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Steh zu dir

Steh zu dir

Titel: Steh zu dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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wusste er mehr über ihr Leben in Hollywood als jeder andere.
    »Wo sind wir uns begegnet?« Carole wollte die ganze Geschichte hören.
    »Du hast mir im Drugstore an der Ecke eine Tube Zahnpasta verkauft und warst das hübscheste Mädchen, das mir je begegnet ist«, sagte er lächelnd. Er bemühte sich, nicht die Narbe auf ihrer Wange anzustarren. Carole hatte sie mittlerweile selbst entdeckt, seit sie wieder laufen konnte und allein ins Bad ging. Anfangs war sie schockiert, aber dann wies sie sich zurecht, dass sie schließlich mit dem Leben davongekommen war. Das war alles, was momentan zählte. Und sie wollte ihre Erinnerungen zurückbekommen, das war ihr wichtiger als eine makellose Schönheit.
    »Ich habe dich zu Probeaufnahmen nach Hollywood eingeladen. Später hast du mir gestanden, dass du dachtest, ich sei ein Zuhälter. Nett, nicht wahr?« Er war ein ausgelassener Mann und lachte dröhnend bei der Erinnerung daran, obwohl er die Geschichte schon tausend Mal erzählt hatte. Carole lachte mit ihm. Ihr Wortschatz war schon wieder so umfangreich, dass sie das Wort kannte.
    »Du bist von Mississippi, von der Farm deines Vaters, nach New Orleans gekommen. Dein Dad war wenige Monate vorher gestorben, und du hast die Farm verkauft.
    Von dem Erlös hast du damals gelebt und mir nicht einmal erlaubt, dein Ticket zu bezahlen. Du sagtest, du wollest dich mir gegenüber zu nichts ›verpflichtet‹ fühlen. Du hattest damals einen unglaublichen Südstaatenakzent. Ich fand es toll, aber für die Leinwand war es unmöglich.«
    Carole nickte, weil Jason ihr bereits etwas Ähnliches erzählt hatte. Als sie ihn damals heiratete, war noch ein Rest davon hörbar. »Du kamst nach L. A., und deine Probeaufnahmen waren der Hammer.«
    »Und wie sah mein Leben davor aus?« Er kannte sie länger als jeder andere. Jason hatte ihr grob davon erzählt, aber er wusste sicher nicht viel mehr.
    »Ich weiß es nicht genau«, gab Mike ehrlich zu. »Du hast viel von deinem Vater und deiner Kindheit auf der Farm erzählt. Du musst sehr an ihm gehangen haben und hast dich in diesem winzigen Ort außerhalb von Biloxi sehr wohl gefühlt.« Als sie das Wort hörte, machte es bei ihr klick.
    »Norton«, sagte sie wie von selbst und sah die anderen überrascht an.
    »So hieß der Ort. Norton.« Mike strahlte. »Ihr hattet Schweine, Kühe, Hühner und … «
    »Ein Lama«, fiel sie ihm ins Wort. Zum ersten Mal erinnerte sie sich von allein an etwas.
    Mike drehte sich um und sah Stevie an, die Carole aufmerksam beobachtete. Carole nickte. Mike hatte ihr eine Tür geöffnet. Kein anderer hatte das bisher vermocht.
    »Ich besaß ein Lama. Mein Vater hat es mir zum Geburtstag geschenkt. Er sagte, es hätte genauso große Augen und lange Wimpern wie ich – und einen ebenso langen Hals.
    Er meinte immer, ich sähe lustig aus.« Sie redete, als könne sie seine Worte hören. »Mein Dad hieß Conway.« Mike nickte nur und traute sich nicht, Carole zu unterbrechen. Etwas Entscheidendes war passiert, das wussten sie alle drei. Carole erinnerte sich an Details aus ihrer Kindheit. Offenbar musste sie bis zum Anfang zurückgehen. »Meine Mom starb, als ich noch klein war. Ich habe sie nie wirklich kennengelernt. Auf dem Klavier stand ein Foto von ihr, mit mir auf dem Schoß. Sie hieß Jane und war sehr hübsch. Ich sehe ihr ähnlich«, sagte Carole, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Meine Grandma hieß Ruth. Sie hat immer Plätzchen für mich gebacken und starb, als ich zehn war.«
    »Das wusste ich gar nicht«, sagte Mike leise. Aber Carole erinnerte sich offenbar sehr gut an sie.
    »Grandma war ebenfalls sehr hübsch. Mein Dad starb kurz bevor ich meinen Schulabschluss machte. Sein Laster stürzte in einen Straßengraben und überschlug sich.« Sie erinnerte sich plötzlich wieder an alles. »Sie sagten mir, ich müsse die Farm verkaufen, und ich …« Carole brach hilflos ab und sah die anderen an. »Ich weiß nicht, was dann passierte.«
    »Du hast die Farm verkauft und gingst nach New Orleans.
    Dort habe ich dich entdeckt«, half Mike ihr aus, aber sie wollte sich selbst erinnern. Es gelang ihr jedoch nicht. Für den Moment war das alles gewesen, ein kleiner Ausschnitt aus ihrer Vergangenheit. Noch immer sah sie das Foto ihrer Mutter und Ruths Gesicht vor ihrem geistigen Auge.
    Danach plauderten sie eine Weile lang über dies und das. Mike ergriff Caroles Hand. Er sagte es nicht, aber er konnte es kaum ertragen, sie in diesem Zustand zu sehen.

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