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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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das an den Mauern hochbrandete, hörte Lauscher Gisas Stimme gellen. »Bringt sie zum Schweigen!« schrie sie. »Jagt sie, reißt sie, meine Wölfe!« Und als das Lachen verstummte, hörte man die Wölfe winseln. »Seid ihr feige geworden?« kreischte Gisa. »Hinaus mit euch! Zerreißt ihnen die Kehlen, daß ihnen das Lachen vergeht!« Ihre Stimme hallte noch von den Talwänden wider, als die Zugbrücke rasselnd niederkrachte. Rücken an Rücken jagte das Rudel aus dem Tor und breitete sich auf dem steilen Hang aus wie ein Fächer. Doch die Männer hatten schon ihre Bogen gespannt und schickten Pfeil auf Pfeil den herabstürmenden Wölfen entgegen. Einer nach dem anderen brach aufjaulend zusammen, rollte den Abhang hinunter bis zum Fuß des Hügels und blieb dort im Gebüsch liegen. Nach wenigen Augenblicken war der Hang leergefegt.
    Oben gähnte schwarz das offene Tor. Lauscher starrte hinauf und wartete darauf, daß Gisa dort erscheinen würde, aber nichts regte sich. Dann traf der erste Sonnenstrahl die Spitze des Turmes und ließ die goldene Wetterfahne aufblinken. Da schwang sich Barlo auf sein Pferd und gab Lauscher einen Wink, ihm zu folgen. Auch die anderen Männer saßen jetzt wieder auf und schlossen sich Barlo an, der den Weg zum Schloßtor hinaufritt.
    Als sie oben vor der Zugbrücke ankamen, sah Lauscher, wie der Himmel über dem Berghang in roten Bändern flammte. Dann brach die Sonne über die Baumspitzen und blendete seine Augen. Gleich darauf polterten schon die Hufe über die hölzerne Brücke, und die Reiter tauchten in den steilen Torweg ein. Nun waren sie abgeschnitten von der brennenden Lichtflut, kalt wehte es ihnen aus der gepflasterten Einfahrt entgegen, in der das Hufgetrappel widerhallte, daß es in den Ohren schmerzte. Lauscher fröstelte. Wieder spürte er, wie die Angst in ihm hochkroch, doch dann tauchte hinter einer Biegung der helle Ausschnitt des Hoftores auf, und die Beklemmung wich.
    Der Hof war leer bis auf ein paar Tauben, die gurrend in den Fensterleibungen der Ställe saßen. Kein Laut drang aus dem Schloß, doch die Tür über der Freitreppe stand weit offen. Barlo wartete, bis alle Reiter im Hof versammelt waren. Dann gab er das Zeichen zum Absitzen, sprang von seinem Pferd und ging langsam die Stufen hinauf. Lauscher und die anderen Männer drängten ihm schweigend nach; sie schritten durch menschenleere Gänge, vorüber an altersdunklen Bildern, und der scharfe Geruch nach Wölfen, der in allen Winkeln hing, stach ihnen in die Nase. Lauscher meinte durch einen Sumpf zu waten. Jeder Schritt kostete ihn Mühe, und als Barlo die schwere Doppeltür der Halle aufstieß und eintrat, lähmte ihn das Grauen vor dieser Behausung, die er nur zu gut kannte. Doch die anderen Männer hinter ihm spürten solche Hemmungen nicht und stießen ihn vor sich her über die Schwelle.
    Die Fenster des Saales lagen noch im Schatten. Alles war in ein fahles Zwielicht getaucht, das in merkwürdigem Gegensatz stand zu der sonnendurchfluteten Landschaft draußen jenseits der Mauern. Lauscher starrte hinaus auf die grünen Wiesenhänge unter den blauen Wäldern, als könne dieser verzweifelte Blick ihn hinausreißen aus dem lähmenden Dunst dieses Raumes und ihn aus diesem Alptraum aufwachen lassen, mitten zwischen duftenden Gräsern und Blüten. Doch er wußte zugleich, daß dies alles kein Traum war, denn in diesem Saal hatte er mit Gisa getafelt, in diesem Saal hatte er versucht, mit seiner leisen Stimme Befehle zu erteilen, in diesem Saal hatte er Gericht gehalten. Und nun hörte er auch Gisas Stimme, die er so oft in diesem Saal gehört hatte. »Lauscher«, sagte Gisa, »hast du mir deinen Stein gebracht?«
    Er wandte seinen Blick vom Fenster ab und sah sie am anderen Ende des Saales stehen. Ihre blauen Augen waren wie Eis, und auf ihrer kalkweißen Stirn schwoll das Mal wie ein böses drittes Auge, dessen starrem Blick er nun nicht mehr ausweichen konnte. Er sah nur noch dieses schwarzblaue Mal, das schwoll und schwoll, bis es sein Bewußtsein ausfüllte mit bodenloser brüllender Angst, die jeden anderen Gedanken aufsog und nichts zurückließ als schwarze Leere, die ihm den Atem abdrückte. Im Krampf der Erstickung riß er sich das Hemd auf und umklammerte den Beutel mit Arnis Stein. Und da war in diesem namenlosen Entsetzen plötzlich wieder ein fester Punkt, an den er sich halten konnte. Wärme drang in seine Finger ein, und er spürte den festen Boden unter den Füßen.
    Er sah nun auch

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