Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
Vom Netzwerk:
eintauchten. Hier konnten sie hören, daß noch mehr Männer den gleichen Einfall gehabt hatten. Überall krachte es im Unterholz, und die Axtschläge hallten durch den Wald.
    »Habt ihr auch so lustige Gäste, Eldar?« rief ein Bauer herüber. »Sind zwar windige Burschen, aber sie verstehen einem Mut zu machen mit ihrer Fröhlichkeit. Barlo soll auch mit ihnen gekommen sein. Weißt du, wo er ist?«
    »Hier bei mir«, sagte Eldar. »Und gestern abend hat er sich mit meiner Tochter verlobt.«
    Da lachte der andere und sagte: »Der hat’s aber auf einmal eilig! Wenn schon eine Hochzeit geplant wird, kann der Spuk ja nicht mehr lange dauern.«
    Barlo hatte mit Lauscher im Gebüsch gestanden und das Gespräch mit angehört. Jetzt trat er aus dem Wald heraus auf die Wiese, daß alle ihn sehen konnten, und spielte auf der Flöte sein Lied mit allen drei Strophen, und jeder konnte verstehen, wie der Text lautete, so daß schließlich alle mitsangen, als er es zum zweiten Mal flötete.
    »Wann jagen wir das Geschmeiß aus deinem Schloß?« fragte einer, als das Lied zu Ende gesungen war.
    »Macht eure Bogen fertig und wartet, bis ich euch Nachricht gebe«, flötete Barlo. »Bis dahin könnt ihr üben, wie man richtig lacht, falls ihr es vergessen habt. Meine Freunde werden euch schon zeigen, wie man das macht.« Als sie wieder hinunter zu Eldars Hof gingen, sah Lauscher, daß Barlo Holz für zwei Bogen geschlagen hatte.
    Eine Woche lang blieben Barlo und Lauscher auf dem Hof. Mit Hilfe der zwei Zuchtstuten hatte Eldar seinen Pferdebestand wieder beträchtlich vermehrt, wenn auch die Frauen und Kinder bei der Arbeit überall hatten mit anpacken müssen. Zusammen mit Barlos Pferd und Lauschers Esel standen jetzt zwölf Tiere im Stall, und Eldar war froh, seinen Pferdeknecht wieder im Haus zu haben. Vergnügt vor sich hinpfeifend verrichtete Barlo die vertraute Arbeit und unterwies seinen Diener in den Feinheiten dieser Kunst.
    Lauscher war ungeduldig. Drüben auf dem Schloß hauste noch immer Gisa mit ihren Knechten, und sein Herr benahm sich so, als sei er allein deshalb hierhergekommen, um sich der Stallarbeit und Pferdepflege zu widmen. Waren sie nur aus dem einzigen Grund so lange durch das Land geritten, um von Schafhirten zu Pferdeknechten zu werden? Das schien ihm ein allzu geringer Fortschritt zu sein.
    Sogar am Abend, wenn sie in der Stube beieinandersaßen und ihre Bogen herrichteten, machte Barlo den Eindruck, als schnitze er an irgendeinem belanglosen Spielzeug herum. Auch Eldrade bemerkte das. »Damals, als du deinen letzten Bogen geschnitzt hast«, sagte sie, »hast du ein anderes Gesicht gemacht, Barlo.«
    Barlo schaute sie an und zog fragend die Augenbrauen hoch.
    »Nein«, sagte Eldrade. »So wie du jetzt aussiehst, mag ich dich lieber.«
    Da lachte er kurz auf und beschäftigte sich dann weiter mit dem Stück Eibenholz.
    Die ganze Woche hindurch blieben die Wölfe still. Lauscher wartete jeden Abend auf ihr lang gezogenes Heulen, doch es war immer nur der Wind, der um das Rieddach sauste. Als sie am siebenten Abend wieder in der Stube saßen, fragte er: »Ob wir sie schon vertrieben haben?« Barlo schüttelte den Kopf und deutete in Richtung auf das Schloß. Dann nahm er seine Flöte und spielte das Lied von Schön Agla; denn das hörte Eldrade besonders gern.
    Während er noch flötete, klopfte es draußen an das Fenster. Einen Augenblick lang saßen alle wie erstarrt. Es klopfte noch einmal, und dann hörte man jemanden pfeifen, eine kurze Tonfolge wie ein Signal. »Bragar!« rief Gildis, sprang auf und lief aus der Stube hinaus und zur Haustür. Als die anderen nachkamen, hatte sie schon den Riegel zurückgeschoben und die Tür geöffnet. Lauscher sah draußen im Dunklen einen etwas kurzbeinigen Mann mit auffallend breiten Schultern stehen. »Bragar«, sagte Gildis noch einmal. Da war er mit zwei Schritten bei ihr und nahm sie in die Arme.
    »Ich habe mir schon gedacht, daß du hier in unserem Haus bist, Barlo«, sagte Bragar, als sie wieder in der Stube saßen. »Ich habe eine Nachricht für dich. Vor drei Tagen sind Lauro der Steinsucher und dieser ungeheure Bursche namens Krautfaß mit einem Haufen von Spaßvögeln im Gebirge aufgetaucht und haben ein derartiges Gelächter angestimmt, daß Gisas zottige Knechte beinahe den Verstand verloren. Die nackte Angst stand in ihren gelben Augen, als sie zu ihren Pferden liefen und wie gehetzt ins Tal hinunterjagten. Krautfaß hat uns dann erzählt, was sie so

Weitere Kostenlose Bücher