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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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dünnen Wolkenschleier überzogen, auf dem sich ein fahler, von einem weiten, schimmernden Hof umgebener Mond abzeichnete. Lauscher kroch aus seiner Decke und ging langsam hinüber zu der Stelle, an der Jalf bei den Pferden lag. Über dem dunklen Gras schwammen im Mondlicht die blassen Dolden des Wiesenschaumkrauts. Das Rauschen des Flusses stand wie eine Mauer in der kühlen, feuchten Luft und übertönte jeden anderen Laut. Wenn hier einer spüren konnte, daß sich eine Gefahr näherte, dann war es der Esel mit seiner empfindlichen Nase, der Wölfe schon immer als erster gewittert hatte. Lauscher setzte sich zu ihm, lehnte sich an seinen weichen Bauch und kraulte ihn in seinem kurzhaarigen Fell.
    Als er eine Zeitlang so gesessen und auf die schwarze Wand der Bäume gestarrt hatte, spürte er, wie Jalf unter seiner Hand unruhig wurde. Ein Zittern lief über sein Fell, er schnaubte leise, und dann hob er den Kopf und äugte hinüber zum Wald. Lauscher konnte nichts erkennen, aber er wußte aus Erfahrung, daß es jetzt an der Zeit war, die anderen zu wecken. Er war kaum aufgestanden, als Jalf ihm schon diese Arbeit abnahm: Er sprang auf die Beine und stieß einen rauhen, durchdringenden Eselsschrei aus, der sogar das Rauschen der Wasserfälle übertönte. »Die Wölfe kommen!« schrie Lauscher, und gleich darauf waren alle schon auf den Beinen. Auch die Pferde standen jetzt auf und drängten sich stampfend aneinander. Und dann stürzte das Rudel mit Geheul aus dem Wald, schwarze Rücken glitten durch das Gras, gelbe Augen flogen wie Irrlichter über den Boden.
    Diesmal hatte Barlo sein Tritonshorn gleich zur Hand; denn Lauscher hörte, wie der tiefe, nachhallende Ton sich über dem Rauschen des Flusses erhob und die Luft erbeben ließ. Die Wölfe standen wie erstarrt, und ehe sie wieder angreifen konnten, schien das Brausen und Klatschen in der Flußenge mit einem Mal anzuschwellen und ging dann über in ein sich überschlagendes Gelächter wie von tausend silbrig hellen Mädchenstimmen. Dieses Lachen sprühte empor zum Himmel und fiel wieder herab wie der Feuerregen von Sternschnuppen; es füllte das Tal aus von einem Ende bis zum anderen, als gäbe es nichts mehr auf der Welt als dieses Lachen. Und über der Flußenge blitzte es auf wie von nackten Leibern, die über die Kaskaden sprangen, hinauf und hinab getragen wurden, untrennbar verbunden mit dem schäumenden Wasser, das aus dem Felsspalt hervorschoß.
    Dieses Lachen war es, das die Wölfe vertrieb. Angstvoll zogen sie die Schwänze ein und drückten sich ins tiefe Gras, bis einer nach dem anderen aufsprang und zurück in den Wald huschte. Das Lachen mußte es gewesen sein, das ihnen Mut und Angriffslust genommen hatte, Lauscher war da ganz sicher; denn diesmal war kein Wasser aus dem Boden gesprudelt, diesmal hatte es keine Überschwemmung gegeben, das Gelächter allein hatte genügt. Noch immer brach es sich in vielfachem Echo an den Hängen und stieg hinauf bis zum Kamm der waldigen Bergzüge, und dieses Lachen war so unwiderstehlich, daß alle, die eben noch erschrocken und abwehrbereit um das verglimmende Feuer gestanden hatten, in dieses Gelächter einstimmten, so daß sich jetzt helle und dunkle Stimmen mischten.
    Eine unbändige Heiterkeit erfaßte alle. Die Spielleute holten ihre Instrumente hervor und fingen an, einen wilden Tanz zu spielen, allen voran Barlo, dessen Flöte hell das Brummen der Dudelsäcke und das Schwirren der Fiedelsaiten übertönte. Das fahrende Volk sammelte sich um den Tobel, in den sich der Fluß aus der Kluft heraus im Schwall ergoß, und wer kein Instrument hatte, tanzte in verwegenen Sprüngen über den Uferkies mit den Wassermädchen um die Wette, die sich, schimmernden Fischen gleich, aus den Strudeln schnellten und noch immer lachend die Männer foppten, die nach ihnen zu greifen versuchten, bis der Grüne oben über dem herabstürzenden Wasser auftauchte und sein Schneckenhorn an den Mund setzte. Tief und bebend schwoll der Ton an, bis nichts mehr zu hören war als dieses orgelnde Dröhnen, in dem der tobende Reigen sein Ende fand. Als der Ton verklungen war, lag der Wassersturz wieder verlassen im Mondlicht.
    »Dank für die Hilfe, Grüner!« rief Lauscher, und von oben klang, wie auf den Saiten einer Baßgeige gespielt, die Stimme des Wassermannes: »Dank für den Tanz! Und vergeßt nicht zu lachen.« Dann stand nur noch das stetige Rauschen des Flusses in der Nacht.
    Die Männer kehrten zurück zu ihrem Feuer und

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