Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
sehen. Tut uns leid. Aber jetzt sind wir natürlich froh. Französische Soldaten hatten wir hier seit Jahren. Wir werden von den Spaniern und deren französischen Freunden regiert. Eure Schlacht wird uns die Freiheit bringen. Dafür danken wir Euch, Sir.«
Während der Mann sprach, übersetzte ein anderer Dorfbewohner für die übrigen Zivilisten, und Steel sah, dass inzwischen alle Männer lächelten.
»Sergeant. Die Kompanie kann wegtreten. Ich glaube nicht, dass wir von diesen Männern etwas zu befürchten haben.«
»Bitte entschuldigt, Captain«, fuhr der Wortführer fort, »wir sind bloß Bauern. Für uns sieht ein Soldat wie der andere aus. Wir müssen vorsichtig sein. Aber schaut, wir haben uns bewaffnet. Und«, fügte er stolz hinzu, »ich bin Offizier, so wie Ihr.«
Ein hoffnungsvolles Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Steel antwortete mit einem respektvollen Nicken. »Ihr und Eure Männer braucht Euch wegen der Franzosen keine Gedanken mehr zu machen. Sie sind geschlagen und werden so bald nicht zurückkommen. Wo sind wir hier eigentlich genau?«
»In Wippendries. Wir sind nur ein kleines Dorf, aber Ihr seid uns als Gäste willkommen. Wir teilen mit Euch, was wir haben.«
Derweil musterte Steel die Miliz genauer, verschaffte sich einen Überblick über die Waffen und schätzte das Alter der Männer. Ein Zug reguläre französische Infanterie hätte mit diesen Bauern in wenigen Minuten kurzen Prozess gemacht. Dennoch, den Männern mangelte es nicht an Mut und Eifer, und Steel wusste, dass diese Eigenschaften auf dem Schlachtfeld bisweilen über Leben und Tod entschieden.
Der selbsternannte Anführer ergriff erneut das Wort. »Ihr dürft gern in unserem Dorf bleiben, Captain. Es wäre uns eine Ehre. Vielleicht können wir es wieder gutmachen, dass wir auf Euch geschossen haben.«
Steel lachte. »Vielleicht. Macht Euch keine Gedanken mehr deswegen.«
Du elender Trottel, dachte er im Stillen. Ihr Bauerntölpel wisst ja nicht, wie knapp ihr mit dem Leben davongekommen seid. Wenn der erste Schuss Tarling getroffen hätte und nicht seine Mütze, hätten wir euch schneller auseinandergenommen, als ihr bis drei zählen könnt.
»Wir bleiben die Nacht über hier«, sagte er stattdessen freundlich. »Eine gute Gelegenheit, sich ein wenig auszuruhen. Während der letzten Tage sind wir den Franzosen in Eilmärschen gefolgt.«
»Gut zu hören, Captain. Wir hassen die Franzosen, müsst Ihr wissen. Viel zu lange schon haben sie sich als unsere Herren aufgespielt. Sobald wir einen Franzosen sehen, töten wir ihn, so wie Ihr, Sir.«
Für gewöhnlich hätte Steel zugestimmt, doch plötzlich musste er wieder an Argylls Wutausbruch in Ramillies denken und fragte sich, warum gerade dieser Feldzug von so viel Hass durchsetzt war. Ein Hass, wie er ihn seit sieben Jahren nicht mehr erlebt hatte. Nicht seit jenem blutigen Feldzug im Norden, als die Russen und Schweden sich gegenseitig ausbluten ließen. Hier in Flandern wurde Steel Zeuge einer neuen und unerwarteten Wende im Krieg. Zwar wusste er, dass die Franzosen schon länger Besatzungsmacht in den südlichen Niederlanden waren, aber bislang war ihm nicht bewusst gewesen, auf wie viel Ablehnung die Franzosen hier stießen. Eigentlich hätte es ihn freuen müssen, dass die Flamen seine Verbündeten waren, aber irgendwie flüsterte ihm eine innere Stimme ein, dass dies den Feldzug unnötig verkomplizieren würde. Und Komplikationen mochte Steel gar nicht – insbesondere dann nicht, wenn Zivilisten darin verwickelt waren.
***
Ungefähr sechs Meilen weiter südwestlich wurde einem anderen alliierten Soldaten eine ähnliche Gastfreundschaft zuteil, allerdings in größerem Rahmen. Umgeben von seinen militärischen Beratern und seinen Leibwachen aus den Reihen der Dragoner, stand der Herzog von Marlborough in der Großen Halle des altehrwürdigen Chateau de Beaulieu, fünf Meilen von Brüssel entfernt. Trotz des großzügigen Empfangs, den man dem Herzog zu Ehren gab, war der Oberbefehlshaber alles andere als zufrieden.
»Ich sollte eigentlich gar nicht hier sein, William. Das ist nichts für einen General, und Politiker bin ich auch nicht. Mein Platz ist draußen auf dem Schlachtfeld, bei der Verfolgung der Franzosen. Wir haben zwar gesiegt, dürfen uns aber nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen.«
Der Generalquartiermeister Cadogan legte dem Herzog in freundschaftlicher Geste eine Hand auf die Schulter. »Euer Hoheit, Ihr müsst Euch in Geduld üben. Die Franzosen
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