Steinhauer, Franziska
Größe, sondern von Ihren Charaktermängeln abgeschreckt werden!“
Berta zog sich wieder in ihre starre Verweigerungspose zurück.
„Ihr dreht mir die Worte im Mund rum. Mit euch spreche ich nicht mehr!“, verkündete sie und hielt sich starrköpfig daran.
„Wer hätte das von der Berta gedacht?“, sinnierte Annemarie. „Wir sind von jeher Nachbarn. Niemals wäre mir der Gedanke gekommen, Berta könnte ihre Schwester ermordet haben!“
„Ach, ich weiß nicht. Hast du mal gesehen, was für ein Gesicht sie macht, wenn sie kleine Katzen tötet?“ Reni schüttelte sich.
„Das kannst du doch nicht miteinander vergleichen. Zu viele Katzen sind schließlich ein Problem. Da muss man eingreifen! Aber Maria war ihre Schwester! Helene ihre Nichte! Meine Güte! Unter Geschwistern streitet man schon mal, sicher gibt es dabei auch Momente, in denen man sich wünscht, der andere möge tot umfallen! Aber ermorden? Das ist ja wohl etwas völlig anderes!“
„Und der arme Leopold. Er hat wahrscheinlich Berta beobachtet und musste später wohl behaupten, er habe Jakob gesehen. Was für schreckliche Dinge mag die Berta dem Jungen wohl angedroht haben, falls er es nicht tut?“
„Jedenfalls ist er immer schreiend davongelaufen, wenn er den Jakob getroffen hat. Aber am meisten ärgert mich, dass wir uns wie dumme Schafe haben benutzen lassen! Und dieser Überfall auf Helene! Fast gestorben wäre das arme Kind. Alle jungen Männer im Dorf wurden vernommen – selbst meinen eigenen Bruder habe ich damals verdächtigt – und nun stellt sich raus, dass es die Tante war!“, schimpfte Annemarie.
„Die Berta sitzt! Nun wird das Dorf endlich zur Ruhe kommen!“
„Nein, Ruhe gibt es erst, wenn auch der Mord im Widum aufgeklärt ist!“, behauptete Annemarie.
„Wir haben uns doch immer wieder gefragt, ob nicht der Mörder der Platzgrummer wieder töten könnte?“, meinte Frieder nachdenklich. „Was, wenn es genauso war?“
„Die Berta? So ein Unsinn!“
„Komm, Frieder! Das ist doch wirklich Quatsch! Damals kann die Berta doch höchstens fünfzehn oder sechzehn gewesen sein!“, protestierte auch Annemarie.
„Ja. Groß und stark. Das war sie schon immer. Damals hat sie bereits in einem Bett geschlafen, das der Toni extrafür sie hergestellt hat, weil die normalen zu kurz für sie waren. Zu der Zeit war sie gerade so richtig in die Aufgaben einer Bäuerin hineingewachsen.“ Frieder nickte gedankenverloren. „Ja, ja!“
„Aber warum hätte die Berta denn die Platzgrummer ermorden sollen? Die beiden hatten doch so gut wie keine Berührungspunkte.“ Reni schüttelte ratlos den Kopf. „Das kann nicht sein!“
„So ganz stimmt das nicht. Die Platzgrummer hatte nur vorübergehend die Stelle beim Pfarrer Steinkasserer angenommen. Sie wollte ihm helfen, die Zeit zu überbrücken, bis sich jemand anderer fand, der ihm den Haushalt führen würde. Der fesche Pfarrer hätte sicher auch bald jemanden gefunden. Einige Male habe ich die Platzgrummer im Gespräch mit Peter Pumpa gesehen. Sie haben intensiv diskutiert. Angenommen, die Wirtschafterin wäre bereit gewesen, auf den Pumpahof zu kommen. Um den Haushalt und die Käserei zu führen und die Mädchen zu erziehen? Was für ein unerträglicher Gedanke könnte das für die selbstbewusste Berta gewesen sein, die so stolz darauf war, alles im Griff zu haben – auch den störrischen Vater!“
„Aber aus welchem Grund sollte der Pfarrer dann seit Jahren schweigen? Ja mehr noch! Sich eine Räubergeschichte ausgedacht haben, um die Berta zu schützen? Das ist doch alles Unfug, Frieder!“
„Ist es nicht! Stellt euch vor, die Berta hätte ihm gedroht, zu behaupten, der Pfarrer habe sie vergewaltigen wollen, die Platzgrummer sei ihr zu Hilfe geeilt und er habe sie im Handgemenge umgebracht!“
„Ach, Frieder! Jetzt geht aber wirklich die Fantasie mit dir durch!“, lachte Reni ein wenig unsicher.
Frieder ließ sich von seiner Theorie jedoch nicht mehrabbringen: „Ich denke mir das so: Der Pfarrer hatte Besuch, was die Berta nicht wusste. Sie schleicht ins Widum, klopft an, und die Platzgrummer nimmt sie mit in ihre Kammer. Warum auch nicht? Bestimmt dachte sie, das Mädchen wolle einen Rat von ihr. Sie weiß ja nicht, welche Gefahr von ihr ausgeht. Es kommt zu einer Rangelei, die Berta packt die Platzgrummer bei der Kehle und drückt zu. Doch der Pfarrer hat seltsame Geräusche gehört. Er kommt herunter und erwischt die Berta. Die droht ihm, der Polizei zu
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