Steinhauer, Franziska
schon immer deinen Kopf durchgesetzt, gemacht, was du wolltest und keine Regeln eingehalten!“
„Hör zu Mutter, ich bin bereit, mit dir über Fabian zu sprechen – aber nicht über mich!“
„Er hockt den ganzen Tag zu Hause. Kannst du nicht mal mit ihm ins Kino oder ins Theater gehen?“
„Ich kann ihn bei Gelegenheit fragen“, antwortete Klapproth zurückhaltend.
„Das kann doch nicht gesund sein! Den lieben langen Tag nur am Fenster zu sitzen und rauszustarren!“
„Du verstehst das nicht. Er braucht das. Und er ist ja nicht allein.“
„Du verstehst das?“
„Ja. Er guckt Leben. Fragt sich, warum seines anders ist.“
„Weil du nicht auf dein Giftzeug aufpassen konntest!“
„Besser, du rufst mich nicht mehr an!“
Maja Klapproth beendete das Gespräch.
Ihre Hände zitterten.
Wie an den meisten Abenden des Jahres hatte sich eine Hand voll Gertrauder um den Stammtisch im Ultnerhof versammelt. Dr. Gneis entdeckte die Gruppe sofort, als er die Gaststube betrat, und ging zügig auf sie zu.
„Wer von euch hat Jakob Gumper niedergeschlagen?“, schrie er sie an. „Der Mann hätte tot sein können!“
„Nun mal ganz ruhig, Herr Doktor!“, trat der Wirt heran, um eine Eskalation zu vermeiden. „Von uns war das keiner!“
„Diese Sekte hat eins ihrer Mitglieder zum Jakob rübergeschickt! Was muss der auch die Satanisten ausspionieren! Geschieht ihm recht!“, verkündete Matti.
„Ach, das hat wohl einer von euch beobachtet? Dann könnt ihr ja bei der Polizei konkrete Angaben dazu machen, oder?“, fragte der Arzt sarkastisch zurück.
„Nee. Und als Sie den Gumper besuchen wollten, habenSie doch auch keinen davonschleichen sehen“, feixte der Metzger. „Im Gegensatz zu Ihnen haben wir ja nicht einmal gewusst, dass der Gumper um diese Zeit bei sich zu Haus war!“
„Sie waren dort, Herr Doktor. Sie! Nicht wir!“, trumpfte Berta auf und sah in die Runde. „Man hat ja schon des Öfteren gehört, dass die Landärzte so wenig Patienten haben, dass sie kaum noch von ihren Einkünften leben können. Aber dass es schon so schlimm ist, dass die Mediziner in fremde Häuser eindringen und dort Menschen überfallen, um an Patienten zu kommen – wer hätte das gedacht?“
Unter dem hämischen Gelächter der Versammelten verließ Dr. Gneis wortlos das Lokal, und die Diskussionsrunde am Stammtisch wandte sich den Aktivitäten der Satanisten zu.
„Ich habe gehört, dass sie im Annex einen Raum komplett abgedunkelt haben. Die Fenster sind zugenagelt, die Wände schwarz gestrichen, und ein riesiges inverses Kreuz soll auch schon drinhängen! An dicken Ketten soll es fixiert sein! Das Einweihungsritual wird von ihrem Priester vollzogen werden“, erzählte Jaspers, der Bruder des ortsansässigen Malers aufgeregt.
„Da werden sie doch sicher eine Jungfrau dafür brauchen – uih! Das wird schwer!“, lachte ein Bauer breit.
„War es nicht eher so, dass solche Sekten für ihre Rituale das Blut eines Babys benötigen?“ Unbemerkt war Pfarrer Gabriel Weißgerber an ihren Tisch getreten. Zehn Augenpaare starrten ihn nun voller Entsetzen an.
„Ein Baby?“, keuchte Berta und bekreuzigte sich hastig. „Oh ja. Man braucht unschuldiges Blut.“
„Wir müssen Elli, Herta und Margarete warnen! Und alle anderen mit Babys im Tal.“ Berta überlegte einen Moment.„Und wenn von den Skitouristen einige Kleinkinder dabeihaben, müssen wir sie bitten, besonders auf ihre Kleinen zu achten! Jesus! Ein Baby für ein Ritual zu töten!“
„Und was sollen wir den Leuten als Erklärung für die gesteigerte Vorsicht anbieten? Einen babyfressenden Yeti?“, fragte der Wirt süffisant. „Das ist doch alles Aberglaube. Dummes Zeug. Der Herr Pfarrer möchte uns nur ein wenig Angst einjagen!“
„Du hast bestimmt Recht. Besser, wir erzählen nicht überall herum, dass bei uns Satanisten hausen.“
„Außerdem glaube ich nicht, dass sie ein Menschenopfer durchführen. Viel zu gefährlich. Das stammt doch nur aus der Gerüchteküche, Herr Pfarrer!“
„Nun, früher waren die Menschen fest davon überzeugt, dass Satan mit solchen Opfern gehuldigt wird. Aber vielleicht haben die modernen Teufelsanbeter andere Sitten? Dennoch rate ich euch eindringlich – seid wachsam!“
„Wann soll denn diese Einweihungsfeier sein?“, fragte der Metzger.
„Das weiß keiner. Sie warten noch.“
„Vielleicht sind sie noch nicht komplett! Wir wissen ja gar nicht, welche der schwarzen Gestalten ihr Anführer ist.
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