Steirerherz
des erwarteten Presseausweises zeigte ihr Sebastian Hofstätter seinen Führerschein.
Der Typ wollte sie offensichtlich für dumm verkaufen.
»Wozu brauche ich denn eine Genehmigung?
Der Friedhof ist doch öffentliches Areal«, meinte der junge Mann mit unschuldiger
Miene.
»Das dort sind aber Privatpersonen.
Sie können sich hier nicht so mir nichts, dir nichts einschleichen und das Begräbnis
fotografieren.«
»Nicht?«
Sandra wurde allmählich ärgerlich.
»Jetzt stellen Sie sich doch nicht dümmer, als Sie sind. Allein an diesem Teleobjektiv
kann ich erkennen, dass Sie ein Profifotograf sind. Sie wollen die Bilder doch an
irgend so ein Käseblatt verkaufen, oder etwa nicht?«
Der Mann zuckte mit den Achseln.
»Hören Sie: Das Ehepaar dort drüben
hat seine Tochter durch einen grausamen Mord verloren … Aber das wissen Sie natürlich
längst. Denn deshalb sind Sie ja hier. Sie haben aber kein Recht, sich am Schmerz
dieser Menschen zu bereichern. Es sei denn, Sie fragen vorher, ob Sie die Fotos
veröffentlichen dürfen. Also los, kommen Sie mit. Oder löschen Sie die Bilder auf
der Stelle und verschwinden Sie.«
»Aber der Mann dort drüben ist doch
Engelbert Hausner. Der ist wohl eine öffentliche Person.«
»Wollen Sie es wirklich darauf ankommen
lassen? Ich warne Sie zum allerletzten Mal …« Sandra hatte keine Lust mehr, sich noch länger mit dem Fotografen
herumzuärgern. Inzwischen stand Familie Trimmel vor dem offenen Grab und nahm die
Kondolenzwünsche der Trauergäste entgegen. »Also, was ist jetzt? Anzeige? Um Erlaubnis
fragen? Oder die Bilder löschen und verschwinden?«, zählte sie Sebastian Hofstätter
die Alternativen noch einmal auf.
»Also gut. Ich komme mit und frage«,
meinte er unwillig.
»Aber warten Sie gefälligst, bis
die Leute fertig kondoliert haben. Und wehe, Sie halten sich nicht an unsere Abmachung«,
drohte ihm Sandra ein letztes Mal.
Miriam hatte sie soeben entdeckt
und eilte ihr entgegen. »Wo warst du denn so lange?«, fragte sie und musterte den
jungen Mann an Sandras Seite.
»Ich musste diesen Herrn hier vom
Baum holen«, meinte Sandra.
»Sag bloß, so was wächst hier auf
Bäumen«, meinte Miriam und grinste frech. Der Fotograf lächelte die großgewachsene
Blondine im schwarzen Kostüm an.
»Los, los, Herr Hofstätter! Sie
wissen ja, was Sie zu tun haben«, scheuchte Sandra ihn fort.
»Schnuckelig …«, meinte Miriam und sah dem jungen
Mann hinterher.
»Miriam!«, rief Sandra die junge
Kollegin zur Ordnung. Immerhin befanden sie sich hier beim Begräbnis eines Mordopfers.
So witzig ihre Sprüche privat vielleicht sein mochten, bei einem offiziellen Anlass
wie diesem waren sie einfach nicht angebracht. Sandra war nur froh, dass Bergmann
nicht hier war. Der hätte sich über ihre Bemerkungen womöglich auch noch totgelacht.
Stattdessen musste er einen dringenden privaten Termin in Wien wahrnehmen. Vermutlich
ging es wieder einmal um seine Scheidung.
Nachdem die beiden Kriminalbeamtinnen
der Familie Trimmel kondoliert hatten, wandten sie sich Volker Neidhardt und Isabella
Rauschenbach zu. Miriam begrüßte den Jugendfreund. »Ich bin’s – die Seifert Miriam
aus Anger. Die, mit der du demnächst ein Testshooting machen wirst.«
Die beiden hatten also bereits miteinander
telefoniert, schloss Sandra aus den Worten der Kollegin.
Volker Neidhardt musterte sein zukünftiges
Model von oben bis unten. Er sah erschöpft aus. »Jetzt ist mir auch klar, warum
Charly Testfotos von dir möchte«, bestätigte er Sandras Vermutung. »Ganz schön groß
bist du inzwischen geworden. Sag mal, sind wir uns nicht letztens im Studio über
den Weg gelaufen?«
Miriam nickte.
»Sag bloß, du bist auch bei der
Kripo.«
»Ich bin beim LKA 1, Abteilung Leib
und Leben«, bestätigte Miriam mit einem stolzen Lächeln.
»Was für eine Verschwendung«, meinte
Volker müde.
Miriams fröhlicher Gesichtsausdruck
verfinsterte sich.
»Das hat er als Kompliment gemeint«,
mischte sich Isabella Rauschenbach ein.
Wo stand eigentlich geschrieben,
wie Polizistinnen auszusehen hatten? Und war es wirklich so erstrebenswert, ein
Model zu sein?, fragte sich Sandra, während Bella sich – geschwätzig wie immer –
bei Miriam als Volkers Mitbewohnerin vorstellte. Der schwarze Blazer ließ den hellen
Teint der Rothaarigen noch um einiges blasser wirken, als Sandra ihn in Erinnerung
hatte. »Wieso ist Pia Fürnpass eigentlich nicht zum Begräbnis erschienen?«, wollte
sie von den beiden
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