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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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hat ihn wohl immer wieder ermutigt; denn er hielt große Stücke auf diesen Mann.«
    »Du nicht?«
    »Nein, ich nicht«, sagte Warja. »Aber mein Vater war schwer zu überzeugen.«
    Lujos blickte während dieser Aussage gleichgültig zur Seite, aber man sah ihm an, daß er sich nur mühsam beherrschte. Auch Barlo schien das zu bemerken, denn er sagte jetzt: »Lassen wir diese persönlichen Angelegenheiten. Sage mir jetzt, ob du etwas von der Verabredung gewußt hast, die Terlos mit deinem Vater getroffen haben soll.«
    »Nicht viel«, sagte Warja. »Einen Tag, bevor dies alles geschehen ist, hat mir Terlos gesagt, er wisse jetzt, wie er meinen Vater davon überzeugen könne, daß Lujos nicht der richtige Mann für mich sei, und ich könne sicher sein, daß damit auch der Widerstand aus dem Wege geräumt würde, den mein Vater seiner eigenen Werbung entgegensetzte. Er schien mir seiner Sache sehr sicher zu sein, und ich vertraute ihm, wie ich ihm auch heute noch vertraue.«
    »Mehr hat er dir nicht verraten?« fragte Barlo.
    »Nein«, sagte Warja. »Das war wohl auch nicht nötig.«
    »Dann kannst auch du zur Seite treten«, sagte Barlo, »denn jetzt will ich hören, was Terlos über diese Verabredung zu sagen hat.«
    Warja ging hinüber zu der Stelle, an der die anderen beiden Zeugen standen, aber sie blieb in einigem Abstand von Lujos stehen, wendete ihm den Rücken zu und blickte Terlos an, der die ganze Zeit über kein Auge von ihr gelassen hatte. Auch wenn sie nicht so freimütig über ihr Verhältnis zu Terlos gesprochen hätte, wäre jetzt keinem der Zuschauer mehr verborgen geblieben, wie die beiden zueinander standen.
    »Du solltest erst einmal mich ansehen, Terlos«, sagte Barlo. »Willst du jetzt sagen, was du von Wargos wolltest?«
    »Ja«, sagte Terlos, »aber dazu muß ich etwas weiter ausholen. Als ich zwei Tage vor dem Mord am Abend oberhalb von Wargos’ Viehweide durch den Wald ging, sah ich einen Fremden in den Büschen stehen. Es erschien mir so, als habe er sich dort versteckt und warte auf jemanden. Mir fiel ein, daß Wargos vor ein paar Wochen zwanzig Kühe von der Weide gestohlen worden waren: Den Knecht, der nachts bei der Herde wacht, hatte man stockbetrunken im Gebüsch gefunden, und er schwor später Stein und Bein, daß er nicht wisse, wie der Branntwein in seine Flasche gekommen sei; denn er selbst habe sie mit Wasser gefüllt, aber nach dem ersten Schluck habe er dann nicht mehr aufhören können zu trinken. Ich dachte mir, daß der Fremde etwas mit dem Viehdiebstahl zu tun haben könnte. Also blieb ich hinter einem Baum stehen und wartete auch. Und nach einer Weile kam tatsächlich jemand über die Weide heraufgestiegen. Der Fremde trat aus den Büschen heraus, und als der andere bei ihm stehenblieb, erkannte ich Lujos. Du wirst verstehen, Barlo, daß mich die Sache jetzt um so mehr interessierte. Ich stand auch nahe genug, um zu verstehen, was die beiden miteinander sprachen. Lujos fragte den Fremden, ob er das Geld habe. Noch nicht, sagte der. Es sei zu gefährlich, das Vieh hier in der Nähe zu verkaufen. Vier Kühe könne er in zwei Tagen an den Mann bringen; die übrigen treibe ein Freund von ihm übers Gebirge, und er erwarte ihn erst in zehn Tagen mit dem Geld zurück. Darauf sagte Lujos zu dem Fremden, er solle übermorgen am Abend das Geld für die ersten vier im hohlen Baum verstecken. Er werde es sich dann schon holen. Mit dem Rest solle er in zehn Tagen genauso verfahren.«
    »Was ist das für ein hohler Baum?« fragte Barlo.
    »Eine alte Buche, die oben am Waldrand steht«, sagte Terlos. »Jeder nennt sie hier so. Lujos sagte noch zu dem Fremden, er solle pünktlich sein, wenn ihm daran läge, noch weiterhin solche Geschäfte zu machen. Dann ging er wieder hinunter ins Dorf, und der Fremde verschwand im Wald. Jetzt wußte ich, wie Wargos’ Kühe abhanden gekommen waren: Lujos hatte den Knecht betrunken gemacht, damit der Fremde das Vieh in aller Ruhe wegtreiben konnte.«
    »Er lügt!« schrie Lujos, der Terlos mit steigender Erregung zugehört hatte. »Glaubt ihm kein Wort!«
    »Das zu entscheiden, ist meine Sache, Lujos!« sagte Barlo scharf, und dann forderte er Terlos auf, mit seiner Aussage fortzufahren.
    »Du weißt jetzt, was ich Wargos zu erzählen hatte und was ich ihm zeigen wollte«, sagte Terlos. »Doch er glaubte mir kein Wort von dem, was ich ihm berichtete. ›Wenn du deinen Rivalen bei mir ausstechen willst‹, sagte er, ›wirst du kein Glück haben.‹ Da

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