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Steh zu dir

Steh zu dir

Titel: Steh zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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weinend, als sie mit ihrem Vater das Krankenhaus verließ, um zurück ins Hotel zu fahren.
    »Das wird schon wieder, Liebes. Lass ihr Zeit.“
    »Und wenn es nun so bleibt?« Damit brachte Chloe ihrer aller größte Angst auf den Punkt. Bisher hatte niemand gewagt, es auszusprechen.
    »Wir werden sie zu den besten Ärzten auf dieser Welt bringen«, versicherte Jason ihr überzeugt.
    Stevie machte sich ähnliche Sorgen. Sie sprach weiterhin wie in alten Zeiten mit Carole, die sie jedoch immer nur verständnislos ansah. Hin und wieder lächelte sie, aber es war auch nicht der Funke von Erinnerung daran zu erkennen, wer Stevie war. Lächeln war für Carole etwas Neues. Ebenso wie lachen. Als sie das erste Mal wieder lachte, erschreckte sie sich derart, dass sie in Tränen ausbrach. Ihr zuzusehen war so, als würde man ein Baby beobachten. Sie musste viel Boden zurückgewinnen, und vor ihr lag harte Arbeit.
    Die Logopädin arbeitete kontinuierlich mit ihr. Sie hatten eine Britin gefunden, die Carole ziemlich forderte. Sie übte mit ihrer Patientin wieder und wieder, den eigenen Namen auszusprechen, und hoffte, dass durch das Anlegen einer Struktur irgendwann der Groschen fiel. Aber bisher war der Funke nicht übergesprungen.
    Am Morgen von Thanksgiving erzählte Stevie ihr, welcher Tag heute war und welche Bedeutung er in den Staaten hatte. Sie erzählte ihr, was sie zum Dinner essen würden. Carole sah sie fasziniert an. Stevie hoffte, ihre Worte hätten Caroles Erinnerung auf die Sprünge geholfen. Dem war aber nicht so.
    »Truthahn. Was ist das?«, fragte Carole, als hätte sie dieses Wort noch nie zuvor gehört. Stevie lächelte.
    »Geflügel, das wir zum Dinner essen.“
    »Klingt widerlich«, sagte Carole und verzog das Gesicht.
    Jetzt musste Stevie lachen.
    »Manchmal ist es das auch. Es hat Tradition.“
    »Federn?«, fragte Carole interessiert. Sie bewegten sich auf ganz einfachem Niveau. Vögel hatten Federn. Zumindest daran erinnerte sich Carole.
    »Nein. Gefüllt. Lecker.« Stevie beschrieb die Füllung, und Carole hörte aufmerksam zu.
    »Schwer«, sagte sie, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Zu sprechen. Wörter. Kann sie nicht finden.« Zum ersten Mal wirkte sie frustriert.
    »Ich weiß, und es tut mir sehr leid. Aber das kommt wieder. Vielleicht sollten wir mit Schimpfwörtern anfangen. Das könnte mehr Spaß machen. So etwas wie Scheiße, Mist, Arschloch, all die schlimmen. Warum sich mit Truthahn und Füllung abmühen?«
    »Schlimme Wörter?«, fragte Carole. Stevie nickte, und sie mussten beide lachen. »Arschloch«, sagte Carole stolz. »Mist.« Sie hatte eindeutig keine Ahnung, was das bedeutete.
    »Ausgezeichnet!« Stevie sah sie liebevoll an.
    »Name?«, fragte Carole und sah wieder traurig aus. »Dein Name«, korrigierte sie, um zu üben. Die Logopädin forderte sie immer auf, in ganzen Sätzen zu sprechen. Aber das gelang ihr so gut wie nie. Noch nicht.
    »Stevie. Stephanie Morrow. Ich arbeite in L. A. für dich. Und wir sind Freundinnen.«
    »Nett«, sagte Carole. »Stevie.« Sie probte das Wort. »Du bist meine Freundin.« Das war der längste Satz, den sie bisher gebildet hatte.
    »Ja, das bin ich.«
    Jason kam ins Zimmer, um ihr kurz Hallo zu sagen, bevor er zum Thanksgiving-Dinner ins Hotel fuhr. Die Kinder waren bereits im Ritz und zogen sich um. Heute Vormittag waren alle schwimmen gewesen. Carole sah zu ihm hoch und lächelte.
    »Arschloch. Mist«, begrüßte sie ihn. Jason sah erst sie und dann Stevie überrascht an. Er fragte sich, ob Carole Rückschritte machte. »Neue Wörter.« Sie strahlte ihn an.
    »Oh. Großartig. Und sehr nützlich.« Er lachte und setzte sich.
    »Dein Name?«, fragte sie. Er hatte ihn ihr bereits genannt, aber offenbar hatte sie ihn wieder vergessen.
    »Jason«, antwortete er leicht bekümmert.
    »Bist du ein Freund?«
    Er zögerte kurz, bevor er antwortete, und bemühte sich dann, möglichst locker und normal zu klingen. Dies war kein leichter Augenblick, und er zeigte wieder einmal, dass sie sich tatsächlich an nichts aus ihrer Vergangenheit erinnerte. »Ich war dein Mann. Wir waren verheiratet und haben zwei Kinder. Anthony und Chloe. Die beiden waren gestern hier.« Er hörte sich müde an, vor allem aber niedergeschlagen.
    »Kinder?« Sie sah ihn verständnislos an, bis ihm klar wurde, warum.
    »Sie sind jetzt schon groß. Erwachsene. Es sind unsere Kinder, aber sie sind zweiundzwanzig beziehungsweise sechsundzwanzig Jahre alt. Sie haben dich

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