Steirerherz
was?«, fragte sie irritiert.
»Du siehst heute irgendwie anders
aus.« Immer noch fixierte er sie mit seinem prüfenden Blick. Nun sah Miriam sie
ebenfalls neugierig an. »Die Bluse steht dir voll klass«, meinte sie, während Bergmann
den Mund zu einem breiten Grinsen verzog. Sandra fühlte, wie ihr Gesicht Farbe annahm.
Dieser Idiot schaffte es immer wieder, sie in Verlegenheit zu bringen. Was musste
er sie auch so anstarren? Sie wusste ganz genau, worauf er hinauswollte.
»Das letzte
Mal hab ich dich beim Frühstück in der ›Goldenen Gans‹ dermaßen strahlend gesehen.
Du erinnerst dich doch sicher …«, spielte er tatsächlich auf die letzte Nacht
mit ihrem Exfreund Max an. »Du hast jemanden kennengelernt, stimmt’s?«, setzte er
nach.
»Sascha, bitte!
Das tut hier wirklich nichts zur Sache«, versuchte Sandra, weitere Fragen zu vermeiden.
Miriam grinste
nun auch. Dass Bergmann selbst vor der jungen Kollegin nicht davor zurückschreckte,
ihr Intimleben zu thematisieren, machte Sandra stinkwütend.
»Ich seh es dir doch an …, ich weiß, dass ich recht habe«,
bohrte er weiter und wandte seinen Blick von Sandra ab, um Miriam zuzuzwinkern.
»Lässt du uns bitte einen Augenblick
allein, Miriam?«, bat Sandra die Kollegin.
»Nein, Miriam! Bitte nicht! Bleib
hier!«, mimte Bergmann den Ängstlichen.
»Wenn du das wirklich möchtest,
Sascha, bitte schön: Wer war denn die verzweifelte Blondine – am Samstag auf der
Murpromenade? War das deine Frau? Wieso ist sie extra nach Graz gekommen? Wofür
hat sie sich denn bei dir entschuldigt? Und was macht eigentlich eure Scheidung?«
Sandra schnaubte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
Bergmann sah sie mit großen Augen
an. Miriam versuchte auf einmal, möglichst unbeteiligt zu wirken. »Schon gut«, gab
sich Bergmann geschlagen und wandte sich seinem PC zu. Plötzlich wirkte er wie versteinert.
Miriam lächelte Sandra zaghaft an und zeigte mit dem Daumen nach oben, was Bergmann
nicht bemerkte. Sandra triumphierte innerlich, dass dieser entscheidende Punkt an
sie ging. Vielleicht würde sie dem Kollegen seine Unverschämtheiten doch noch eines
Tages abgewöhnen. Ihr Privatleben ging ihn nun wirklich nichts an. Das musste Bergmann
irgendwann doch endlich auch einmal kapieren. Sandra war keine Frau, die ihre Gefühle
vor aller Welt ausbreitete. Schon gar nicht in ihrem beruflichen Umfeld. Dass Bergmann
ihre Glückshormone dennoch jedes Mal zu wittern schien, nervte sie gewaltig. Allerdings
hatte sie weder eine Ahnung, wie er das anstellte, noch wie sie es verhindern konnte.
Doch immerhin hatte sie ihn eben mit seinen eigenen Waffen zum Schweigen gebracht.
Aus ihrem Mund würde Bergmann sicher nie erfahren, wie sie den Sonntag verbracht
hatte. Auch nicht, dass sie mit Julius Czerny einen erotischen Volltreffer gelandet
hatte. Noch außergewöhnlicher als die befriedigende Liebesnacht fand Sandra nur
noch die Tatsache, dass es sie nach viel zu wenig Schlaf nicht gestört hatte, neben
Julius aufzuwachen und anschließend mit ihm zu frühstücken, bevor sie neuerlich
übereinander hergefallen waren. Der Mann war für einen One-Night-Stand eindeutig
überqualifiziert und mehr als nur eine Sünde wert. Und er hatte sie zum Abschied
um ein baldiges Wiedersehen gebeten, ehe er am Abend schweren Herzens nach Hause
aufgebrochen war. Fragte sich nur noch, wann sie dieses prickelnde Erlebnis wiederholen
würden. Wenn es nach ihr ging, lieber heute als morgen, dachte Sandra und verkniff
sich ein verräterisches Grinsen.
Kapitel 8
Dienstag, 6. September
1.
»Denn wie sollen wir uns trösten, wenn der Herr ein so junges Leben
zu sich beruft?«, hörte Sandra den Pfarrer fragen. Linde Trimmel antwortete mit
einem weiteren herzzerreißenden Schluchzen. Ihr jüngerer Sohn klammerte sich an
ihrer Hand fest, während der ältere sie auf der anderen Seite stützte. Franz Trimmel
senior stand wie versteinert daneben und starrte auf den Sarg seiner Tochter. Obwohl
Sandra es jahrein, jahraus mit Mord und Totschlag zu tun hatte, fand sie Bestattungen
beinahe unerträglich. Nicht nur, dass sie die geballte Trauer der Hinterbliebenen
wesentlich mehr mitnahm als der Tod an sich, kamen bei dieser Gelegenheit auch immer
wieder die eigenen schmerzlichen Erinnerungen an den verstorbenen Vater hoch, mit
dem sie noch so vieles zu besprechen gehabt hätte. Auch er war Polizist gewesen.
Auch er war wie sie mit ihrer Mutter nicht zurechtgekommen. Doch während er die
Familie
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