Steine der Macht - Band 4
Herausforderung an Wolf dar.
„Ist es eigentlich gefährlich, ohne Fahrtmesser zu fliegen?“, fragte Claudia, als sie hoch über den Gipfeln der Alpen dahinflogen.
„Eigentlich nicht, würde ich sagen“, antwortete Wolf, „außer bei der Landung. Weißt du, in Bodennähe, da muss man unbedingt die richtige Geschwindigkeit haben, so wie uns Walter gestern gesagt hat.
Dazu fällt mir gerade mein Prüfungsflug ein, den ich vor zwanzig Jahren, übrigens mit der vor zehn Tagen abgestürzten Cessna, absolviert hatte. Damals waren alle siebzehn Prüfungskandidaten und die Fluglehrer auf der Wiese neben der großen Runway in Salzburg versammelt. Auch der Prüfer von der Luftfahrtbehörde war dort anwesend, um festzustellen, wie genau die Landungen erfolgten. Wir alle mussten eine sogenannte Spotlanding durchführen. Das heißt, den Motor in sechshundert Metern über dem Flugplatz auf Leerlaufdrehzahl stellen und dann das Flugzeug, ohne erneut Gas zu geben, auf einem markierten, fünfzig Meter langen Abschnitt auf der Rollbahn landen. Natürlich konnten wir das in den Wochen davor ausgiebig üben. Ich war der erste Kandidat und deshalb ziemlich aufgeregt. Deswegen klappte meine Einteilung bei der Landung nicht optimal. Ich kam damals trotz voll ausgefahrener Landeklappen mit einer zu hohen Geschwindigkeit herunter. Die Cessna berührte dennoch genau den ausgewählten Abschnitt auf der Runway, aber es war eher ein Aufschlag, den das Fahrwerk dieser robusten Maschine gerade noch vertrug.
Aber dieser Aufschlag katapultierte die Cessna wieder zehn bis fünfzehn Meter in die Luft hinauf, wo sie dann mit leicht nach oben geneigter Schnauze fast stehen blieb.
Der Fahrtmesser zeigte keine vierzig Meilen mehr an. Bei fünfundvierzig Meilen sollte der Flieger laut Handbuch aber bereits herunterfallen.
Die ‚Stall-Warning‘, welche kurz vor dem Strömungsabriss, dem unmittelbar darauf das Abkippen folgt, ein hässliches Geräusch von sich gibt, ertönte fast gleichzeitig. Ich schob den Gashebel mit der rechten Hand rasch nach vorne und mit der Linken drückte ich blitzartig das Höhenruder, um das Flugzeug nach unten zu lenken. Ich hatte Glück, der Motor nahm das Gas an, ohne sich zu ‚verschlucken‘, und heulte auf. Die Cessna neigte sich sofort steil mit der Schnauze nach unten und raste auf die Betonpiste zu. Etwa einen Meter über der Landebahn gelang es mir, die Maschine wieder in eine gerade Fluglage zu bringen. Ohne den Boden zu berühren, gewann die Cessna ganz langsam wieder an Höhe und ich konnte einen zweiten Versuch starten, bei dem mir dann die Spotlanding auch super gelang.
In dem Augenblick, als ich das Flugzeug nach unten gedrückt hatte, rannte der Prüfer schon zur vermeintlichen Absturzstelle und Otto, der alte Flugschulleiter, biss seine Zigarette zwischen den Zähnen ab. Die reden heute noch über diesen Zwischenfall, der böse enden hätte können. Aber obwohl ich meine, irgendwie gehts immer, war damals doch eine Riesenportion Glück dabei.“
Claudia war bei dieser Schilderung von Wolf ganz still geworden. Mittlerweile hatten sie den Alpenhauptkamm überflogen und würden die Kontrollzone von Salzburg in circa fünf Minuten erreichen.
Nachdem Wolf die Wetterdaten vom Airport in Salzburg per Funk eingeholt hatte, meldete er sich auf der Towerfrequenz und bekam die Landefreigabe in Form eines „straight in approaches“. Das hieß, sie konnten in gerader Linie direkt auf die Landebahn zufliegen.
Die Landung in Salzburg verlief ebenso wie in Pula und Wolf informierte anschließend noch den Flugzeugwart über den Ausfall des Fahrtmessers, der daraufhin die Cessna sofort für weitere Flüge sperren ließ.
Als die beiden dann anschließend in einem Gastgarten einen Apfelsaft tranken, nahm Wolf den Kristall nochmals heraus und sie überlegten, was er wohl zu bedeuten hatte. „Ich werde Becker fragen, was es damit für eine Bewandtnis hat“, sagte er zu Claudia.
Kapitel 21
***
Julietta
Wieder zu Hause angekommen, musste er auch Linda das Fundstück zeigen. Er rief sie an, nahm den Bergkristall und fuhr zu ihr. Er erzählte ihr auch von den Zwischenfällen, welche sie beim Flug erlebt hatten, und Linda meinte: „Bei dir gibt es doch immer gefährliche Situationen, normal läuft bei dir doch gar nichts ab. Ich denke da gerade an den Tag, als wir mit dem letzten Tropfen Benzin in Marokko über der Sahara nach El Aiuun geflogen sind, oder im Sandsturm ohne jegliche Sicht über dem Atlantik von
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