Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Titel: Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicia Englmann , Rola El-Halabi
Vom Netzwerk:
ich hier schon in Berlin bin, mit Tommy und Jürgen, meinen treuen Weggefährten. Ich brauche meine Menschen um mich herum, besonders jetzt, bin wütend auf Kosta, dass er nicht da ist, freue mich aber, dass gleich meine Leute im Fanbus ankommen – meine Mutter, meine Schwester, mein Bruder, die ganzen Ulmer in Fanshirts. Sie halten zu mir, und ich brauche sie, denn allein kann ich mich hier nicht durchbeißen.
    Ich spüre, dass er da draußen ist und lauert. Und er kommt näher. »Just a man and his will to survive. He’s watching us all with the eye of the tiger.« 6

Der Schatten kommt näher
    Am Morgen des 1. April, des Tags des Kampfes, bekam ich auf dem Handy einen Anruf meines Vaters. Ich ging nicht ran. Gleich danach kam ein Anruf von meiner Schwester. Mein Vater war auf dem Weg nach Berlin, wollte den Fanbus stoppen und seinen Sohn herausholen. Es gab Handy-Anrufe und eine riesige Streiterei. Er verlangte, dass der Bus auf der Autobahn anhielt, damit er seinen Sohn mitnehmen könne. Seine Begründung dafür war: Er habe gehört, bei meinem Kampf seien Leute aus dem Rotlichtmilieu als Sicherheitspersonal engagiert. Und dieses Umfeld wolle er seinem jüngsten Kind nicht zumuten. Meine Mutter und meine Schwester weigerten sich trotz Geschrei und Beschimpfungen, den Bus anhalten zu lassen und meinen Bruder herauszugeben. Mein Vater tobte, aber er hatte keinen Erfolg.
    Der Hintergrund der Sache war, dass ich mir andere Sicherheitsleute gesucht hatte als diejenigen, die bisher bei meinen Kämpfen engagiert gewesen waren. Ich kenne in Ulm nur zwei Sicherheitsfirmen, und der Chef der einen ist ein langjähriger, enger Freund meines Vaters. Er hatte sich aus dem Konflikt rausgehalten und wollte sich nicht zwischen uns stellen. Ich rief also bei der Konkurrenz an, einem Erzfeind meines Vaters – was mir in dem Moment aber gleich war, denn ich wollte einfach zwei zuverlässige Sicherheitsleute haben. Der Chef selbst und ein Angestellter begleiteten mich also nach Berlin.
    Mein Vater hatte nun gehört, dass einer der beiden sich im Rotlichtmilieu bewegen sollte. Ich wusste das auch, doch es hatte mich nicht gestört, weil das im Sicherheitsgewerbe auch nichts Besonderes ist. Man darf ja nicht vergessen – der beste Freund meines Vaters, der »liebe Onkel«, war Geschäftsführer eines Bordells, und mein Vater war selbst Sicherheitsmann gewesen. Er wusste also, wie die Branche war. Dennoch kam er mit dem fadenscheinigen Argument, er wolle seinen Sohn nicht in diesem Umfeld sehen.
    Er fragte meine Schwester noch, warum ich überhaupt Sicherheitsleute bräuchte. Meine Schwester lachte ihn daraufhin aus und spottete: »Weil es da jemanden gibt, der droht, sie über den Haufen zu schießen!« Mein Vater war empört und schimpfte, dass ich auf keinen Fall Sicherheitsleute »von denen« haben sollte. Er sagte, dass er mir jetzt stattdessen zehn von seinen Leuten schicken würde. Er meinte das offenbar wirklich todernst. Wieder lachte meine Schwester ihn nur aus, und dann war das Gespräch beendet. Ich hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache, sah wieder das irre Grinsen vor mir. Doch Kosta beruhigte mich am Telefon: »Der will doch nur wieder provozieren. Wir sind es doch gewohnt. Lass es gut sein. Konzentriere dich auf deinen Kampf.« Dennoch spürte ich, wie der Schatten näher kam.

Im Herzen der Finsternis
    Als ich gegen Abend in die Halle in Berlin-Karlshorst kam, waren alle schon da. Verwandte, Freunde, Fans. Wie immer war ich etwa drei bis vier Stunden vor dem Kampf in der Halle, um mich bereitzumachen und die Atmosphäre aufzusaugen. Draußen im Zuschauerraum begrüßte ich meine Leute, setzte mich eine Zeit lang zu ihnen und sah mir ein paar der Vorkämpfe an. Sogar der Cousin meiner Mutter war mit seinen Kindern angereist. Im Publikum war alles wie immer, und die Stimmung war großartig. Diesmal freute ich mich ganz besonders, dass so viele meiner Leute den weiten Weg nach Berlin gefahren waren, um mich zu unterstützen.
    Zwei Stunden vor meinem eigenen Kampf ging ich dann in meine Kabine. Ich zog mich um, schnürte mir die Boxstiefel zu und band den kleinen Ring, den Kosta mir geschenkt hatte, an einen der Schnürsenkel. Dann ließ ich mir langsam die Tapes an den Händen anlegen und meine Haare zu kleinen Zöpfen flechten, wie ich sie im Kampf immer trage. Meine Kabine war die letzte in einem langen Gang, ganz hinten, dafür mit einer großen Fensterfront. Vor der Tür stand schon einer meiner

Weitere Kostenlose Bücher