Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
worden zu sein.
Wenn Forbes indes den wahren Grund gekannt hätte, warum der Admiral ihn nicht auf dem Schiff haben wollte – »der Bursche ist zu sehr von sich eingenommen, ich kann nicht an seiner Seite kämpfen« –, dann hätte er vielleicht anders über den Befehl gedacht. Neben Forbes standen zwei Seeleute, Signalgeber der Bombarden. Mit ihren verschiedenfarbigen Flaggen sollten sie anzeigen, wo die Geschosse in der Zitadelle einschlugen. Hier oben auf der Düne waren die Männer am besten zu sehen. Forbes hatte Steel an der Spitze der Sturmabteilung getroffen, die sich inzwischen unten auf der Straße formiert hatte. Kurzerhand hatte er ihn eingeladen, den Beschuss von der Düne aus zu verfolgen … nicht ohne seine schlauen Bemerkungen. Mittlerweile wünschte Steel, er wäre der Einladung nicht gefolgt.
Steel beobachtete den übereifrigen jungen Offizier, der immer aufgeregter zu werden schien. Forbes war eher schmal von Gestalt und sprach mit einem angenehmen irischen Akzent; er stammte aus dem County Down, wo sein Vater, der Earl of Granard, eine bekannte Persönlichkeit war. Das alles hatte Steel während der ersten drei Minuten ihres Gesprächs erfahren dürfen. Der junge Seeoffizier war kleiner als Steel, und seine markanten Züge spiegelten die keltischen Vorfahren wider.
Steel wendete den Blick von ihm und schaute erneut in die Richtung, in die Forbes mit ausgestreckter Hand deutete … auf die im Wasser dümpelnden Bombarden. Im Schlepptau hatten beide Schiffe je ein Versorgungsboot.
»Seht Ihr die kleineren Boote, die mit den Bombarden vertäut sind? Sie sind bis zum Dollbord mit zusätzlicher Munition beladen. Da schlafen übrigens auch die Männer. Auf den Bombarden ist kaum noch Platz, weil dort die Mörser mitsamt Material stehen. Das müsstet Ihr von Nahem sehen, Captain. Wirklich, ich würde es mir wünschen. Es ist übrigens amüsant, dass ausgerechnet die Franzosen diese Bombarden erfunden haben. Natürlich waren die ersten Modelle nichts im Vergleich zu den heutigen Schiffen. Wusstet Ihr, dass man das ganze Schiff mithilfe eines Federankers wenden musste, wenn man zielen wollte? Und sie hatten auch nur zwei Mörser auf dem Vordeck. Und jetzt sind auf diesen Schönheiten die Mörser – große Exemplare – auf zentralen drehbaren Plattformen angebracht, ungefähr so …«, er zog mit dem Stiefel einen Kreis im Sandboden, »… in der Mitte des Schiffes. Die ganze Wucht des Rückstoßes geht direkt in den Rumpf, der extra verstärkt ist. Und was glaubt Ihr, wie viele Mörser ein Schiff mit sich führt, meine Herren? Ihr dürft raten. Nun, ich will es Euch nicht vorenthalten. Nicht weniger als drei Mörser pro Schiff. Ihr müsstet das Ausmaß der Zerstörung sehen, das sie anrichten. Wusstet Ihr, dass die Franzosen die ersten Bombarden 1684 vor Genua einsetzten? Eine furchtbare Verschwendung von Munition – zu viele zivile Opfer.«
Steel ließ den jungen Offizier einfach reden. Natürlich konnte er sich an den Beschuss von Genua erinnern, doch zu jener Zeit war er erst zehn Jahre alt gewesen. Ein alter Onkel, der Verbindungen zur Navy besaß, hatte die Nachricht eines Tages bei Steel zu Hause überbracht. Damals war die Familie erschrocken gewesen, wie auch der Rest Europas. Steel wusste noch genau, dass er in dem kleinen Schulraum in Carniston gesessen und vom Tod zahlloser Frauen und Kinder erfahren hatte. Das war nicht das Soldatentum, von dem man ihm immer erzählte. Da gab es keinen Ruhm. Von jenem Tag an war ihm klar geworden, dass die Franzosen schlecht waren. Und wenn er nun zurückblickte, wurde ihm bewusst, dass sich schon damals König Ludwigs unbändiger Ehrgeiz abzeichnete: Der eiserne Wille, die Vorherrschaft in Europa zu erlangen, koste es, was es wolle. Vielleicht hatte ihn das ursprünglich beflügelt, Soldat zu werden; aus einem Verlangen heraus, gegen die Franzosen zu kämpfen.
Seither hatten natürlich auch die Briten in dem Spiel mitgemischt. Die Namen Dieppe und Le Havre hatten sich in die Annalen der Schande eingebrannt. Andere Angriffe folgten, etwa auf Calais und Dünkirchen. Und jetzt zeichnete sich ab, dass die Navy erneut zuschlagen würde.
Forbes redete immer noch weiter. »Seht Ihr, Captain, was im Augenblick geschieht? Die Männer der Artillerie, Eure Leute also, sind an Bord der Schiffe und tun das, was wir ›Inspektion der Munition‹ nennen. Das heißt, sie überprüfen, ob alle Mörser richtig fest verankert sind. Schon bald werden sie die Lunten
Weitere Kostenlose Bücher