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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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keine Juden und keine Linken, weil die seiner Meinung nach schuld an allen Übeln sind, die wir in diesem Land haben. Versuchst du zu argumentieren, wiederholt er nur autistisch seine Dumpfbackensprüche.«
    »Und, hat er was gesagt zu den Parolen an der ›Villa Floric‹ oder zu seinem verschwundenen Kollegen?«
    »Den Parolen stimmt er inhaltlich zu, sein Kollege ist ihm egal und natürlich weiß er von nichts und sein Name ist Hase. Aber ich denke, wenn er doch was weiß, braucht es jetzt nur noch einen kleinen Kick. In diesem Sinne: Kobra, übernehmen Sie!«
    »Vielen Dank, Kollege! Wir werden unser Glück versuchen!«
    Eichhorn verabschiedete sich und Jansen begann, die Unterlagen auf seinem Schreibtisch hin und her zu schieben, bis er auf das stieß, was er gesucht hatte.
    »Wie war das? Die Kollegen aus der neunten Etage haben doch von einem kleinen Kick gesprochen. Da hätte ich eine Idee!«
    »Was für eine Idee?«, fragte Angermüller.
    Jansen hielt mehrere Aufnahmen des Fundorts der Leiche am Steilufer in die Höhe.
    »Und? Bisher hat der Tote doch mit dem verschwundenen Algerier nichts zu tun.«
    »Das ist doch völlig egal. Der Wulff weiß das nicht und du denkst doch auch, dass es trotzdem einen Zusammenhang geben kann. Glaube ich auch.«
    »Also, ich weiß nicht.«
    »Aber ich«, sagte Jansen entschieden.
     
    Sie begannen die Vernehmung erneut mit Fragen nach seinem verschwundenen Arbeitskollegen, die Matthias Wulff jetzt ohne Zögern beantwortete. Er blieb dabei, er hatte keine Ahnung, was mit ihm passiert war. Gleichzeitig machte er eindeutig klar, dass ihm Fouhads Schicksal völlig egal war:
    »Ich hab keinen Schimmer, was mit dem Kanaken passiert ist und das geht mir auch so was von am Arsch vorbei!«
    Dann legte ihm Jansen die Fotos vor. Es war nicht so, dass die Aufnahmen von der entsetzlich zugerichteten Leiche vom Steilufer bei dem jungen Mann einen Schock auslösten. Er betrachtete sie mit fast fachmännischem Interesse. Wenn etwas daran seine Zunge löste, dann die Tatsache, dass die Beamten ihn scheinbar damit in Verbindung brachten. Mit unbewegtem Gesicht schob er die Bilder beiseite.
    »Da hab ich nichts mit zu tun.«
    »Und das sollen wir dir glauben? Ich darf dich doch duzen?«, fragte Jansen und ohne die Antwort abzuwarten: »Du magst doch keine ›Ausländerschweine‹, wie du sie nennst, hast du ja deutlich gesagt, oder? An deinem Arbeitsplatz nerven sie dich und du hast ständig Ärger mit ihnen und dann behauptest du, du hast nichts mit diesem Toten zu tun? Du bist nicht vorne mit dabei, wenn ein Nordafrikaner schön brutal totgeschlagen wird? Das wird der Staatsanwalt anders sehen, das verspreche ich dir!«
    Jansen war immer näher an Matthias Wulff herangerückt und dabei stetig lauter geworden. Der Junge starrte ihn mit einer Mischung aus Angst und Wut an.
    »Wenn du Glück hast, ist es Totschlag, wenn du Pech hast, Mord, und sogar du weißt wohl, was das heißt: lebenslänglich.«
    Die letzten Worte hatte Jansen, leise und drohend, nah am Ohr des jungen Mannes gesprochen.
    »Lasst mich in Ruhe, ihr Bullenschweine! Ich hab damit nix zu tun! Ich hab den Scheißausländer nicht umgebracht!«, brach es aus Matthias Wulff plötzlich heraus. Er war aufgesprungen und zog Jansen am T-Shirt, als ob er ihn auf diese Weise von seiner Unschuld überzeugen könnte. Der Kommissar packte ganz ruhig die Handgelenke des Jungen und hielt sie mit eisernem Griff fest, bis dieser das T-Shirt losließ und auf seinen Stuhl zurücksackte.
    »Ich hab keinen umgebracht«, wiederholte er, mehr zu sich selbst.
    »O.k., vielleicht kannst du uns ja davon überzeugen und dann könnten wir ein gutes Wort für dich einlegen«, schlug Angermüller in freundlichem Ton vor. »Vielleicht hast du uns ja doch was zu erzählen.«
    Matthias starrte vor sich hin. Sein schneller Lidschlag zeigte an, dass es in ihm arbeitete. Fast tat er Angermüller leid. Mit der Intelligenz des Jungen war es nicht sehr weit her und sie nutzten seine Unerfahrenheit mit solcher Vernehmungssituation berechnend aus. Fair konnte man ihr Vorgehen nicht nennen. Doch was war schon Fairness in einem Fall wie diesem? Was Priewe und seine Clique trieben, waren keine Dummejungenstreiche und ihre Triebfeder war menschenverachtender Hass. Natürlich stellte sich die Frage, was hatte eine Gesellschaft falsch gemacht, dass es zu solchen Auswüchsen kam? Hätte man nicht der allein erziehenden, offensichtlich überforderten Mutter viel mehr Hilfe

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