Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
entzünden, und dann heißt es abwarten.«
***
Ja, dachte Steel. Dann werden wir alle warten. Der Angriff, den er zu führen hatte, sollte erst einsetzen, wenn der Mörserbeschuss endete. Doch schon jetzt war ihm bei all der Aufregung ein wenig unwohl zumute. Es war deutlich geworden, dass ein Mann wie Forbes die Wirklichkeit noch nicht ganz erfasst hatte. Mit seinen zweiundzwanzig Jahren war dem Seeoffizier womöglich nicht bewusst, dass seine schönen Kriegsmaschinen dort draußen ein fürchterliches Blutbad in der Stadt anrichten würden. Gott, dachte Steel. Hörte der Bursche denn nie auf zu reden?
»Das einzige Problem mit den Mörsern ist natürlich ihre Ungenauigkeit. Ich denke, deshalb bin ich hier. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass einige Zivilisten ihr Leben verlieren. Aber im Grunde haben wir es auf die Piraten abgesehen. Wir müssen verhindern, dass sie unsere Schiffsrouten behindern. Stehen alle im französischen Sold, müsst Ihr wissen. Habe einen von ihnen vor vier Jahren geschnappt, einen gewissen Jean Bart. Furchtbarer Kerl. Konnte mit einem Ruderboot fliehen. Es heißt, der Mann, den alle Duguay-Trouin nennen, sei in der Stadt. König Ludwigs Günstling. Was für ein Triumph, wenn wir ihn gefangen nehmen könnten, Sir. Das wird natürlich Eure Aufgabe sein. Ist doch die Aufgabe der Armee, nicht wahr? Glaubt mir, mir gefällt die Armee. Könnte mir sogar vorstellen, eines Tages an Land zu dienen. Um das Schlachtfeld einmal kennenzulernen, sozusagen. Mein Bruder war Soldat. Vielleicht kanntet Ihr ihn sogar, Sir. Lord Forbes. Netter Bursche. Starb in Blenheim.«
Steel hatte ihn nicht kennengelernt, doch er wusste, dass ein Offizier dieses Namens im Generalstab Respekt genoss und bei den Männern beliebt gewesen war. Steel war zu Ohren gekommen, dass Forbes beim letzten Ansturm auf Blenheim gefallen war.
»Tut mir leid, Captain, dass es mir nicht vergönnt war, die Bekanntschaft Eures Bruders zu machen. Wie ich hörte, starb er als Held. Ich fühle mit Euch und Eurer Familie.«
»Habt Dank, Sir. Musste aber irgendwann so kommen. War immer schon ungestüm, der alte James. Es zahlt sich aus, wenn man vorsichtig ist im Krieg. Man muss eben wissen, wo und wann man losstürmen kann. Habe ich recht, Sir? Würdet Ihr mir da zustimmen?«
Steel lächelte. »Oh, sicher, Captain. Ganz gewiss. Es ist immer eine Frage der Umsicht. Man muss zur rechten Zeit am richtigen Ort sein. Das ist vielleicht das Geheimnis.«
»Wusste ich’s doch«, erwiderte Forbes und strahlte über das ganze Gesicht. »Ich kann es kaum abwarten, Euren Kommandanten kennenzulernen, Sir, General Argyll. Bin ein großer Bewunderer dieses Mannes. Großartig, wie er das bei Ramillies gemacht hat. Habt Ihr das miterlebt?«
»Ja, ich habe es verfolgt«, gab Steel leise zurück.
»Oh, wie ich Euch beneide, Sir. Eine absolute Meisterleistung war das. Nahm ein Dorf praktisch im Alleingang. Trieb ein ganzes Regiment Iren zurück. Ich kann es kaum abwarten, ihn zu treffen.«
Das kann ich mir denken, dachte Steel.
»Ich hoffe sehr, dass Ihr diesen Trouin in die Finger bekommt«, fuhr Forbes fort. »Ihr würdet der Navy einen großen Dienst erweisen – Euch übrigens auch. Dieser Mann ist die Geißel der Kauffahrteischiffe. Überhaupt aller Seefahrer. Wenn er den Ärmelkanal kontrolliert, werden dem Herzog bald die Vorräte ausgehen.«
»Seid versichert, Captain Forbes, wir kriegen ihn oder töten ihn, wenn es sein muss.«
Ja, sie würden diesen französischen Piraten festnehmen, dachte Steel. Allerdings er fragte sich, wie viele unschuldige Zivilisten dafür würden sterben müssen.
Einer von Forbes’ Männern las eine Nachricht von dem Flaggschiff. Er wandte sich an den Captain. »Signal vom Admiral, Sir. Bereit machen.«
»Ich vermute, dass wir jeden Moment feuern werden, Sir. Ihr seid doch vertraut mit Kanonenfeuer, Captain. Doch ich frage mich, ob selbst Ihr so etwas gesehen habt. Es wird ein Spektakel, das Ihr so schnell nicht vergessen werdet, Sir.«
»Danke, Captain Forbes. Ich versichere Euch, dass meine ganze Aufmerksamkeit Euch gehört.« Daran gab es nichts zu leugnen.
Steel schaute nach rechts, wo jenseits des Steene-Grabens und am Rande des Marschlandes die alliierte Armee auf den Befehl zum Feuern wartete. Deutlich konnte er die Geschützmannschaften an ihren Kanonen erkennen; Dutzende von Kanonieren standen halb gebeugt über den Zündlöchern, die Luntenspieße in der Hand. Marlborough hatte angeordnet, dass der
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