Steh zu dir
traurig.
»Wenn sie genau das gebraucht hätte? Warum habe ich die Schauspielerei nicht an den Nagel gehängt, nachdem wir geheiratet haben?« Im Nachhinein schien ihr das vernünftig, aber Jason schüttelte den Kopf und lachte.
»Ich glaube, du hast immer noch nicht verstanden, was für ein berühmter Star du bist. Als wir uns kennenlernten, ging es mit deiner Karriere gerade steil bergauf. Du warst auf dem Weg nach ganz oben. Es wäre eine Schande gewesen, das aufzugeben. Du hast Unglaubliches geleistet und es daneben noch geschafft, dich sozial zu engagieren und deinen Namen für einen guten Zweck einzusetzen. Und darüber hinaus bist du eine gute Mutter gewesen. Ich denke, deshalb ist Anthony auch so stolz auf dich. Wir alle sind stolz. Chloe hätte wahrscheinlich in jedem Fall das Gefühl gehabt, zu kurz zu kommen. Sie ist einfach so.
Vielleicht ist das ihre Methode, immer das zu bekommen, was sie will. Glaube mir, keines deiner Kinder wurde jemals vernachlässigt oder zu wenig geliebt. Ganz im Gegenteil.«
»Ich wünschte nur, Chloe würde anders empfinden. Sie sieht so traurig aus, wenn sie über ihre Kindheit redet.«
Das verursachte Carole ein schlechtes Gewissen, obwohl sie gar nicht wusste, was sie getan hatte oder eben nicht.
»Sie macht eine Therapie«, sagte Jason leise. »Seit einem Jahr. Sie will endlich darüber hinwegkommen. Vielleicht trägt dieser Bombenanschlag sogar dazu bei, dass sie endlich erkennt, wie glücklich sie sich schätzen kann, dich zu haben. Du bist eine Vier-Sterne-Mom.«
Carole war ihm dankbar für seine Worte. Während sie ihm zuhörte, hatte sie sich etwas überlegt. Nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus konnte sie ein paar Wochen in London bleiben. Vielleicht würde Chloe das gefallen und ihr zeigen, dass Carole viel an ihrer Tochter lag. Carole konnte die Vergangenheit weder zurückholen noch umschreiben. Aber sie konnte es von nun an besser machen.
Zweifellos fand Chloe, dass sie als Kind betrogen worden war. Und vielleicht war das hier Caroles Chance, es wiedergutzumachen und ihrer Tochter das zu geben, was sie meinte, nie bekommen zu haben. Carole war jedenfalls bereit dazu. Das war momentan das Wichtigste, was auf ihrem Programm stand. Dieses Buch, an dem sie laut Stevie schrieb, konnte warten. Seit dem Bombenanschlag setzte Carole andere Prioritäten. Dies war ein höllischer Weckruf gewesen und vielleicht die letzte Chance, etwas zu korrigieren. Carole wollte die Gelegenheit ergreifen, so lange ihr noch Zeit dazu blieb.
Danach redeten sie eine ganze Weile lang über andere Themen. Carole betrachtete Jason, der auf demselben Stuhl saß wie zwei Tage zuvor Stevie, und ihr von ihrem Leben erzählte. Sie wollte vor allem wissen, welche Rolle er darin gespielt hatte.
»Was ist bei uns schiefgegangen?«, fragte sie mit traurigem Blick. Sie hatten sich scheiden lassen, folglich konnte man wohl kaum von einem Happy End sprechen.
»Puh … das ist nicht leicht zu beantworten …« Er war nicht sicher, ob sie schon stabil genug war, um die ganze Geschichte zu ertragen.
»Ehrlich gesagt ist mir das selbst nicht klar«, sagte er schließlich. »Ich habe jahrelang versucht, es herauszufinden. Du warst damals auf dem Höhepunkt deiner Karriere, und ich steckte in einer Midlife-Crisis. Beides kollidierte und zerstörte unsere Ehe. Aber natürlich war es ein bisschen komplizierter. Anfangs ging es uns wunderbar. Als wir heirateten, warst du zweiundzwanzig und bereits ein Star. Ich war einunddreißig, arbeitete seit fünf Jahren erfolgreich an der Wall Street und wollte in einen Film investieren. Es ging dabei nicht um großartige Gewinne, sondern um den Spaß an der Sache. Bei einem Meeting in New York lernte ich Mike Applesohn kennen. Er war damals schon ein bedeutender Produzent und arbeitete als dein Agent. Das tut er übrigens heute noch. Er lud mich nach L. A. ein, wo er gerade die Verträge für einen Film unter Dach und Fach brachte. Ich flog hin, unterschrieb und lernte dich kennen. Du warst das schönste Mädchen, das mir je begegnet ist. Und darüber hinaus warst du auch noch nett. Du warst so süß und jung und hattest diese unwiderstehliche Südstaatenausstrahlung. Obwohl du erst vier Jahre zuvor nach Hollywood geholt wurdest, warst du bereits ein Star. Trotzdem hattest du viel von einem liebenswerten, unschuldigen Kind, als wäre dieser ganze Starrummel spurlos an dir vorübergegangen. Du warst immer noch derselbe bescheidene, warmherzige und ehrliche
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