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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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damit er mir’s zeigen kann!«
    Jetzt wurde Rulosch allmählich wütend über die Ungebärdigkeit dieses Mannes, der so wenig Achtung vor dem Gerichtsort zeigte. »Laß das Geschwätz!« sagte er scharf. »Hier ist nicht der Ort um herauszubekommen, wer der bessere Messerheld ist, sondern der Ort, um Recht zu sprechen. Schweig jetzt und sprich nur, wenn du gefragt wirst!«
    Er lehnte sich zurück, atmete tief durch und fragte dann mit ruhiger Stimme: »Könnt ihr das bezeugen, was Bargasch berichtet hat? Sprich du, Haulesch!«
    Der alte Fischer, der sich bereits früher zum Wortführer gemacht hatte, stand jetzt auf und sagte: »Wir waren nicht dabei, als die Sache anfing, denn da gingen wir noch oben über den Uferweg. Dann hörten wir einen Schrei aus der Richtung von Bargaschs Anlegeplatz und sahen, wie dieser Mann mit dem Messer auf ihn einstach. Da rissen wir ihn zurück und nahmen ihm sein Messer weg. Neben dem Feuer fanden wir dann noch seinen Ledersack mit einem Dutzend lebendiger Aale darin.«
    »Fischraub also und Mordversuch«, sagte Rulosch und wendete sich wieder an den Bärtigen. »Daß du Bargasch umbringen wolltest, hast du mir ja gleich zur Begrüßung verraten. Was hast du mir zu deiner Verteidigung zu sagen?«
    »Daß ich mich einen Dreck um euer Geschwätz schere!« sagte der Bärtige. »Ich suche mir, was ich brauche, und nehme es mir, wo ich es finde. Und wer mich daran hindern will, bekommt mein Messer zu spüren. So habe ich es immer gehalten und werde es auch weiter so halten, auch wenn ihr hier auf euren fetten Ärschen sitzt und das nicht fassen könnt. Euch treibt der Grüne ja die Beute geradewegs ins Netz, ohne daß ihr dabei viel Mühe aufzuwenden braucht, aber wenn einer wie ich auch einmal ein bißchen zuzugreifen versucht, schreit ihr gleich Zeter und Mordio und beruft euch auf euer Recht. Wer hat euch denn das Recht auf diese Fischgründe gegeben? Irgendwann haben es sich eure Leute genommen, so wie ich mir heute ein paar Aale genommen habe.«
    »Wenn du ins Dorf gekommen wärst, hätte man dir schön etwas zu essen gegeben«, sagte Rulosch. Doch das brachte den Bärtigen nur noch mehr auf.
    »Ein paar stinkige Fischköpfe, um die man erst noch betteln muß!« sagte er. »So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt. Ich lange selber zu, wenn es sein muß mit Gewalt. Und ihr werdet mich nicht daran hindern!« Mit einem unvermuteten Ruck riß er sich los und sprang zur Tür. Doch ehe er sie mit seinen gebundenen Händen öffnen konnte, waren die Männer schon über ihm und schleppten ihn zurück zum Gerichtstisch. »Er ist wie ein wildes Tier, das man am besten erschlägt«, sagte einer von ihnen.
    »Und ihr seid schlimmer als Tiere!« schrie der Bärtige. »Kein Tier hindert das andere, im Wald zu jagen und zu fressen, was es will. Aber ihr breitet ein fein ausgesponnenes Netz von Gesetzen über das, was ihr für euren Besitz haltet, und wer sich nicht nach euren Bräuchen richten will, den jagt ihr weg und laßt ihn lieber verhungern, als daß ihr eine Masche für ihn offen haltet. Macht doch, was ihr wollt!«
    »Sonst hast du mir nichts zusagen?« fragte Rulosch. Der Bärtige zuckte mit den Schultern und gab keine Antwort mehr. Da stand Rulosch auf und sagte: »Da offenbar nichts mehr vorzubringen ist, will ich meinen Spruch sagen. Zum Ersten hat dieser Mann ein Dutzend Aale aus Bargaschs Reusen geraubt.«
    »Dreizehn«, sagte Bargasch, »einer davon kochte schon in der Suppe.«
    »Also dreizehn«, wiederholte Rulosch, »aber über diesen Raub hätte man sich wohl noch einigen können. Zum andern jedoch hat dieser Mann einen unserer Leute angefallen und versucht, ihn zu töten. Obendrein hat er sich in dieser Stube noch gerühmt, daß er auch künftig unter solchen Umständen nicht anders verfahren würde. Er ist wirklich wie ein wildes Tier und eine Gefahr für jeden, der ihm über den Weg läuft.«
    »Dann schmeißt mich doch in euren See, damit die Aale noch fetter werden!« schrie der Bärtige.
    Rulosch blickte ihn ungerührt an und sagte: »Nicht in den See. Der See dient unserem Leben und nicht dem Tod. Auch könnte es dem Grünen mißfallen, wenn wir sein Reich auf solche Weise beschmutzen. Wir werden dich ins Moor bringen.«
    »So macht ihr das also«, sagte der Bärtige merkwürdig ruhig. »Wann?«
    »Jetzt gleich«, sagte Rulosch. Er stand auf, und auch die andern Fischer erhoben sich. Die beiden, die den Bärtigen bewachten, zerrten ihn zur Tür hinaus und durch den

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