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Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Titel: Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicia Englmann , Rola El-Halabi
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Der gesunde Menschenverstand ist machtlos gegen das Herz.
    Trotzdem sprach ich mit Kosta zunächst offen darüber, warum unsere Beziehung nicht funktionieren würde. Vor allem deshalb nicht, weil mein Vater ihn nie im Leben akzeptieren würde. Weder ihn noch einen anderen Mann. Nach meiner Karriere als Boxerin, da könnte ich mich nach einem Mann umsehen, hatte mein Vater immer gesagt. Beziehungen zu Männern waren bei uns in der Familie ansonsten ein absolutes Tabuthema. Es war nicht auszudenken, dass wir Mädchen mit unseren Eltern darüber gesprochen hätten, welche Jungs oder Männer uns gefielen. Oder dass wir vielleicht gerne einen Freund hätten. Das durfte sich nicht einmal Katja erlauben. Sooft sie meinem Vater in den kleinen Alltagsdingen auch die Stirn geboten hat, auch für sie war klar, dass sie keinen Freund haben durfte. Wir wussten, dass, egal, welcher Mann uns gefallen hätte, mein Vater dagegen gewesen wäre. Sogar gegen einen frommen muslimischen Libanesen aus dem Dorf, aus dem mein Vater stammte. Papa war in dieser Hinsicht eben genau nicht der Klischee-Araber, der seine Tochter im Alter von 18 Jahren an einen Cousin verheiratet. Er war eher das Gegenteil, er wollte mich um nichts in der Welt hergeben. Nicht ein einziges Mal haben er oder andere Verwandte versucht, mir einen Ehemann schmackhaft zu machen. Ich sollte eher gar nicht heiraten. Papa fürchtete wohl, er könnte mich an einen anderen Mann verlieren.
    Meine Schwester Katja war von dieser Verlustangst nicht so sehr betroffen wie ich, aber für sie galten natürlich dieselben Regeln wie für mich. Einen Freund hätte auch sie offiziell niemals haben dürfen. Katja war aber schon immer raffinierter als ich, auch trotziger und willensstärker und für meinen Vater nicht so leicht zu durchschauen. Auch wenn sie manches seiner Verbote umging, etwa wenn es um die Kleidung ging, hätte aber auch sie viel zu viel Angst vor ihm gehabt, um heimlich einen Freund zu haben. Mir konnte er sofort ansehen, ob ich nervös war, traurig oder glücklich, aber Papa war in dieser Zeit ja auch fast den ganzen Tag mit mir zusammen. Ob bei der Physiotherapie, im Training oder bei Sponsorenterminen, immer war er dabei. Und zu Hause saßen wir dann wieder gemeinsam um den Esstisch.
    Niemandem in meiner Familie konnte ich mich anvertrauen, obwohl es die Menschen waren, mit denen ich fast meine gesamte Zeit verbrachte. Dass mein Vater Kosta ablehnen würde, wie er jeden Mann ablehnen würde, wusste ich. Dass meine Mutter mir gegen meinen Vater nicht den Rücken stärken würde, wusste ich auch. Außerdem wollte ich weder meine Mutter noch meine Schwester in die Sache hineinziehen, denn wenn sie eingeweiht gewesen wären, hätte sich der Zorn meines Vaters auch auf sie bezogen. Nur mit meiner besten Freundin konnte ich darüber reden, wie es mir ging, sonst mit niemandem.
    Es stand für alle Beteiligten viel auf dem Spiel, nicht nur für mich. Unsere Liebe war es wert, sie zu verstecken, bis wir beide, Kosta und ich, uns sicher waren, dass wir es ernst miteinander meinen. Kosta war bekannt in der Stadt, weil er ein Café hatte, und die meisten Leute wussten noch nicht einmal, dass er sich von seiner Frau getrennt hatte. Mich kannten durch den Sport auch viele Leute. Einfach so zusammen in ein Café zu gehen, etwas zu trinken und zu flirten, das war daher unmöglich, denn das hätte sich sofort herumgesprochen. Bis zu meinem Vater. Schon die Sache mit der Einladung in das griechische Restaurant hatte sich ja schnell verbreitet.
    Kosta und ich konnten uns daher selten treffen, hatten kaum Gelegenheit, uns richtig gut kennenzulernen. Im Training sahen wir uns zwar regelmäßig und konnten uns unterhalten, aber nur wie normale Trainingskollegen, nicht wie freie, glückliche Menschen. Im Grunde mussten wir mit der Entscheidung für uns und unsere Beziehung eine Lebensentscheidung treffen, die wir nicht gut begründen konnten und für die wir viel zu wenig Zeit hatten.
    Kosta bot immer an, selbst mit meinem Vater zu sprechen. Doch ich sagte ihm voraus, was passieren würde: Mein Vater würde ihn nicht akzeptieren und Gründe dafür suchen, warum er nichts für mich sei. Dass Kosta geschieden sei. Dass er Grieche sei. Dass alle Welt sagen würde, Rola sei der Grund für Kostas Trennung gewesen, eine Schande also. Ich fürchtete, dass unsere Beziehung schon deshalb nicht funktionieren würde. Aber Kosta war zuversichtlich, und er gab mir etwas von seiner Zuversicht ab. Trotz

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