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Steh zu dir

Steh zu dir

Titel: Steh zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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niemanden. Ich habe zwei Kinder«, sagte sie und wirkte immer noch überrascht von dieser Tatsache.
    »Sie sind schon erwachsen«, erklärte sie, als müsse sie es sich selbst noch einmal vor Augen führen. »Anthony und Chloe.« Sie sah stolz aus, weil sie sich an die Namen erinnerte. Doch schließlich gab sie sich ja die größte Mühe, alles zu speichern, was man ihr sagte.
    »Ich weiß. Ich kenne die beiden von damals. Sie waren bezaubernd. So wie du.« Sie war immer noch so schön wie früher. Es erstaunte ihn, wie spurlos die Zeit an ihr vorübergegangen war. Natürlich entging ihm nicht die frische Narbe auf ihrer Wange.
    »Du wirst dich erinnern. Es fällt dir irgendwann alles wieder ein.« Carole nickte, wirkte jedoch nicht überzeugt. Noch fehlte ihr so vieles, und das spürte sie auch ständig. »Waren wir gute Freunde?«, fragte sie, als sei sie auf der Suche nach etwas. Aber was es auch war, sie bekam es nicht zu packen. Sie fand einfach nichts über diesen Mann in ihrem Kopf. Was auch immer er ihr bedeutet hatte, war verschwunden, zusammen mit all den anderen Details aus ihrem Leben. Ihr Gedächtnis war wie eine leere Tafel.
    »Ja, das waren wir.« Sie saßen eine Weile lang schweigend zusammen, bis er schließlich zögernd zu ihrem Bett ging und vorsichtig ihre Hand ergriff. Sie ließ ihn gewähren, weil sie nicht wusste, was sie sonst hätte tun sollen. »Ich bin sehr froh, dass es dir besser geht. Ich war schon einmal hier, als du noch geschlafen hast. Es ist ein großes Geschenk, dass du wieder bei Bewusstsein bist.« Carole wusste, dass die anderen das ebenso empfanden. »Du hast mir gefehlt, Carole. Ich habe in all den Jahren an dich gedacht.« Sie wollte ihn fragen, warum, traute sich aber nicht. Es hörte sich für sie zu kompliziert an. Etwas an der Art, wie er sie ansah, beunruhigte sie. Sie konnte sich dieses Gefühl nicht erklären, aber dieser Mann sah sie anders an, als Jason oder die Kinder es taten. Deren Zuneigung strömte ihr unverhohlen entgegen, während dieser Mann etwas Geheimnisvolles an sich hatte. Es kam ihr so vor, als würde er vieles nicht aussprechen, es ihr jedoch mit den Augen sagen. Sie hatte Mühe, es zu verstehen.
    »Es ist nett von dir, mich zu besuchen«, sagte sie höflich. Diese Phrase kam ihr wie von selbst über die Lippen. So ging es ihr jetzt manchmal. Bei anderen Gelegenheiten wiederum rang sie um jedes Wort.
    »Darf ich wiederkommen?« Sie nickte, unsicher, was sie sonst entgegnen könnte. Gesellschaftliche Umgangsformen verwirrten sie noch. Irgendwie meinte sie zu spüren, dass dieser Mann mehr gewesen war als nur ein Freund.
    Aber er hatte nicht gesagt, dass sie verheiratet waren. Und sie kam einfach nicht von selbst darauf, welche Rolle er in ihrem Leben gespielt hatte.
    »Danke für die Blumen. Sie sind wunderschön«, sagte sie und suchte in seinen Augen nach den Antworten, die er ihr nicht gab.
    »So wie du«, sagte er und hielt weiter ihre Hand. »Du hast noch immer diese mädchenhafte Ausstrahlung.«
    Sie sah ihn überrascht an, weil ihr plötzlich etwas eingefallen war, worüber sie bisher nicht nachgedacht hatte. »Ich habe keine Ahnung, wie alt ich bin. Weißt du es?« Natürlich wusste er, dass sie jetzt fünfzig war. Fünfzehn Jahre waren vergangen, seit sie ihn mit fünfunddreißig verließ. Er war aber nicht sicher, ob er ihr diese Information geben sollte.
    »Das spielt keine Rolle. Du siehst noch jung aus, und ich bin jetzt ein alter Mann. Achtundsechzig.« Sein Gesicht zeigte zwar Spuren seines Alters, aber er versprühte die Energie und Vitalität eines jungen Mannes.
    »Du wirkst jünger«, sagte sie freundlich. »Arzt bist du also nicht. Was machst du dann?« Er wirkte auf sie immer noch wie ein Arzt ohne weißen Kittel, trotz seines gut sitzenden dunkelblauen Anzugs und des anthrazitfarbenen Mantels. Seine Kleidung war geschmackvoll und gediegen, mit weißem Hemd, akkurat gebundener Krawatte, das weiße Haar perfekt geschnitten und frisiert. Die typisch französische randlose Brille vervollständigte das Bild.
    »Ich bin Anwalt.« Seine frühere Laufbahn verschwieg er.
    Das spielte jetzt keine Rolle mehr.
    Sie nickte und betrachtete ihn neugierig, bis er ihre Hand an seine Lippen führte und zärtlich die vom Anschlag noch ganz verschrammten Finger küsste.
    »Ich werde wiederkommen. Du musst dich jetzt ausruhen.« Und dann fügte er hinzu: »Ich denke die ganze Zeit an dich.« Sie fragte sich, warum. Es war frustrierend, keinerlei

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