Steine der Macht - Band 4
und dann „Cleared for takeoff 09.“ Claudia, die ebenfalls ihren Kopfhörer aufgesetzt hatte, musste lachen und Wolf schob den Gashebel nach vorne. Der Motor der Cessna heulte auf und langsam setzte sich das Flugzeug auf der doch recht holprigen Graspiste in Bewegung. Nach einigen Hundert Metern hob der Flieger schließlich ab und wenige Sekunden später befanden sie sich bereits ein paar Meter über dem Meer. Wolf checkte jetzt nochmals die Instrumente. Er erschrak. Der Fahrtmesser zeigte auf null.
Das war nicht gut, nein, absolut nicht gut! Für einen Moment dachte er daran, wieder umzukehren, um in Unije nachsehen zu können, was da mit dem Instrument nicht in Ordnung war. Doch blitzartig fiel ihm ein, dass er auf der welligen Graspiste ja nur mit Mindestgeschwindigkeit landen könnte, und ohne Fahrtmesser wäre das schlichtweg ein Himmelfahrtskommando. Er musste in dieser Situation an den tödlichen Unfall vor zehn Tagen denken. Dieser Flieger war ja wegen zu geringer Fahrt in Bodennähe abgestürzt. Auch die Worte seines Fliegerkameraden Walter von gestern Abend gingen ihm durch den Kopf, „Fahrt ist Leben“ hatte dieser zu ihm gesagt.
Also setzte er etwas deprimiert seinen Flug fort. Vor Claudia ließ er sich nichts anmerken, er tat so, als wäre alles völlig normal. Für sie war es doch der allererste Flug in einem Kleinflugzeug und sie sollte es auch genießen können. Er flog mit ihr noch einige Runden über die Buchten an der Südspitze der istrischen Halbinsel, dort, wo sie schon als Jugendliche mit ihren Eltern öfter den Urlaub verbracht hatte. Claudia machte viele Fotos und freute sich wie ein Kind, als sie die ihr so gut bekannte Gegend nun auch aus der Luft sehen konnte. Wolf musste nur zusehen, dass er immer schnell genug unterwegs war und keine zu steilen Kurven flog. Das funktionierte alles recht gut, aber die bevorstehende Landung auf dem Airport von Pula bereitete ihm Sorgen. Da fiel ihm plötzlich sein GPS-Gerät ein, das er in der Flugtasche dabeihatte. Er ließ es sich von Claudia geben, schaltete es ein und schon nach kurzer Zeit konnte er darauf zumindest seine Geschwindigkeit über Grund ablesen. Das waren immerhin über einhundertzwanzig Knoten. Aber landen konnte man mit so einer hohen Geschwindigkeit nicht, noch dazu, wo über der Betonpiste von Pula Airport doch sicher eine Temperatur von vierzig Grad herrschen würde. Runter mussten sie aber in jedem Fall, denn der Tankinhalt würde nicht bis Salzburg reichen. Mit welcher Geschwindigkeit sollte er Pula anfliegen? Wenn das Flugzeug bei der Landung zu schnell war, würde es bei der geringsten Bodenberührung sofort wieder abheben. Und wenn Wolf den Flieger auf der Landebahn mit dem Höhenruder nach unten drücken würde, dann wäre es möglich, dass das Bugfahrwerk der enormen Belastung nicht standhielt und einknickte.
Als Claudia die riesige Landbahn von Pula aus der Luft sah, meinte sie: „Super, jetzt landen wir auch hier auf dieser tollen Bahn.“
Wolf nickte mit gespielter Ruhe, bereitete sich auf den Anflug vor und ersuchte den Tower um Landefreigabe. „OE-DID, temperature 38, wind 300 degrees, 5 knots, cleared to land runway 09“, kam als Bestätigung aus dem Kopfhörer. Die Runway war fast drei Kilometer lang und Wolf reduzierte seine Geschwindigkeit bis auf neunzig Knoten laut der Anzeige auf seinem GPS-Gerät. Ganz sachte flog er immer tiefer, bis die Räder der Cessna den Boden berührten. Es kam so, wie er erwartet hatte, die Maschine hob sofort wieder ab, um nach weiteren einhundert Metern wieder die Landebahn zu berühren und danach abermals aufzusteigen. Dieser Vorgang wiederholte sich dreimal. Dann, als Wolf sah, dass die Höhe nur mehr einen Meter betrug, ließ er die Landeklappen voll ausfahren, womit er dann rasch die richtige Geschwindigkeit erreichte, bei welcher das Flugzeug schließlich am Boden blieb.
Claudia klatschte: „Das war eine butterweiche Landung, viel sanfter als die großen Ferienflieger, mit denen ich schon geflogen bin.“
Wolf meinte nur gelassen: „Danke für das Kompliment! Ich habe mir auch Mühe gegeben.“
Sie erledigten die Zollformalitäten und ließen den Flieger auftanken. Jetzt konnte er Claudia über den Instrumentenausfall unterrichten, was diese aber nur beiläufig wahrnahm. Für sie bedeutete das nicht mehr, als wenn lediglich eine Kontrollbirne ausgefallen wäre.
Der Start verlief wie gewohnt problemlos und auch die Alpenüberquerung stellte keine besondere
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