Steh dir nicht im Weg
fragte, wie viel Prozent der Schuld die anderen Beteiligten hatten, hat sie sich erinnert, dass sie die Kinder schon gewarnt hatte, dass sie einen schwierigen Tag hinter sich habe. Sie hatte ihnen auch gesagt, dass sie darauf angewiesen sei, dass jetzt alles reibungslos funktioniere – und die Kinder sind keineswegs mehr so klein, dass sie das nicht verstehen könnten. Da sie darauf trotzdem keine Rücksicht genommen haben, müssen sie wohl oder übel ihren eigenen Anteil schultern.
Als Frau Müller nun bei sich selbst nachschaute, kam als ihr Anteil heraus, dass sie natürlich besser entschieden hätte, den Einkauf auf einen günstigeren Zeitpunkt zu verschieben. Außerdem erkannte sie, dass ihr Perfektionismus – nämlich ihr Anspruch, immer alles optimal zu regeln – ihr wieder einmal einen Streich gespielt hatte. Ein weiterer Punkt war, dass sie sich zu wenige Lösungsmöglichkeiten für solche Situationen erarbeitet hatte. Das alles rechtfertigte jedoch nicht, sich die gesamte Schuld in die Schuhe zu schieben. Frau Müller kam zu der Erkenntnis, dass die Schuld für den Streit im Auto einigermaßen zu gleichen Teilen bei ihr, bei der Situation und bei den Kindern lag. Damit konnte sie sich von dem Vorwurf, eine Rabenmutter zu sein, freisprechen. Das tat ihr gut, aber es kam mit Sicherheit auch ihren Kindern zugute – Kinder lieben entspannte Mütter!
Wenn Sie dazu neigen sollten, sich selbst die Schuld zu geben, ist es auch wichtig für Sie darauf zu achten, wie Sie mit sich selbst dabei umgehen. Hören Sie gut auf Ihre inneren Dialoge, und was sagen Sie zu sich selbst? Sind das so aufmunternde Sätze wie: «Ich war aber auch zu dämlich! Wie kann man nur alles so verkehrt machen! Du lernst das nie! Warum machst du nur immer solchen Mist!« Solche Selbstbeschuldigungen sind gänzlich ungeeignet, um irgendwelchen Ursachen auf die Spur zu kommen. Wenn Sie eine ungünstig gelaufene Situation wirklich untersuchen wollen, ist es viel besser, sich sachlich zu fragen: »Was habe ich ganz konkret falsch gemacht? Was hätte ich tun können, um die Situation zu verändern?« Das sind konstruktive Fragen, die für das Entwickeln von positiven |134| Denkmustern und für kreative Problemlösungen ganz wichtig sind. Aus diesem Grund haben wir den konstruktiven Fragen ein eigenes Kapitel gewidmet, das Sie im Anschluss an dieses finden.
Ein weiteres Beispiel dafür, wie falsche Denkstrategien das Selbstvertrauen untergraben können, erlebten wir bei Herrn Peters:
Beispiel: Herr Peters stand seiner Karriere immer wieder selbst durch allzu große Bescheidenheit im Weg. Herr Peters verfügte, was seine Handlungsfähigkeit betraf, über sehr positive Denkmuster. Und wenn ihm etwas nicht gelang, konnte er die Ursache eines Scheiterns sehr klar erkennen, ohne sich selbst die alleinige Schuld zu geben. Sein Problem bestand jedoch darin, den eigenen Anteil an seinen Erfolgen herunterzuspielen. Seine Erklärungsmuster für seinen beruflichen Erfolg lauteten: »Es ist eben gut gelaufen, ich habe Glück gehabt, ich habe gute Mitarbeiter.« Das mutet natürlich sehr sympathisch an, ist auch sicherlich ein liebenswerterer Zug als wenn jemand allzu überzeugt von sich ist. Es führte bei Herrn Peters jedoch dazu, dass er seine Erfolge nicht wirklich genießen konnte, sein Selbstwertgefühl zu wenig ausgeprägt war, er sich und seine Leistungen viel zu schwach darstellte und sich immer weit unter Wert verkaufte.
Sich seines eigenen Anteils an seinen Erfolgen bewusst zu sein, hat nichts mit Selbstbeweihräucherung zu tun, sondern es fördert Lebensfreude und Selbstwertgefühl. Herrn Peters haben wir empfohlen, eine Zeit lang ein Erfolgstagebuch zu führen: Er sollte jeden Abend aufschreiben, was er während des Tages gut gemacht hatte. Bei einem solchen Erfolgstagebuch geht es darum, sich die alltäglichen Erfolgserlebnisse noch einmal bewusst zu machen. Durch das Aufschreiben in Ich-Form – also etwa »Ich habe heute ein gutes Gespräch geführt; ich habe eine gute Idee in die Teamsitzung eingebracht; ich habe ... zügig erledigt« – wird deutlich, wer für diesen Erfolg verantwortlich ist. Die Ich-Form ist in diesem Fall wirklich wichtig, denn wenn man sich seines eigenen Anteils bewusster werden |135| will, klingt »Ich habe ein gutes Gespräch geführt« sehr viel stärker als »Das schwierige Gespräch mit Herrn X ist gut gelaufen.«
Wenn Sie den Eindruck haben, dass auch Sie dazu neigen, Ihren Anteil an Erfolgen unter den
Weitere Kostenlose Bücher