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Steh dir nicht im Weg

Titel: Steh dir nicht im Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Dehner , Ulrich Dehner
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sechs Anläufen klang die Sache schon wirklich ärgerlich: »Du dumme Nuss, was glaubst du eigentlich, wer du bist? Ich bin doch nicht deine persönliche Sklavin, über die du nach Gutdünken verfügen kannst! Sonst kannst du doch auch reden wie ein Wasserfall, nur da kriegst du die Klappe nicht auf!«
    Wie gesagt: Es geht nicht darum, sich in Wirklichkeit so zu verhalten. Doch wenn jemand sich so im Video erlebt hat, weiß er, wie angemessener und wie unangemessener Ausdruck sich anhört und anfühlt, und er hat nach der Übung mehr Wahlmöglichkeiten zur Verfügung. Außerdem merken die Menschen bei diesem Training sehr schnell, wie viel Wirkung das eigene Skript hat. Sie spüren es einfach daran, wie viele innere Widerstände sie überwinden müssen, um sich einmal willentlich so massiv gegen einen anderen abzugrenzen oder durchzusetzen.
    |196| Als Abschluss der Übung wird das Gespräch im Rollenspiel noch einmal so geführt, wie es sich in der Realität abspielen soll. Es soll nicht überzogen sein, sondern mit adäquatem Ausdruck. Daran, wie viel leichter das jetzt fällt, erkennt der Übende selbst sehr deutlich, wie viel Erlaubnis Ärger zu zeigen er sich durch das Extremtraining erarbeitet hat.
    Gehör nicht dazu
    Die Einschärfung »Gehör nicht dazu« gibt es in zwei unterschiedlichen Erscheinungsformen, quasi mit einem positiven beziehungsweise negativen Vorzeichen. Bestücken sie es mit dem positiven Vorzeichen, vermitteln Eltern ihren Kindern: »Du bist zu gut für die anderen, also spiel nicht mit den Schmuddelkindern!« Wird die Einschärfung mit dem negativen Vorzeichen vorgebracht, so lautet sie: »Die anderen sind zu gut für dich«. Beiden gemeinsam ist, dass die betroffenen Kinder das Gefühl entwickeln, isoliert zu sein und nicht dazuzugehören.
    Diese Einschärfung wird Kindern unter Umständen auch von der Umwelt mitgegeben, wobei die Eltern das häufig dadurch unterstützen, dass sie sich ebenfalls nicht zugehörig fühlen. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren zum Beispiel viele Flüchtlingsfamilien in der Situation, von der Gemeinde, in die es sie verschlagen hatte, ausgegrenzt zu werden, und heute ist es mit der sozialen Akzeptanz dessen, was als fremdartig empfunden wird, leider immer noch nicht so weit her: Aussiedler, Asylsuchende und andere können ein trauriges Lied davon singen.
    Kinder fallen aus mannigfaltigen Gründen auch manchmal aus dem Klassenverband heraus. Sie werden vielleicht aufgrund ihres Äußeren, ihres Verhaltens, ihrer Interessen oder ihrer Talente von den anderen nicht angenommen. So kann beispielsweise eine ausgeprägte Begabung zu einem tatsächlichen Handicap für soziale Beziehungen werden. Manchmal ist es auch das Kind selbst, dem |197| schlagartig klar wird, wie viel es von den anderen trennt, sodass es sich zurückzieht mit dem Gefühl »Ich gehöre nicht dazu«. Das kann zum Beispiel passieren, wenn ein Kind nach der vierten Klasse die Schule wechselt und im Gymnasium plötzlich mit anderen Kindern konfrontiert wird, die aus wohlhabenden und »gebildeten« Familien kommen, und sich daraufhin unterlegen oder als Außenseiter fühlt.
    Im Erwachsenenalter hat jemand mit der Einschärfung »Gehör nicht dazu« entsprechend Schwierigkeiten, sich in eine Gruppe zu integrieren. Er neigt dazu, sich abzusondern und hat zumindest nach außen hin kein Interesse an Gruppenaktivitäten. Aufgrund der negativen Erfahrungen haben sich automatisierte negative Gedankenmuster entwickelt, die es dem Menschen immer wieder schwer machen, sich einer neuen Gemeinschaft anzuschließen – sei es im Beruf, einer neuen Abteilung, oder im Privatleben. Solche Gedanken können sein:
Ich passe nicht dazu.
Diese Leute sind mir zu oberflächlich/abgehoben/arrogant / bieder. – Mich will eh keiner dabeihaben.
Am besten geht es mir, wenn ich für mich bin.
Die anderen sind alle so gebildet, da kann ich gar nicht mithalten.
Die kennen sich alle schon so lange, da ist ein Neuling nicht willkommen.
Man wird mich nicht akzeptieren.
Ich bin so uninteressant, ich kann sowieso nicht mitreden.
    Mit solchen oder ähnlichen Gedanken verhindert man erfolgreich ein offenes Zugehen auf eine fremde Gruppe. Wie Sie wahrscheinlich bemerkt haben, sind auch diese negativen Gedanken mit zwei unterschiedlichen Vorzeichen versehen: Entweder man macht sich selbst ganz klein und die anderen ganz groß, oder man überhöht sich selbst und wertet die anderen ab. Beides verhindert eine freundliche Kontaktaufnahme auf

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