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Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Duell: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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können. Slaughter war inzwischen eingeschlafen und schnarchte laut in einer Ecke der Kammer. Er hatte seinen Kopf auf den zusammengefalteten Mantel gelegt.
    Steel wägte die Situation ab und wunderte sich einmal mehr, wie unvorhersehbar doch der Krieg war. An einem Tag harrte man unter starkem Beschuss in der Linienformation aus, am nächsten Tag erhielt man den Auftrag, eine Dame zu befreien, die in diesem besonderen Fall die Cousine seiner früheren Geliebten war.
    Die Stunden verstrichen, der Nachmittag wich dem Abend. Slaughter schreckte kurz aus seinen Träumen hoch, schlief aber wieder ein. Trotz ihrer Freundschaft – eine seltene Erscheinung in einer Armee zwischen einem Offizier und einem Sergeant – hatten sie im Verlauf der letzten Stunden kaum ein Wort gewechselt. Jeder wusste indes, was der jeweils andere dachte, wenn wieder ein Einsatz kurz bevorstand. Slaughters Heilmittel war immer eine Mütze voll Schlaf, und Steel wunderte sich, wie der Mann das anstellte.
    Während sein Sergeant für gewöhnlich schnell einschlief, wurde Steel von abertausend Gedanken heimgesucht, sobald er die Augen zumachte. Und die meisten Dinge, die ihm durch den Kopf gingen, waren nicht unbedingt angenehm. Da waren die immer wiederkehrenden Bedenken, die ihn tagein, tagaus verfolgten: Eine nicht bezahlte Rechnung der Messe, das Loch in einem der Stiefel, die Läuse, die sich in der Kleidung festsetzten, das Wohlergehen seiner Männer. Aber dann gab es noch die anderen Gedanken: Die Angst vor dem Tod und vor der Verstümmelung. Die beunruhigende Vorstellung, dass er aus dem Leben schied, ohne je ein Kind gezeugt zu haben. In diesen Momenten spürte er die Sehnsucht nach einer Frau, mit der er sein Leben teilen wollte. Mit Bedauern erinnerte er sich an die Gefährtinnen, mit denen er zusammen gewesen war.
    Und die ganze Zeit lauerte in seinem Bewusstsein die Befürchtung, dass ihn eines Tages vor einem Kampfeinsatz eine lähmende Angst befallen würde. Bislang war nichts dergleichen passiert, und er betete, das Schicksal möge ihn davor bewahren. Aber er hatte selbst miterlebt, dass Kameraden wie aus dem Nichts von dieser Furcht heimgesucht wurden. Einige verharrten dann starr auf ein und derselben Stelle und wurden getötet. Andere machten auf dem Absatz kehrt und suchten das Weite, nur um später unehrenhaft aus der Armee entlassen oder standrechtlich als Deserteur erschossen zu werden. Für jeden Soldaten und besonders für einen Mann wie Steel, der sein Leben dem Soldatentum verschrieben hatte, war diese Angst schlimmer als alles andere. Daher saß er oft da, dachte über alles Mögliche nach und fand nicht in den Schlaf.
    Schlussendlich, als das Licht des Tages schwand, klopfte es an die Tür. Marius Brouwer trat ein. Im unsteten Flackern der einzigen Kerze wirkte sein Gesicht gelblich und nicht von dieser Welt. »Wir müssen aufbrechen, meine Herren. Ich bringe Euch jetzt zu Trouins Schänke.«
    Slaughter regte sich. »Sergeant«, wandte Steel sich sofort an ihn, »Ihr bleibt mit Mr. Fabritius hier. Wenn ich in zwei Stunden nicht zurück bin, schlagt Ihr Euch irgendwie zu den Linien durch, am besten durch das Ausfalltor unterhalb der Böschung. Wenn Ihr es schafft, dann sorgt auf Eurem Weg nach draußen dafür, dass dieses Tor offen bleibt. Sobald Ihr wieder im Lager seid, begebt Ihr Euch sofort zu Colonel James Hawkins im Generalstab des Herzogs. Begebt Euch selbst dorthin, Jacob. Ich weiß nicht mehr, wem noch zu trauen ist. Sagt den Herren, dass ich entdeckt wurde und dass Lady Henrietta verloren ist. Am wichtigsten aber ist, dass die Stadt gestürmt wird. Kein Beschuss mehr durch die Bombarden. Wir müssen Ostende im Sturmangriff nehmen, wie ursprünglich geplant.«
    »Aber Sir …«
    »Keine Diskussion, Jacob. So lauten meine Befehle.«
    Slaughter wusste, wann er den Mund zu halten hatte. »Ja, Sir. Aber gebt auf Euch acht, Mr. Steel.«
    Steel lächelte und schüttelte den Kopf. Brouwer schaute von einem zum anderen und wusste nicht, wie er das Verhalten der beiden Briten deuten sollte.
    Steel wandte sich wieder ihm zu. »Gut, Mr. Brouwer. Ich bin bereit. Sergeant Slaughter wird hierbleiben. Er lässt sich nicht blicken. Wenn ich nicht zurückkomme, hat er den Befehl, ins Lager zurückzukehren und den hohen Offizieren mitzuteilen, dass die Stadt angegriffen werden muss. Aber keine Sorge, die Kanonen werden schweigen. Euch brauchen wir, um das Ausfalltor zu öffnen.«
    Der Flame lächelte. »Habt Dank. Ich verstehe,

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