Steilufer
Eichhorn vom Staatsschutz steckte seinen Kopf zur Tür herein.
»Kann ich euch mal kurz sprechen?«
»Klar, eine kurze Pause wär sowieso nicht schlecht«, meinte Jansen und Angermüller stimmte zu. Sie ließen Priewe in der Obhut eines Beamten zurück.
»Was gibts denn?«
Eichhorn streckte einen Daumen hoch.
»Ich sage euch, der Junge redet jetzt wie ein Wasserfall!«
»Wie habt ihr das denn hingekriegt?«
»Berufsgeheimnis aus dem K5«, schmunzelte Eichhorn und hielt ihnen stolz ein Handy entgegen. »Ach, Quatsch! Zufall! Wir sind total überraschend bei ihm zu Hause aufgetaucht. Die Mutter hatte uns reingelassen und wir haben nicht lange gefackelt und sind in sein Zimmer rein und da war er gerade mit seinem Handy am Fummeln.«
»Ja, und?«
»Na ja, er machte einen ziemlich erschrockenen Eindruck und versuchte, irgendwie unauffällig das Handy verschwinden zu lassen und du kennst uns ja, das machte uns natürlich besonders scharf drauf. Was glaubt ihr, warum wir das nicht finden sollten?«
»Nu sach schon!«
»Schaut es euch an: Da ist ein nettes Filmchen drauf.«
Wie gebannt schauten Angermüller und Jansen auf das kleine Display des silberfarbenen Telefons. Bild und Tonqualität waren schlecht, das Bild war stellenweise ziemlich unscharf und wackelte und auch die Geräusche klangen etwas scheppernd und abgehackt, aber eines war klar: Hier wurde ein Mensch ziemlich böse von ein paar Leuten traktiert. Im Licht von Autoscheinwerfern lag er am Boden und die anderen bearbeiteten ihn mit Fußtritten, Gegröle war zu hören und ab und zu etwas, das wie ein Stöhnen klang und von dem Gequälten kam. Was sie sahen und hörten, ließ den beiden Beamten den Atem stocken. Jansen räusperte sich.
»Mich laust der Affe: Das ›Gourmet-Profi‹-Auto! Und wenn ich nicht ganz bekloppt bin, dann ist da auf jeden Fall unser lieber Maik zu erkennen.«
»Sehen wir auch so. Sobinsky und ich haben uns diesen Gruselfilm jetzt schon ein paar Mal angeschaut, das isser, der Priewe, 100 Prozent, und das Opfer ist der Ferhati. Ich würde vorschlagen, gleich in die Kriminaltechnik damit, Nummern auswerten und so.«
»Klar! Mach man!«
»Übrigens scheint es irgendwie Unstimmigkeiten zwischen dem Wulff und dem Priewe gegeben zu haben, ganz klar ist uns das noch nicht. Hängt wohl mit seinen Schmierereien an dem Restaurant zusammen.«
»Dann reden wir jetzt mal mit ihm?«, fragte Angermüller den Kollegen.
»Gerne, dann machen wir eine kurze Pause und gehen einen Kaffee trinken.«
In seinem armeegrünen T-Shirt und der schwarzen Hose, die unten in Springerstiefeln steckte, hing Matte kraftlos auf seinem Stuhl. Es ging ihm offensichtlich nicht gut und als Angermüller und Jansen den Raum betraten, sah er nur kurz auf und senkte dann wieder den Blick. Wie ein unterlegener Boxer saß er in seiner Ecke des Rings und hatte alle Illusionen verloren.
»Moin!«, schmetterte Jansen. »So sieht man sich wieder! Dann erzähl uns doch mal, was du über deinen Kollegen Fouhati und die Gotcha-Spiele weißt!«
»Muss das sein? Sie haben doch das Handy.«
Das klang nicht mehr wie aufmüpfiger Protest, sondern ziemlich kleinlaut und erschöpft und Angermüller fand es an der Zeit, sich Matthias Wulff gegenüber auch einmal wieder von der menschlichen Seite zu zeigen.
»Möchtest du vielleicht was trinken, Matthias, ein Wasser, einen Kaffee? Was macht dein Infekt?«
»Welcher Infekt?« Matthias sah den Kommissar verwirrt an und dann fiel ihm wohl ein, dass seine Mutter ihn damit bei der Arbeit entschuldigt hatte. „Ach, das. Ja, geht schon wieder. Kann ich einen Kaffee haben?«
»Aber klar!«
»So, jetzt leg mal los!« forderte Jansen den Jungen auf, als er seinen Kaffee bekommen hatte. Stockend erzählte er noch einmal, wie er vor einigen Wochen Maik Priewe bei dessen Lieferungen für den ›Gourmet-Profi‹ in der ›Villa Floric‹ kennengelernt hatte. Sie hatten öfter mal eine zusammen geraucht, dabei über dies und das geschnackt, Mat-thias hatte seinem häufigen Frust über seine ausländischen Arbeitskollegen Luft gemacht und Maik hatte das immer gut verstehen können.
»Was hat er denn da so gesagt?«
Immer wieder stellten die Beamten Zwischenfragen, um Matthias’ Erzählfluss am Laufen zu halten.
»Na ja, so was wie: Ärger dich nicht, die kommen auch noch dran und irgendwann hauen die von selber ab, du wirst sehen!«
Eines Abends hatte Priewe ihn dann ins ›Studio 88‹ eingeladen und auch mal zu einem
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