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Steinhauer, Franziska

Steinhauer, Franziska

Titel: Steinhauer, Franziska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst
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verdammt noch mal gleichgültig, wovon diese unsägliche Person überzeugt ist! Hier einzudringen und Marias Habe zu stehlen, ist ein Verbrechen! Dafür werde ich sie bei den Carabinieri anzeigen!“
    „Ach, Jakob“, schluchzte Waltraud leise. „Ich dachte, du wärest gekommen, um endlich Frieden zu schließen!“
    Jakob schwieg betreten.
    Waltrauds Mann, sein einziger Bruder, lag im Sterben, und er regte sich über den Diebstahl einiger Kleider auf,die wahrscheinlich ohnehin längst dem Mottenfraß zum Opfer gefallen wären!
    Beschämt räusperte er sich.
    „Tut mir leid, Waltraud. Du hast ja völlig Recht. Ich bin noch keine zehn Minuten im Haus, da will ich schon jemanden anzeigen. Es ist dumm von mir, so zu reagieren – und dann belästige ich auch noch dich damit. Wo du im Moment ganz andere Probleme hast!“
    „Ist schon gut. Haben sie wieder Transparente aufgehängt? Oder Schilder an den Zaun gebunden?“
    „Nein“, log Jakob. „Ich lüfte jetzt durch, und dann werfe ich die Heizung an. Ist verflixt kalt im Haus!“
    Waltraud lachte leise.
    „Ja, tu das. Mir scheint, du hast dich mittlerweile ziemlich an das milde Klima am Rhein gewöhnt!“
    „Mag sein, ja, mag tatsächlich sein. Das Haus vom alten Heinrich Lindner wird renoviert.“ Er stockte. Plötzlich war ihm der Name des Besitzers wie von selbst wieder eingefallen. „Entsteht da auch ein Hotel?“
    „Nein – das hat irgendeine Organisation gekauft, die mit Kindern zu tun hat. Vielleicht wird das ein Waisenhaus. Diese Gruppe hat St. Gertraud eine großzügige Spende zukommen lassen, damit der Naturlehrpfad und der Wanderweg um den See besser angelegt werden. Du kannst dir vorstellen, dass man im Ort mehr als erfreut über die Käufer ist.“
    „Und Heinrich?“
    „Heinrich geht’s gut. Er hatte schon lange mit dem Gedanken geliebäugelt, St. Gertraud zu verlassen. Nun ist er siebzig, will endlich seine Hände in den Schoß legen und in den letzten Jahren seines Lebens andere für sich arbeiten lassen. Er ist nach Meran gezogen.“
    „Gute Idee. Warum sollte man sein Lebensende nicht mit dem genießen, was man zuvor hart erwirtschaftet hat? Finde ich gut! Ich hoffe nur, dass diese Kinder, die hier einquartiert werden sollen, keine Resozialisierungsfälle sind. Eine Gruppe ehemaliger Straftäter! Das wäre eine Katastrophe für die St. Gertrauder! Dagegen käme ihnen meine Rückkehr sicher wie ein Geschenk des Himmels vor!“ Jakob Gumper lachte schallend, bis er kaum noch Luft bekam.
    Als er den Heizkessel im Keller einschaltete, ertönte ein vertrautes Brummen. Der Warmwasserboiler arbeitete demnach noch, und der Brenner zeigte an, dass er nunmehr damit beschäftigt war, das Haus von Kälte und Feuchtigkeit zu befreien. Bald würde es behaglich warm sein.
    Jakob schloss das Wohnzimmerfenster, drehte in jedem Raum, den er betrat die Heizkörperthermostate hoch, und öffnete die Fensterläden.
    Entschlossen machte er sich anschließend daran, die Räume im Obergeschoss in Augenschein zu nehmen.
    Helenes Bett.
    Der Blutfleck auf dem Flickenteppich davor hatte die Jahre ihrer Abwesenheit überdauert. Jakob starrte ihn betroffen an. Dann packte er den kleinen Vorleger und warf ihn zum Fenster hinaus.
    Er würde ein neues Bett und einen neuen bunten Teppich kaufen, einen weichen, groß genug, um den widerlichen Fleck auf den Dielen darunter zu verbergen.
    In Helenes Schrank hingen noch einige der winzigen Kleider mit Rüschen an Kragen und Ärmeln, die Maria ihrer Tochter so gerne zum Kirchgang angezogen hatte. Die Kleine war darin wie eine Prinzessin neben ihrer Mutter herstolziert.
    Neue Vorhänge waren auch notwendig. Helene wäre es sicher angenehm, ihr Zimmer nach ihren eigenen Wünschen neu gestalten zu können. Er würde Maß nehmen und mit ihr gemeinsam alles besorgen, was sie brauchte – um ihr das Zurückkommen zu erleichtern.
    Jakob warf einen Blick in Heikos Zimmer.
    Sein Sohn hatte damals schon in einem großen Kiefernholzbett geschlafen, er war ja schon zur Schule gegangen und hatte Wert darauf gelegt, nicht mehr wie ein kleines Kind behandelt zu werden.
    Vor dem Fenster stand ein großer Kiefernholzschreibtisch. Vorhänge gab es nicht. Zur Verdunklung zog man ein Springrollo herunter, auf dem viele bunte Autos zu sehen waren. Jakob seufzte. Auch das Rollo würde erneuert werden müssen.
    Er machte sich ans Ausmessen.
    Gerade als er den Zollstock zusammenklappte, hörte er ein Quietschen.
    Die Tür zum Schuppen! Sie war von

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