. Ungläubig starrte Trouin auf den toten Mann und das Messer, das aus der Stirn ragte.
Dann brach die Hölle los. Trouin brüllte einen Befehl, worauf sechs der Piraten ihre Musketen abfeuerten, doch die Kugeln sirrten fast alle zu hoch über die Köpfe der Grenadiere hinweg. Eine Kugel streifte Lejeune an der Schulter, eine traf einen der Rotröcke. Die beiden Grenadiere, die noch ihre Musketen im Anschlag hielten, feuerten, worauf zwei von Trouins Männern fielen. Tom Williams war derweil nach vorn geeilt, schlug mit dem Degen nach einem Gegner und fügte ihm eine stark blutende Wunde im Gesicht zu.
Steel schrie: »Runter!«, und seine Männer duckten sich und griffen nach den am Boden liegenden Waffen. Fabritius stieß unterdessen seine Frau und die beiden schreienden Kinder zu Boden. Während zwei Piraten sich hinknieten, um ihre Musketen abzufeuern, stürmte Steel zu Trouins Tisch, blindlings durch den Pulverdampf. Doch seine Klinge traf ins Leere … Verblüfft schaute er sich um, konnte den Piratenkapitän jedoch nirgends entdecken.
Im selben Moment ging der Kampflärm in einem weitaus gewaltigeren Knall unter, der die Wände des Schutzraum beben ließ. Eine Explosion ganz in der Nähe, dachte Steel. Eine Kugel flog dicht an seiner Wange vorbei. Steel überlegte nicht lange, zog den Kopf ein und rannte in geduckter Haltung in Richtung des Schützen. Zu seiner Erleichterung stieß er auf den Gegner, rammte ihm den Kopf in die Magengegend und stieß den Mann zu Boden.
Rasch richtete Steel sich wieder auf und packte sich eine Muskete, die quer über einem toten Piraten lag. In der Hoffnung, dass die Waffe geladen war, spannte er den Hahn und richtete den Lauf auf den sich am Boden krümmenden Mann. Der Zündfunke setzte das Pulver in der Pfanne in Brand. Die Kugel zerfetzte den Schädel des Mannes; Blut und Gehirn spritzten durch den Raum. Steel schleuderte die Waffe zu Boden und schaute sich um. Zu seiner Linken trieb Slaughter einem Gegner das Bajonett in den Unterleib, während die übrigen Grenadiere ebenfalls über die Piraten herfielen. Am Boden lagen bereits sechs tote Gegner und ein Grenadier.
Einige Männer von Trouin waren zurückgeblieben und leisteten Widerstand; von dem Freibeuter selbst und den übrigen Piraten war indes nichts mehr zu sehen. Fabritius’ Familie kauerte eng beieinander in einer Ecke des Raumes. Der Flame selbst lag am Boden, die Arme von sich gestreckt, die Augen weit aufgerissen. Steel eilte zu ihm und stützte sich auf einem Knie ab. Der Mann hatte eine Kugel in den Kopf bekommen. Einen Moment lang hielt Steel Fabritius’ Kopf in einer Hand und spürte den anklagenden
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