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Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Duell: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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und setzte seinen Weg fort. Er führte sie in südlicher Richtung durch die Stadt, doch auf einmal bog er scharf links ab und hielt sich westlich.
    Schließlich blieb er stehen und bot den anderen eine Erklärung. »Wir gehen nachher zu meinem Haus. Ihr müsst Euch ausruhen, bevor Ihr Trouin trefft. Heute geht das ohnehin nicht mehr. Außerdem ist die Stadt arg zerstört. Kommt.«
    Fabritius ging hinter Steel und Slaughter, als Brouwer sie durch Straßen führte, in denen die Auswirkungen der Sprengbomben besonders deutlich zutage traten. Schutt und schwelende Balken lagen auf dem Kopfsteinpflaster. Unter Steels Stiefelsohlen knirschten Glassplitter der zerbrochenen Fenster und Stücke von Dachziegeln. Pulvergeruch hing schwer in der Luft, und wann immer Steel in die Straßen oder Gassen lauschte, vernahm er aus den Fenstern Schluchzen und Klagen. Eine Kirchturmuhr schlug die Viertelstunde. Erst da fiel Steel auf, dass der Gesang längst verstummt war.
***
    In den Straßen tummelten sich Menschen aller Nationalitäten und Hautfarben. Unter die blassen Flamen und Niederländer mischten sich Mulatten und Latinos sowie große, bärtige Männer aus den Steppen Russlands, die Steel an die nordischen Kriege seiner Jugendtage erinnerte. Er sah Afrikaner, deren Haut so schwarz wie Ebenholz war, und sogar Katharer, die durch die Gassen wandelten. Dennoch wurde Steel das Gefühl nicht los, dass zwei hochgewachsene Soldaten wie Slaughter und er in der Menge auffielen. Da er zudem spürte, dass Brouwer sich nach wie vor seine Verbitterung anmerken ließ, versuchte er, ein Gespräch anzufangen und flüsterte, während sie im Schutz der Schatten weitergingen.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Eure Stadt so kosmopolitisch ist, Mr. Brouwer. Es muss großartig sein, hier zu leben.«
    Brouwer mied Steels Blick. »Es ist mein Zuhause. Wir bleiben unter uns. In diesem Stadtteil verkehren wir so gut wie nie. Hier wohnen nur Fremde. Außerdem sind die meisten von ihnen Schurken, sie gehören zu Trouins Leuten oder zu seinem Gefolge im weitesten Sinne. Sie haben die Stadt sozusagen in Besitz genommen, und die Franzosen unternehmen nichts dagegen. Sie machen uns das Leben nicht leicht. Unsere Kinder sind nicht mehr sicher. Mit der französischen Garnisonsbesatzung war es ja schon schlimm genug, aber diese Gestalten hier sind nicht besser als Tiere. Deshalb brauchen wir Eure Hilfe, damit Ihr uns diesen Abschaum vom Hals schafft. Wir müssen die Stadt neu aufbauen, und danach ein neues Land. Wir brauchen einen Ort, auf den wir stolz sein können, und ein Land, das sich bei der Frage der Regierung an keine andere Nation wenden muss.«
    Steel war erstaunt, wie offen Brouwer war und wie viel mehr Leidenschaft in seinen Worten mitschwang als bei ihrer ersten Begegnung. Er konnte sich mit eigenen Augen davon überzeugen, wie der Flame es im Hinblick auf die Leute in diesem Viertel meinte. Hier konnte kein Mann ruhig leben, der eine Familie zu ernähren und zu beschützen hatte. Plötzlich verstand er Brouwers Beweggründe und erkannte, woran es in diesem kleinen, unterdrückten Land krankte. Während sie in nördlicher Richtung weiter ins Stadtinnere gingen, nahm in den Straßen der Unrat allmählich ab. Und auch die Menschen, die ihnen begegneten, sahen nicht mehr wie Schurken aus wie noch im südlichen Viertel. Sie blieben vor einem kleinen, hübschen Haus mit blauen Fensterläden stehen, die nicht geschlossen waren. Steel sah, dass im Haus ein Kerzenlicht brannte. Er überlegte, wie viel Zeit vergangen sein mochte. Gewiss war es gegen sechs in der Frühe. Als wollte ihm die Stadt eine Antwort geben, schlug die Kirchturmuhr ganz in der Nähe sechsmal.
    Der Flame klopfte leise an die Tür. Kurz darauf öffnete eine Frau, die in Brouwers Alter war. Sie war klein und hübsch, auf eine schlichte, häusliche Art, und trug einen einfachen braunen Rock und ein baumwollenes Hemd. Brouwer gab ihr einen Kuss auf die Wange und sprach ein paar Worte auf Flämisch.
    Dann wandte er sich an seine Begleiter. »Das ist meine Frau Berthe. Sie wird uns die Frühmahlzeit machen.«
    Der Hausherr bat die beiden Soldaten und Fabritius ins Haus, vergewisserte sich noch einmal mit einem schnellen Blick in die Straße, dass ihnen niemand gefolgt war, und schloss die Tür. Im Haus duftete es nach frischem Backwerk. Steel hatte das Gefühl, jemand habe ihn zwanzig Jahre zurück in die Küche seiner Mutter nach Carniston verfrachtet, in das Haus in den schottischen

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