Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
Atemzug.«
Nach einer gewichtigen Pause fuhr er fort: »Wir sind hoffnungslos in der Unterzahl, daran gibt es nichts zu beschönigen. Wir haben keine Artillerie und nur wenige Reitereinheiten, hundertfünfzig Säbel insgesamt. Aber wir haben etwas, das die Franzosen nie hatten. Wir haben Kampfgeist. Wir können siegen, Jungs, genau wie wir bei Blenheim und bei Ramillies gesiegt haben und in Oudenaarde. Ein Sieg hier ist von entscheidender Bedeutung, nicht nur für den Konvoi, sondern vor allem für die Belagerung von Lille … vielleicht für den ganzen Krieg. Wenn die Wagenkolonne erobert wird, müssen wir uns wahrscheinlich von Lille zurückziehen und die Stadt den Franzosen überlassen. Aber dazu lassen wir es nicht kommen, Jungs! Heute werden wir auf eine neue Weise kämpfen. Wir kämpfen aus dem Wald heraus und bis zum Tod. Wichtig ist, dass wir uns nicht zeigen. Aber niemand soll glauben, dies wäre eine unehrenhafte Angelegenheit. Überraschung ist von größter Bedeutung. Wir haben die Aufgabe, den Feind zu überrumpeln.«
»Also ein Hinterhalt, Sir?«, hörte er einen Mann fragen, den er nicht sehen konnte.
»Genau, ein Hinterhalt. Gut erkannt. Wer ist hier ein Landsmann? Ihr da, Macfarlane. Ihr seid doch ein Farmerbursche, nicht wahr? Kommt Ihr nicht aus Peebles?«
»Aye, Sir.«
»Also, dann wisst Ihr ja, was ich meine, wenn ich Euch sage, Furchen zu ziehen. Benutzt Eure Bajonette dafür. Macht eine Art Kuhle, wie es Hasen tun würden. Sie soll nicht zu tief sein, aber ein Mann muss sich darin verstecken können. Das sollte kein Problem für die meisten von euch sein, Männer. Kommt schon, ihr habt doch alle während der letzten Monate abgenommen, also passt ihr in jedes Loch.«
Diejenigen, die jedes Wort verstanden, lachten auf.
»Das sind die neuen Rationen des Herzogs, Sir!«
»Maul halten, Stevens!«, grollte Slaughter.
Steel ignorierte den Kommentar und die nächsten, teilweise zotigen Zwischenrufe. »Ihr wisst, was ihr zu tun habt. Fangt besser jetzt schon an, ehe die Franzmänner heranrücken und uns sehen.«
Die Männer hatten sich kaum in den Waldabschnitten verschanzt, als auch schon die französischen Geschütze mit dumpfem Donner ertönten. Auf Hansams Uhr war es zwei Uhr mittags. Steel versuchte, anhand der Donnerschläge die Anzahl der Kanonen zu bestimmen, hörte aber bei zwanzig auf. Zwanzig Geschütze reichten allemal, wenn die eigene Truppe über keine Artillerie verfügte.
Abermals hämmerten die Geschütze in der Ferne ihre Geschosse in den Himmel, doch die Grenadiere blieben unverletzt, hockten sie doch abseits vom Geschehen im Unterholz.
Steel spähte aus dem Dickicht und sah das Blutbad auf der Ebene zwischen den Waldgebieten.
Slaughter fasste Steels Gedanken in Worte. »Arme Teufel. Der General sollte den Befehl zum Hinlegen geben.«
»Verdammt, wie lange soll das denn noch gehen?«, fluchte Williams.
Niemand antwortete. Er hatte auch mit keiner Antwort gerechnet.
Ein Mann aus London meldete sich zu Wort. »Hatten Glück, dass wir Lille und die Gräben verlassen konnten, wie? Aber das hier ist auch nicht viel besser, Jungs. Guckt euch doch die armen Kerle an.«
Es war einer der Grenadiere, der hinter einem Strauch hockte. Steel schaute in die Richtung, in die der Bursche zeigte, und sah, wie eine ganze Kanonensalve auf die Infanteristen herabhagelte, die in der Mitte Stellung bezogen hatten. Ein Mann wurde schlichtweg in Stücke gerissen, ein anderer erhielt einen Treffer in den Unterleib, sodass die Gedärme hervorquollen. Eine weitere Kugel riss einem Musketier den Kopf ab, danach dem Pferd des befehlshabenden Offiziers die Hinterbeine. Steel schaute weg.
»Es nützt nichts, jetzt zu klagen, wer auch immer das gerade war. Wir müssen unsere Aufgaben erledigen. Wir kommen auch noch an die Reihe.«
Slaughters Antwort kam im Flüsterton. »Du da hinten, du stehst unter Beobachtung. Und jetzt halt’s Maul, Black. Sei froh, dass du nicht da draußen in diesem verfluchten Hagel stehen musst und dir die Eier wegschießen lässt. Stattdessen liegst du hier abseits schön in deinem Loch.«
»Stimmt, Chalky«, rief ein anderer dazwischen. »Mach, was Captain Steel sagt. Und stell dir vor, du bist ein Hase.«
»Ich zeig dir gleich, wo der Hase läuft, Wilson! Noch mehr von diesen Bemerkungen, und ich ziehe dir bei lebendigem Leibe die Haut ab.«
Wieder war es Blacks Stimme, die zu hören war. Diesmal schwang jedoch Angst in seinen Worten mit. »Sie kommen, Sergeant. Ich
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