Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
seine Abreise als Segen. Der Mann war immer ein Klotz am Bein. Und jetzt, da er sich mit Freude einer Belagerung widmet, haben wir freie Hand, uns auf das Hauptgeschäft dieses Feldzuges zu konzentrieren. Denn im Augenblick ist Prinz Eugens Armee im Anmarsch. Eine Armee von zwanzigtausend Mann, Gentlemen.«
Feuer lag in seinen Augen, als Marlborough zu der Staffelei ging, auf der die abgenutzte Karte stand. Sanft strich er mit der Hand darüber und zeichnete die Entfernung zwischen Münster und Höchstädt nach.
»Zusammen mit Prinz Eugens Männern verfügt unsere Armee über hundertsechzig Schwadronen Kavallerie und fünfundsechzig Infanteriebataillone. Insgesamt mehr als fünfzigtausend Mann. Morgen werden wir ihn in Münster treffen. Noch heute Abend habe ich siebenundzwanzig Schwadronen unter dem Herzog von Württemberg und zwanzig Bataillone unter dem Kommando meines Bruders zu seiner Hilfe entsandt. Meine Spione berichten, Marschall Tallard habe sich mit Marschall Marsin verbündet sowie mit den zahlenmäßig kleineren Streitkräften des Kurfürsten. Alles in allem vielleicht sechzigtausend Mann. Ja, sie sind uns zahlenmäßig überlegen, aber ihre Truppen sind in schlechterem Zustand, und sie verfügen über keinen Oberbefehlshaber.«
Marlborough wies auf die Karte. »Die Truppen lagern bei Höchstädt«, erklärte er weiter, »in einem Gebiet, das von Marschland umgeben ist. Aber ich weiß schon, wie wir sie aus ihrem Bau locken. Wir müssen sie dazu bringen, ihre Stellungen zu verlassen. Sie werden dem Verlangen nicht widerstehen können, mehr über den Feind in Erfahrung zu bringen. Tallard mag den Wunsch verspüren, auf Verzögerung und Hinhaltetaktik zu setzen, aber Marsin ist davon überzeugt, dass meine Armee sich auf dem Rückzug befindet. Auch der Kurfürst ist sicher, die Oberhand zu haben. In den Augen des Feindes haben wir halb Bayern verwüstet und ziehen uns zurück, um das Moselgebiet zu drangsalieren.«
Er warf einen Blick auf Steel.
»Aber Ihr könnt Euch darauf verlassen, Steel, dass wir bleiben und sie hier bekämpfen.«
Marlborough krallte seine Fingernägel in die Karte, an einer Stelle, die gleich weit entfernt war von Münster und Höchstädt. Ein Dorf an der Donau, die sich als breite blaue Linie über die Karte zog. Steel kniff die Augen zusammen, um den Ortsnamen besser lesen zu können, vermochte ihn aber nicht zu entziffern. Währenddessen fuhr Marlborough fort und schien wieder einmal zu sich selbst zu sprechen.
»Macht Euch bewusst, dass diese Schlacht, wenn sie denn beginnt, entscheidend sein wird. Es wird eine blutige Schlacht, von der Ihr – da bin ich sicher – noch Euren Enkelkindern erzählen werdet. So wie ich, wenn Gott will, meinen davon erzählen werde. Und jetzt bitte ich Euch, mich allein zu lassen. Vergebt mir, Gentlemen, aber ich spüre, dass meine Kopfschmerzen zurückkommen. Es gibt noch so viel zu tun. Bitte verlasst mein Zelt.«
Während sie sich von dem Zelt entfernten und im abnehmenden Licht des Tages zu den eigenen Linien zurückgingen, wandte Hawkins sich an Steel.
»Ihr dürft Euch glücklich schätzen, Jack. Es gibt nicht viele Infanterielieutenants, zu denen Marlborough so sprechen würde. Und nur wenige, denen er noch vertrauen würde, nachdem die Mission fehlgeschlagen ist, da Ihr versagt habt.«
Bei den letzten Worten zuckte Steel zusammen.
»Oh, Ihr habt nun einmal versagt, Jack. Aber er hat recht. Und er weiß so gut wie ich: Wenn jemand in der Lage ist, Jennings zu finden, dann seid Ihr es. Und nun ist er bereit, Euch eine weitere Chance zu geben, die Papiere zu beschaffen.«
Hawkins blieb stehen und blickte Steel an.
»Jack, ich sage Euch nun etwas, das bislang nur wenige wissen. Marlborough hat sich auf ein verzweifeltes Unterfangen eingelassen. Er und Prinz Eugen haben den Markgrafen absichtlich damit beauftragt, Ingolstadt einzunehmen, weil sie die Kontrolle über die alliierten Streitkräfte haben wollen. Die beiden ahnten, dass der Markgraf nie zugestimmt hätte, die Franzosen hier anzugreifen … und auch sonst nirgends, wenn man seine gegenwärtige Laune kennt. Er ist übervorsichtig. Und nach der Schlacht am Schellenberg glaubt er, dass Marlborough es geradezu darauf anlegt, das Leben seiner Männer aufs Spiel zu setzen. Prinz Eugen hingegen ist – wie Marlborough – davon überzeugt, dass die Schlacht jetzt herbeigeführt werden muss, wenn Europa von der Macht eines Tyrannen wie Ludwig befreit werden soll. Dass Ihr die
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